Eifel-Krieg
entsprechenden Alarm aus. Dieser Alarm versperrte sämtliche Türen des Bankgebäudes nach außen und wurde automatisch an die Polizeidienststelle weitergeleitet. Von dort machten sich drei Beamte in ihren privaten Fahrzeugen auf den kurzen Weg, da alle Streifenwagen unterwegs waren und nicht schnell genug an Ort und Stelle sein konnten.
Acht Minuten später wurde der Leiter der Mordkommission Kischkewitz durch eine Funkleitstelle verständigt. Er besichtigte gerade in Zeltingen an der Mosel in einer Scheune die Leiche eines Erhängten und ließ sich erzählen, der Mann habe in der letzten Zeit häufiger geäußert, er wolle nicht mehr leben. Kischkewitz war es, der dann die Beamten der Kriminaltechnik unterrichtete, die weitere sechs Minuten später in der Kreisstadt Wittlich mit ihrem Kleinlaster losfuhren.
Ein Arzt war schon fünf Minuten später zur Stelle, weil er in unmittelbarer Nähe seine Praxis betrieb und zu Fuß zur Bank lief, um dann sehr schnell festzustellen, dass dem Opfer nicht mehr zu helfen war.
Etwa gegen 12.30 Uhr stand die Identität des Toten fest, und der Pegel der Aufregung stieg rasant, sagte mir Kischkewitz später, weil wieder einmal der Eulenhof in Bongard höchst unangenehm von sich reden machte. Weidemann war der Chef gewesen, ohne Weidemann war der Eulenhof gar nicht denkbar. Die Kette der tragischen Ereignisse musste jetzt endlich abreißen. Das allgemeine Urteil lautete wütend: »Schluss! Aus! Jetzt reicht’s!« Und eine gewisse Erleichterung war deutlich zu spüren, wenngleich sofort Skeptiker auf den Plan traten und mit schmalen Augen äußerten: »Mal sehen, was da noch kommt.«
Erleichterung?
Das vortreffliche Mitglied der Mordkommission, der Spurenspezialist Holger Patt, wies auf das hin, was seiner Ansicht nach ausschlaggebend war: »Ich weiß nicht, wie die Leute dazu kommen aufzuatmen. Der, der geschossen hat, läuft immer noch frei herum. Wieso also Erleichterung? Wir sollten froh sein, dass wir auf dem Eulenhof dem Sniper immer noch einige Überlebende aus Käfighaltung anbieten können.« Gleich darauf wurde er für sein loses Maul gerügt, zeigte aber angeblich keine Reue. Das wunderte mich nicht: Patt war grundsätzlich stinksauer, wenn keine Lösung in Sicht war und die Situation immer konfuser wurde.
Ich selbst wurde gegen 12.45 Uhr von dem Mann angerufen, der in der Bank für den Buchstaben B zuständig war. Ich war um dreizehn Uhr an Ort und Stelle. Ich musste weitab auf dem Hof von
Minninger
parken. Mittlerweile hatte man das Bankgebäude problemlos evakuiert und entschieden, die Bank für diesen Tag zu schließen.
Es war auch schnell abgeklärt, was Weidemann vor seinem Tod in der Bank erledigt hatte. Wie üblich hatte er Konten geprüft, Bargeld auf ein Konto des Eulenhofs eingezahlt, sich Bargeld von einem seiner Konten auszahlen lassen sowie Zahlungsanweisungen an eine spanische Bank in Madrid durchgegeben. All das – mit Ausnahme der Bargeldgeschäfte – hätte er auch am Computer zu Hause erledigen können, aber es war ihm eine liebe Angewohnheit geworden, zweimal in der Woche, am Dienstag und am Freitag, in der Sparkasse in Daun zu erscheinen. Er galt als ein ruhiger, sehr höflicher Typ, niemand konnte sich daran erinnern, dass es jemals zu Unsicherheiten oder gar Streitigkeiten gekommen wäre. Der Mann wurde als souverän, gelassen und freundlich beschrieben. Außerdem wurde festgestellt, dass er immer schon ein reicher Mann gewesen war.
Ich fing mein Tagwerk mit der Fotografie an. Ich fotografierte den Toten aus allen Richtungen, ich fotografierte sein Fahrzeug, den Platz, den hübschen Brunnen in der Mitte, die Eingänge der Bank, die Eingänge des
Forums
. Ich fotografierte auch alle Herumstehenden.
Ich sah Holger Patt, wie er versuchte, herauszufinden, wo sich der Schütze befunden haben könnte. Patt war sich sofort sicher: Es handelte sich um die gleiche Langwaffe wie im Fall des Doktor Richard Voigt und im Fall des Jägers Marburg und im Fall des Stefan Zorn hinter dem Eulenhof. Er sagte wütend: »Es ist auch immer die gleiche Munition. Sie zerreißt und zerfetzt, sie macht ein Gesicht unkenntlich, so etwas wie einen Durchschuss wirst du nie erleben.«
»Und wie bekommt man diese Munition?«
»Sie ist zu kaufen, wenn du einen Waffenschein hast. Und du kannst sie selbst herstellen. Dafür reicht schon eine gute Nagelfeile. Ich nehme an, es hat ihn erwischt, als er neben seinem Auto stand und die Tür mit der linken Hand geöffnet
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