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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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hatte. In der rechten Hand hielt er die braune Aktenmappe mit den Unterlagen. Er drehte sich in das Auto hinein. In dieser Position wurde er getroffen und in den Winkel zwischen Tür und Auto getrieben. Die Mappe fiel auf das Pflaster und rutschte dann unter das Auto, als er fiel.«
    »Wo stand der Schütze?«, fragte ich.
    »Ich nehme an, er stand am Fuß der kleinen Rampe, die von der Straße herunterführt. Es ist der einzige Weg auf diesen Platz. Er war hier und wartete auf Weidemann. Er sah, wo Weidemann parkte, und suchte sich dann eine sichere Position für sein Auto und sich selbst. Er positionierte sich so, dass er Weidemann in dem Winkel zwischen Autotür und Auto klar sehen konnte. Es war ganz einfach. Weidemann kam aus der Bank, ging zu seinem Auto. Der Schütze stand ungefähr dreißig Meter entfernt. Er stand und besorgte sich eine gute Körperstütze, er lehnte sich gegen die offene Fahrertür seines Wagens. Wahrscheinlich stand er zwischen den drei Autos da, die mit der Schnauze zur Ausfahrt stehen. Dann hat er geschossen. Er stieg sofort danach in seinen Wagen ein und war weg. Eine ganz sichere Sache.«
    »Ist das nicht ein Wahnsinnsrisiko?«
    »Ist es nicht, Junge. Man hat Versuche gemacht, man hat Frauen und Männer, obenrum nur bekleidet mit Hose und T-Shirt durch Fußgängerzonen laufen lassen. Sie trugen offen schwere Neun-Millimeter-Waffen am Gürtel, manche von ihnen zwei. Die wurden nicht gesehen, nicht begriffen, weil kein Mensch sie da erwartete. Hör mir auf mit Risiko! Dieser Täter hat eine Aufgabe, und er erledigt sie. Und wir dürfen hinter ihm aufräumen.«
    Als der Arzt die Leiche am Tatort lange betrachtet und mit Pinzetten in beiden Händen Quadratzentimeter um Quadratzentimeter abgesucht hatte, kam der Bestattungsunternehmer mit der Wanne und lud die Leiche ein, um sie in die Rechtsmedizin nach Mainz zu bringen.
    Kriminalrat Kischkewitz saß auf den Treppenstufen zum
Forum
, neben ihm der Fotograf der Kommission Fritz Dengen. Sie sprachen nicht miteinander, sie wirkten desinteressiert, als hätten sie mit dem Ganzen nichts zu tun.
    Kischkewitz sagte plötzlich laut: »Alle Damen und Herren, die ihre Autos hier stehen haben, können jetzt wegfahren. Ich danke für die Zusammenarbeit.«
    Ich war im Weg, schleppte meinen Kamerakoffer auf die Treppe, setzte mich und starrte auf die Bank.
    »Hast du irgendeine Idee?«, fragte Fritz Dengen.
    »Keine«, sagte ich. »Wem bringt sein Tod etwas? Vielleicht seinen Erben. Irgendjemand hat entschieden, ihn zu töten. Dann hat er ihn getötet. Und jetzt?«
    »Ich bin müde, richtig müde«, murmelte Dengen. »Meine Frau hat gesagt, ich sehe aus wie das Leiden Christi zu Pferde. Richtig übel. Das hier ist ein Scheißjob. Du kannst nicht einmal unterscheiden, ob der Täter was gegen den Eulenhof hat oder was gegen Jäger oder was gegen Neonazis – oder ob er einfach würfelt.«
    Dann kam Tessa. Sie ließ ihren Wagen auf den Platz rollen, stieg aus und ging zu Kischkewitz. Sie sah sehr hübsch aus, wie ich fand, trug blaue Jeans zu weißen Sneakers und darüber eine blaue, luftige Bluse, auf die große, weiße Blumen aufgedruckt waren. Sie wirkte damit wie ein Mädchen.
    Tessa setzte sich neben Kischkewitz; sie begannen, miteinander zu sprechen. Sie sah mich mit einem schnellen Lächeln und hob die Hand zu einem Gruß. Dann wandte sie sich wieder dem Kriminalrat zu.
    Ein Kamerateam rückte den beiden auf die Pelle, und Kischkewitz hob bittend die Hand und maulte: »Nicht auf uns, Leute. Wir sind nicht so wichtig.«
    Es war die Szenerie, die sich meistens ergibt, wenn ein Tatort freigegeben wird, wenn die Profis ihre Sachen einpacken, wenn jedermann ein wenig zur Ruhe kommt und darüber nachsinnt, ob es so etwas wie eine Antwort auf viele Fragen gibt. Warum dieser Mann, warum ausgerechnet er? Es ist eine vollkommen nutzlose Frage, aber man stellt sie sich immer wieder, wenngleich es niemals eine Antwort gibt.
    Kischkewitz und Tessa standen auf. Tessa kam zu mir, sie hatte scharfe Linien unter den Augen, auf der Stirn lagen tiefe Falten. Sie fragte: »Kann ich heute bei dir Asyl beantragen?«
    »Aber sehr gern. Was denkst du über Weidemanns Tod?«
    »Das weiß ich gar nicht. Ich denke nur: Wann wird dieses Elend endlich aufhören? Ich denke manchmal, da läuft ein Irrer frei herum. Wo ist da die Linie? Wir machen gleich im Behördenhaus eine Konferenz. Dann fahre ich auf den Eulenhof. Wir wollen einen neuen Versuch mit den drei Jugendlichen

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