Eifel-Liebe
Verwaltungsangestellter. Den haben wir schon kassiert. Aber ein Motiv ist bei ihm nicht erkennbar.«
»Kupfernes kurzes Haar ist ja in der letzten Zeit in der Eifel schwer in Mode«, sinnierte ich.
Kischkewitz räusperte sich. »Du bist auf einer richtigen Spur, mein Lieber. Denn das Haar war nicht kurz, als sie ihren letzten Atemzug tat. Das Haar fiel bis auf die Schultern, reichlich kupferrotes, wunderschönes Haar. Der Täter hat es abgeschnitten. Und genau das macht die Sache spannend: Warum tut ein Mensch so was?«
Zweites Kapitel
Özcan sagte sanft in die eingetretene Stille: »Wir sollten uns nun vielleicht über diese komische Oma Ohler unterhalten. Vielleicht da hinten, wir können uns in die Wiese setzen.«
Wir schlenderten zu zweit einhundert Meter weiter flussaufwärts und suchten uns eine trockene Stelle.
»Also, wann genau tauchte sie bei Ihnen auf?« Özcan setzte sich zurecht, nahm einen Block und einen Kugelschreiber aus der Tasche und wartete ergeben.
»Gestern, Montag. Gestern Morgen. Gegen neun Uhr. Ihr Bruder brachte sie, ihn habe ich aber nicht gesehen. Er wurde unten auf dem Parkplatz an der Kirche abgestellt, er sollte nichts von der Geschichte wissen …«
Ich berichtete, so genau ich es vermochte.
Die Sonne war wieder hinter dunklen Wolken verschwunden, zwei Männer mit einer geschlossenen Leichtmetallwanne umrundeten die Wiese. Die Leiche wurde angehoben, in etwas eingeschlagen, das wie eine silberne Folie aussah, und dann in die Wanne gelegt. Sie trugen die Wanne an uns vorbei und nickten uns zu.
Dann kam ein Mann, knötterte wiederholt frustriert und zornig: »Mann o Mann!«, umrundete die Wiese und kniete sich hin, das Gesicht zum Fluss. Nur ganz langsam begann er, sich vorwärts zu bewegen, wobei nur sein Kopf zu sehen war.
»Er kriecht die Spur entlang, die der Täter durch das Gras gezogen hat. Er sucht nach Hinweisen, Auffälligkeiten, möglichen Hinterlassenschaften. Anschließend wird er uns zum Beispiel sagen können, ob der Unbekannte Rechtshänder war«, erklärte Özcan.
»Wie das?«, fragte ich verblüfft.
»Na ja, Rechtshänder verlagern grundsätzlich mehr Gewicht auf ihr rechtes Bein, ganz automatisch. Also hat der Fußabdruck rechts ein anderes Gesicht als der Fußabdruck links. Na ja, und Fusseln sucht er, die von der Kleidung stammen könnten. Und natürlich nach Erdresten, die nicht zu der Wiese gehören, die der Täter mitbrachte. Gibt es so was, können wir hinterher ziemlich genau bestimmen, wo sich der Täter aufgehalten hat, bevor er diese Wiese hier betrat. Kleinigkeiten eben. – Wenn Sie gleich gehen, halten Sie sich bitte von Oma Ohler fern«, setzte er mit schmalen Augen nach. »Die will ich erst einmal allein genießen.«
»Oh, bitte, nach Ihnen!«
Ich schlenderte zu Kischkewitz hinüber, der mit einem Spurenmann irgendein Detail besprach. »Ich verschwinde, ich will hier nicht länger stören.«
»Das ist löblich. Grüß Rodenstock und Emma, bitte, wenn sie sich mal melden. Und Vera natürlich auch. Die werkelt nun für das LKA in Mainz, wie ich hörte.«
»Ja, aber ich weiß nicht genau, was sie da macht.«
»Die haben Personalprobleme«, bemerkte er knapp. »Wie alle.« Kischkewitz wirkte total erschöpft, hatte eine teigige Gesichtshaut und dunkelblaue Ringe unter den Augen.
»Pass auf dich auf, du gefällst mir nicht.«
Er war den Bruchteil einer Sekunde irritiert und murmelte dann: »Ach, Scheiße!«
Ich schlenderte geradeaus weiter am Ufer des kleinen Flüsschens entlang. Nach wenigen Schritten befand ich mich im wild zugewucherten Brachland. Da ich mir keine gymnastischen Übungen zumuten wollte, lief ich den sanften Hang hoch.
Ich fühlte mich seltsam allein und heimatlos, während ich durch das Gras spazierte, neben mir die Kleine Kyll, rechts eine ziemlich grandiose Landschaft, die keines Menschen Nähe brauchte und doch von ihm geformt worden war.
Der Polizist und sein Streifenwagen hielten noch immer einsame Wache.
»Was Neues?«, fragte er.
»Nichts«, sagte ich. »Sie ist immer noch tot.«
Ich hätte mich jetzt gern mit Vera unterhalten, oder mit Rodenstock und Emma. Aber sie waren mit anderen Dingen beschäftigt und hatten keine Ahnung vom plötzlichen Ableben einer Krankenschwester namens Elvira Klein.
Ich rollte auf das Dorf zu und fragte mich, wer mir was erzählen könnte. Das Recht auf die Premiere bei Oma Ohler hatte sich Gerald Özcan vorbehalten, aber einen anderen Menschen kannte ich
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