Eifel-Liebe
will. Notfalls kauft sie es. Sie wollte mich als Privatdetektiv engagieren. Es war eine Premiere für mich. Sie blätterte ein paar Fünfhunderter auf meinen Wohnzimmertisch. Ich habe sie heimgeschickt, es roch nach einer miesen privaten Geschichte. Und sie sprach dauernd von einer Clique. Diese tote Frau hier gehörte zu dieser Clique. Sagt jedenfalls Oma Ohler.«
Der schmale Waldstreifen lichtete sich. Rechts begann eine üppig wuchernde Wiese, durchsetzt mit Tausenden von Wildblumen, eine richtige Orgie in Gelb und allen Rosaschattierungen.
»Nicht diese Spur gehen!«, sagte er hastig. »Das war der Mörder beziehungsweise derjenige, der sie hierher brachte. Die Spur ist wegen des Nieselregens heute Nacht stehen geblieben. Wir gehen um den Pudding herum.«
Nun sah auch ich den kaum noch erkennbaren Strich im hohen Gras, den irgendjemand hinterlassen hatte.
Unten am Flüsschen stand Kischkewitz, rechts neben ihm drei Männer, einige Meter weiter zwei weitere Männer, die nur zur Hälfte sichtbar waren, weil sie im Flussbett standen. Einer war der bärtige Spurenspezialist, den ich gestern im Wald getroffen hatte.
Kischkewitz winkte.
Wir umrundeten die Wiese und gingen dicht am Wasser entlang.
»Hei, Alter«, murmelte der Kripochef und gab mir die Hand. »Bleib stehen und lauf nicht rum. Das ist ein Scheißfall.«
»Wieso das?«
»Es ist nicht hier passiert. Die Spurenlage sagt, dass der Täter die Frau bis hierher getragen hat. Wahrscheinlich transportierte er sie in einem Auto und ließ den Wagen da oben auf dem Weg zur Bleckhausener Mühle stehen. Das hier ist kein Tatort.«
»Was ist das für ein Mord? Sexualverbrechen?«
»Eher nein, aber das wissen wir noch nicht genau. Das, was wir jetzt schon sagen können, ist, dass der Täter wahrscheinlich ziemlich groß ist, mindestens über eins achtzig. Und er muss ziemlich kräftig sein, denn er hat sie quer über die Wiese getragen, gute hundert Meter, schätze ich. Schuhgröße achtundvierzig, du hörst ganz richtig, achtundvierzig. Nach der Tiefe der Fußeindrücke, beladen mit der Leiche und unbeladen, muss es sich um einen Elefanten handeln. Das Gewicht des Mörders kann nicht unter einhundertsechzig Kilogramm liegen. Das ist alles bisher.«
»Ist ein Grund erkennbar, weshalb er sie hierher getragen hat? Und wer hat sie denn gefunden?«
»Weshalb er sie hierher getragen hat, ist uns noch ein Rätsel. Gefunden hat sie der Bauer, dessen Kühe hier weiden. Und er hat sie nur deshalb entdeckt, weil der Täter aus irgendeinem Grund eine große blaue Mülltüte mit sich trug, die er hier liegen ließ. Und die leuchtete schön blau im Gras. Schau dir die Tote ruhig mal an. Steig auf das Brett da und geh vier Schritte vorwärts, dann kannst du sie sehen.«
Ich balancierte also wie vorgeschlagen auf dem Brett vorwärts, bis ich die Frau im Blick hatte.
Ihr Körper wirkte in der Sonne beinahe unwirklich weiß. Sie war nackt und lag unter drei Erlen. Der Unterkörper befand sich halb im Wasser, der rechte Arm umschlang absurd und pittoresk zwei ineinander verwachsene, starke Wurzeln, die ins Wasser führten. Es schien so, als hielte sich die Tote daran fest.
Ohne Zweifel war sie eine schöne, schlanke Frau gewesen, die Fußnägel hatte sie blutrot lackiert und durch die Bewegung des schnell fließenden Wassers entstand der Eindruck, als schwängen diese Füße sanft hin und her. Sie starrte blicklos in den Himmel, ihr kurzes, wirres, wildes Haar war kupferfarben. Ich fotografierte die Tote.
»Ein Messer«, erläuterte Kischkewitz hinter mir. »Wahrscheinlich ein scharfes großes Fleischmesser. Länge der Klinge mindestens fünfzehn Zentimeter. Sechs Stiche. Alle in Brustkorb und Bauch. Da ist jemand durchgedreht.«
»Gehen Sie bitte einmal zwei Schritte zurück?«, bat der Bärtige, der in hohen Stiefeln im Wasser stand und an einer Kamera auf einem Stativ herumbastelte.
Ich ging drei Schritte zurück und wartete, bis er die Aufnahme gemacht hatte.
»Sie hieß Elvira Klein, war fünfunddreißig Jahre alt. Von Beruf Krankenschwester. Stationsschwester in einem Krankenhaus, einer Kurklinik in Bad Bertrich. Ledig, kinderlos. Nicht vorbestraft, bisher in keiner Weise aufgefallen.« Gerald Özcan leierte das herunter, als habe er es auswendig gelernt.
»Sie trägt einen einfachen goldenen Reif am Ringfinger der linken Hand«, sagte ich.
»Richtig«, murmelte Özcan leise. »Sie war verlobt. Mit einem Mann aus Bettenfeld, ein
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