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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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begeistert. »Kann ich die Marmelade mal probieren?«

    »Selbstverständlich!«, sagten Tante Anni und ich gleichzeitig. Ich wollte die Schallmauer durchbrechen, ich wollte dieses entwürdigende Spiel nicht fortsetzen, aber Tante Anni kam mir zuvor.

    »Haben Sie gestern mit Anna telefoniert? Oder vorgestern?«

    »Nein. Nicht gestern und nicht vorgestern. Was soll ich mit der noch telefonieren? Die war einmal, die ist Geschichte. Ich will nur noch gleiches Recht bei den Kindern, dann habe ich, was ich will. Simone sagt, ich finde in Koblenz bestimmt Arbeit. Ich will bei Bliesheim raus.«

    »Da fällt mir was ein«, murmelte Tante Anni mit der Harmlosigkeit eines Skorpions unter dem Sand. »Mich interessiert, wie Bliesheim euch Arbeiter eigentlich bezahlt. Also, technisch gesehen.«

    »Das läuft ganz normal«, antworte Rolli, etwas perplex. »Er überweist automatisch am Monatsende. Nur die Überstunden, die löhnt er bar. Aber das tun viele.«

    »Er kommt auf die Baustelle raus und bezahlt euch alle Überstunden?« Tante Anni ließ nicht locker.

    »Ja«, nickte er. »Du gibst ihm am Freitag einen Zettel mit deinen Überstunden. Wenn du dann samstags auf der Baustelle Besuch kriegst, weißt du: Da kommt dein Geld.«

    »Wie viele Arbeiter arbeiten denn für ihn?« Sie wollte auf irgendetwas hinaus, aber ich durchschaute nicht, auf was.

    »Das schwankt. Ich schätze, so sechzig bis siebzig.«

    »Und wie viele Überstunden machen die im Schnitt? Wenn es gut läuft?«

    »Na ja, im Sommer werden da gut fünf- bis achthundert Euro fällig pro Schnauze.«

    »So«, murmelte meine Tante Anni naiv wie ein Seepferdchen, »dann fährt der Bliesheim ja locker mit vierzig- bis fünfzigtausend Mäusen durch die Eifel. Oder sehe ich das falsch?«

    »Nein, nein«, nickte er und eindeutig war er in diesen Sekunden stolz auf seine Firma und seinen Chef. »Das ist schon richtig so.«

    »Woher«, bohrte meine entfernte Verwandte weiter, »kriegt er den samstagmorgens oder freitags spät so viel Bares? Ich meine, er kann so viel Geld ja nicht mit der Plastikkarte ziehen.«

    »Das weiß ich auch nicht. Das müssen Sie ihn selber fragen.« Rolli kicherte erheitert. »Aber er wird nicht darauf antworten. Er hat einen Bauzeichner und eine Sekretärin im Büro. Die wissen auch nichts, so viel ist mal sicher. Bliesheim sagte mal: Rolli, du musst dir angewöhnen, niemanden in dein Leben reinzulassen, wirklich niemanden. Dann lebst du ohne Sorgen. Anna sollte sich mal überlegen, was sie von so einem zu erwarten hat. Einmal habe ich mitbekommen, dass er morgens in Drecksklamotten drei, vier Baustellen abfuhr und dann verschwunden war bis zum anderen Morgen. Dann tauchte er im nachtblauen Smoking wieder auf einer Baustelle auf. Bei Anna war er die Nacht nicht gewesen und eine andere Wohnung hat er nicht, jedenfalls wüsste ich nicht, dass er noch irgendwo eine andere Wohnung hat. Da wird man doch nachdenklich, wo hatte er den Smoking hängen? Und wo hat er geschlafen?« Ein wenig Stolz war aus Rollis Stimme herauszuhören, dass ihm das aufgefallen war.

    »Moment, Moment«, unterbrach meine Tante, »willst du damit andeuten, dass er noch eine Freundin hat?«

    »Was weiß ich? Vielleicht hat er eine geheime Wohnung oder geheime Freundinnen oder alte Freundinnen. Und bald wird meine Anna auch eine alte Freundin von ihm sein, sage ich euch.«

    Endlich klingelte das Telefon und Kischkewitz fragte: »Stimmt das, Rolli ist bei dir?«

    »Ja«, sagte ich. »Er war in Koblenz bei einer alten Bekannten.«

    »In zehn Minuten bin ich da«, sagte er knapp.

    »Gleich kommt Kischkewitz«, berichtete ich meinen Gästen möglichst harmlos. »Er hat noch etwas mit dir zu bereden.« Plötzlich kam mir die Situation einfach zu blöde vor. »Es ist etwas Schreckliches passiert, Rolli. Anna ist tot. Sie wurde erschossen. Gestern Abend, während du in Koblenz warst. Du brauchst diese Simone als Zeugin.«

    Er starrte mich an, er starrte Tante Anni an.

    »Was ist mit den Kindern?«, fragte er dann leise.

    »Das wissen wir nicht«, sagte ich. »Vermutlich sind sie bei Oma Ohler.«

    »Ich muss da hin. Das Schwein bringe ich um. Diesmal bringe ich ihn um!« Er stand auf, sein Gesicht war schneeweiß. »Ich wusste schon immer, dass er ein Schwein ist. Ich wusste, er genießt sie und lässt sie dann fallen.« Er sprach ganz leise und vermutlich war ihm gar nicht bewusst, dass er nicht allein war. »Wahrscheinlich hat sie schräge Sachen von ihm gewusst.

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