Eifel-Liebe
über ihren Anwalt böse Gerüchte in die Welt!« Kischkewitz atmete ein paarmal zischend durch. »Kannst du protokollieren, was Rolli erzählt hat? Zur Kontrolle? Fax es mir ins Büro. Ich bin schon wieder weg.«
»Okay«, nickte ich.
Es dauerte wirklich nur Sekunden, bis Kischkewitz den verdatterten Rolli an mir vorbeischob und sagte: »Sie sind ganz schnell wieder zu Hause, Herr Hennef. Ein Kollege wird Ihren Wagen hinter uns herfahren.«
Die Haustür klappte hinter ihnen zu.
In meinem Rücken murmelte Tante Anni: »Man kann nicht gerade sagen, dass deine Eifel eine langweilige Landschaft ist.«
»So was habe ich nie behauptet. Außer an Nebeltagen im November und Sonntagnachmittagen um vierzehn Uhr. Glaubst du das mit den Torpedos?«
»Warum nicht, bei so einem Typ? Nach den Schilderungen ist Bliesheim jemand, der alles mitnimmt, was mitzunehmen ist. Torpedos könnten auch erklären, weshalb der Herr so gerne mit Bargeld hantiert.«
Es war inzwischen fast Mittag und ich war aufgedreht, irgendwie nervös. Ich musste etwas unternehmen, brauchte etwas zu tun. Ich überlegte: Es gab Leute in dieser Clique, die ich noch gar nicht kannte. Annas Chefin, zum Beispiel, Gundula Pechter. Gernot Meyer, den Verwaltungsbeamten und Verlobten von Elvira Klein. Außerdem hatte ich Annas Eltern noch gar nicht kennen gelernt, die … Moment! Es gab ja auch noch eine Schwester, eine junge Frau namens Claudia Vaals. Sie hatte irgendetwas mit Versicherungen zu tun und sich mit ihrer erschossenen Schwester Anna nicht gut verstanden. Wahrscheinlich war sie doch jetzt bei Oma Ohler. Sie würden sie nach Meerfeld gerufen haben, nachdem die schreckliche Nachricht von Annas Tod bekannt geworden war. Was hatte Oma Ohler noch über sie erzählt? Ich erinnerte mich nicht.
Ich rannte hinauf in mein Arbeitszimmer, rief in Hamburg an und sagte einem Redakteur, den ich nicht kannte, dass die Geschichte immer größere Kreise zog. Eine weitere Leiche, ein weiterer Mord.
»Das ist ja vielleicht merkwürdig«, sagte er sachlich. »Soweit ich weiß, ist die Eifel doch immer das Armenhaus Preußens gewesen.«
»Das ist richtig«, beruhigte ich ihn. »Aber wir sind lernfähig. Ist die etwas höhere Streuung von Morden in etwas ärmeren Landstrichen des ehemaligen Preußen aus der Sicht von Soziologen ein echter Zugewinn? Sind wir jetzt endlich ›in‹?«
Er konnte mir nicht folgen und meinte hastig, er werde die Botschaft an den zuständigen Redakteur weiterleiten.
Ich rannte wieder hinunter und teilte Tante Anni mit, ich würde noch einmal zu Oma Ohler fahren.
»Tu das«, nickte sie. »Rudi Latten fährt mit mir einkaufen. Er ist ja so ein netter Kerl!«
»Na denn!«, sagte ich und bemerkte, dass mein Hund neben meinem Auto stand. Das Viech hat einen einwandfreien Riecher, das Viech musste belohnt werden, es durfte mit. Cisco stellte sich mit den Vorderläufen auf die Rückenlehne des Fahrersitzes und leckte mir am Haaransatz am Hals herum. Als ich eine scharfe Wendung machte, fiel er von der Bank, aber zwanzig Meter später war er wieder an Ort und Stelle. Ich musste lachen und das freute ihn, er japste atemlos.
Ich nahm die Strecke Daun–Manderscheid, auf den langen Geraden vor Manderscheid konnte ich richtig Gas geben. Dafür kam ich mir auf der Elendsstrecke in das Tal hinein nach Meerfeld vor wie auf einer Kartoffelsortiermaschine.
Die Freisprechanlage klickte.
»Wir müssen reden«, sagte Vera. Ihre Stimme klang hohl.
Ich habe mein Leben lang mit dem Neinsagen Schwierigkeiten gehabt und ich wollte nicht, dass sie litt. Darum lenkte ich ein: »Einverstanden. Wann?«
»So bald wie möglich«, sagte sie. »Ich weiß, du hast viel am Hals. Wann hast du Zeit?«
»Wenn du nichts anderes vorhast, fahr doch gleich in Mainz los, aber beeile dich nicht allzu sehr. Wir treffen uns bei mir in Brück. Einverstanden?«
»Das ist gut«, murmelte sie und unterbrach.
Auf den letzten Metern vor Oma Ohlers Haus wurde ich ganz ruhig. Ich schellte und Oma Ohler kam gleich zur Tür. Sie trug schwarz und hatte verheulte Augen. Leise sagte sie: »Tach auch. Kommen Sie rein. Ich wollte eigentlich gerade zu den Kindern rüber. Claudia ist eben aus Trier angekommen.« Sie ging etwas unsicher, schwankend fast, vor mir her in die Küche. »Ich mache denen was zu essen. Die kommen ja jetzt zu nichts. Was sagen Sie denn zu alldem?«
»Was soll ich dazu sagen? Glauben Sie, die Claudia würde sich mal mit mir unterhalten?«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher