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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Freundin.« Ich wollte Veras Profession nicht verraten, es würde nicht gut für sie sein, als Privatdetektivin mit einem aktuellen, Aufsehen erregenden Fall in Verbindung gebracht zu werden.
    »Moment bitte.« Die Dame verschwand hinter einem schweren Vorhang, der quer über einen breiten Flur gespannt war. Dann tauchte sie wieder auf und bat uns mit einer Handbewegung, ihr zu folgen. Das Ziel war ein Raum am Ende des Flurs und ich weiß nicht mehr, ob ich nicht erregt aufseufzte, als wir eintraten.
    Der Raum war groß wie ein Rittersaal und düster wie das ganze Haus. Sicher lag die Raumhöhe bei vier Metern und bis auf zwei große Fenster waren die Wände vom Fußboden bis zur Decke mit Bücherregalen bedeckt. Es gab eine Sitzecke gewaltigen Ausmaßes aus schwarzem Leder, einen gewaltigen Schreibtisch, auf dem nichts lag, außer etwa zehn Telefonen in verschiedenen Farben. Hinter diesem Schreibtisch stand ein großer hölzerner Sessel, in dem ein Mann saß. Auch der Mann war groß, ein Häuptling Silberlocke, ohne Zweifel eine imposante Erscheinung. Er trug einen Nadelstreifenanzug mit Weste und dunkler Krawatte. Sofort erhob er sich und kam uns entgegen. Er küsste Vera den Handrücken, drückte meine Rechte ziemlich kräftig und stellte sich mit dunklem Bass vor: »Hans Becker.«
    Wir waren ganz artig, folgten ihm wie Hündchen zu der Sitzgruppe und ließen uns nieder.
    Er setzte sich uns gegenüber in einen Sessel. »Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Das wissen wir nicht genau«, lächelte Vera. »Angesichts der tragischen Affäre stürzen Hunderte von Fragen auf uns ein. Wir wissen gar nicht, wo wir beginnen sollen.«
    Kein schlechter Anfang, dachte ich automatisch. »Was war das nun eigentlich für ein Kreis im Forsthaus Bongard?«
    Becker grinste schmal. »Sie sagen ›war‹, ich sage ›ist‹. Der Männerkreis ist nicht zerstört, er existiert nach wie vor.
    Gewiss, wir haben herbe und vollkommen idiotische Kritik über uns ergehen lassen müssen, aber das kann uns nicht aufhalten, nicht auf Dauer. Oder finden Sie es vielleicht normal, dass eine seriöse Runde von Kaufleuten als kriminelle Vereinigung dargestellt wird?«
    »Da gab es tatsächlich eine Reihe schriller Töne«, nickte Vera. »Aber das ist ja nur eine Seite der Medaille, nicht wahr? Die andere Seite, also die der Damen Colin, spricht ja durchaus verständlicherweise die Sensationsgier eines breiten Publikums an.«
    »Das ist richtig«, sagte Becker. »Aber wir müssen uns bloß ein paar Wochen, zwei Monate vielleicht, still verhalten und es wird wieder business as usual geben.«
    »Glauben Sie, Sie finden noch einmal so ein Haus wie das in Bongard?«, fragte ich.
    »Selbstverständlich«, antwortete er. »Zweifeln Sie daran?«
    »Keine Zweifel«, bestätigte ich ihm. »Nur die weibliche Seite wird nicht mehr zu bekommen sein.«
    »Nun, das nicht«, nickte er heiter. »Insofern war Bongard sicherlich einmalig.«
    »Ich nehme an«, Vera sprach nicht, Vera schien die Worte zu seufzen, »ich darf Sie nach der toten Natalie fragen? Sie leben doch allein hier, sind etwa sechzig Jahre alt und Junggeselle.«
    »Ich bin achtundfünfzig und kein Junggeselle. Meine Familie lebt in meinem Haus in Hamburg. Meine Frau, meine beiden erwachsenen Kinder. Die sind bald mit dem Studium fertig. Wir sehen uns. Nicht regelmäßig, aber wir sehen uns. Ich bin einer der alten Elefanten, die arbeiten müssen, ständig arbeiten. Da geht jedes Familienleben kaputt. Daher haben wir uns schon vor Jahren arrangiert. Selbstverständlich dürfen Sie mich nach der kleinen Natalie fragen.«
    Vera, Liebling, bolz ihn an!, dachte ich.
    »Sie haben mit ihr geschlafen. Sie könnte Ihre Tochter sein. Was war das für ein Gefühl?«
    Die Frage war brutal, aber sie schien Becker nur weiter zu erheitern. »Das war überhaupt kein Gefühl, gnädige Frau. Es sollte einem Mann in meinem Alter nicht passieren, aber es passierte eben, weil ich entschieden zu viel getrunken hatte. Kein Gefühl. Ich bin hinterher zu ihr gegangen und habe mich für meinen Übergriff entschuldigt.«
    »Übergriff nennen Sie das?«, fragte Vera schrill.
    »Übergriff«, nickte er. »Wie würden Sie das nennen?«
    »Unzucht mit einer Minderjährigen«, sagte sie scharf.
    Er wurde nicht nervös, brach das Gespräch nicht ab, warf uns nicht aus dem Haus. Kühl retournierte er: »Nun wollen wir aber mal auf dem Teppich bleiben, Leute. Insofern bin ich richtig froh, dass Sie hier aufgetaucht sind. Die kleine

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