Eifel-Müll
Egoismus spielt da auch mit, ich habe Hunger. Also fahr mal links und dann nach zwei Kilometern rechts ab Richtung Anschau und runter ins Enztal.«
»Darf ich kurz anhalten und dich küssen?«
»In den Gesetzen zur Personenbeförderung ist ein solcher Fall nicht vorgesehen ... Da ist ein Feldweg, der führt in den Wald.«
Erst nach einer geraumen Weile kamen wir wieder auf die Erde zurück und dann mochte Vera nicht mehr fahren. Es ist wirklich etwas ganz Besonderes, von einer jungen Frau im Grünen verführt zu werden, zumal sie anschließend rührend bemüht war, mir sämtliche Naturrückstände wie zum Beispiel trockene Gräser und Moose, kleine Zweige und altes Laub von der Figur zu pflücken.
ACHTES KAPITEL
Wir aßen äußerst genussvoll, die Wirtin Anja umkreiste uns mit der nicht ausgesprochenen Frage: Wer, zum Teufel, ist diese Frau?
Ich verspeiste eine Filetpfanne, Vera mummelte einen Salat mit viel Lachs, den Abschluss bildete ein Eisbecher vom Format der nördlichen Dolomitengipfel, und erst dann gelang es mir, Anja mit einer einfachen Bemerkung unter Freunden zufrieden aussehen zu lassen. »Vera bleibt ein paar Wochen bei mir – hoffe ich.«
Anja, ganz wohlgeratene Tochter wohlgeratener Eltern, sagte hell: »Ach, wie schön!« Sie lächelte zuckersüß, verschwand für eine Minute und kam dann mit der Gabe des Hauses zurück: »Ein Sekt mit Limettensaft, einen doppelten Espresso. Das Haus wünscht Glück.«
Vera errötete, was ihr gut stand.
»Du interessierst dich doch für diese schreckliche Geschichte mit den beiden jugendlichen Toten. Ich kenne einen der Männer, die da im Forsthaus getagt haben«, erzählte Anja und setzte sich mit halbem Hintern auf den dritten Stuhl. »Dieser Hans Becker aus Maria Laach ist ein häufiger Gast hier. Ein guter Gast und ein richtig netter Kerl. Also, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass der irgendwelche krummen Dinger macht, wie es im Kölner Express stand. Becker ist ein ganz Lieber.«
»Das mit den krummen Dingern ist so eine Sache«, murmelte ich. »Bisher konnten ihm richtig krumme Dinger gar nicht nachgewiesen werden. War er mit jungen Frauen hier?«
»Nein, nie. Und selbst wenn: Warum denn nicht?«
»Richtig«, sagte Vera bestimmt. »Aber es ist so ein Kuddelmuddel entstanden, verstehst du. Einen Mörder haben wir noch lange nicht parat.«
»Vielleicht«, sagte die Wirtin, »steckt euer Mörder ganz woanders. Vielleicht da, wo ihr noch gar nicht nachgesehen habt.«
Als wir gingen, sang eine Amsel in einem Ahorn ihr Abendgebet, die Enz rauschte in ihrem tief liegenden Bett, es war sehr friedlich.
»Eigentlich«, sagte Vera, »sind wir nicht weit weg von Maria Laach, der Heimat des Kaufmanns und Unternehmers Hans Becker.«
»Stimmt. Man müsste wissen, ob er noch im Gewahrsam von Kischkewitz ist oder bereits entlassen werden musste.«
Ich wählte also Kischkewitz' Büronummer und konnte ihn nicht erreichen, weil er unterwegs war. Aber eine seiner Helferinnen antwortete auf meine Frage: »Ja, Becker ist wieder zu Hause. Muss uns zur Verfügung stehen, hat so was wie Hausarrest. Hat zwar wie wild mit Natalie gevögelt, aber gleichzeitig hat er Geld genug, sich alles zu erlauben.« Das klang zynisch.
»Höre ich da Zorn?«
»Ach ja, verdammte Hacke, diese Geldsäcke kommen doch immer frei.«
»Grüßen Sie Kischkewitz, bitte.«
Wir fuhren durch Monreal, dann auf die Schnellstraße, die an Mayen vorbei in Richtung Maria Laach führt.
»Ich mag Laach«, sagte Vera. »Ich war ein paar Mal mit meinen Eltern hier. Es hat mich immer sehr beeindruckt.« Sie lachte leise. »Ich habe als Mädchen immer gedacht, ich könne hier einem Nonnenorden beitreten, ich wusste nicht, dass hier nur die Benediktiner wohnen. Das waren noch schöne Zeiten damals.«
»Wo leben deine Eltern eigentlich?«
»Sie lebten. Meine Mutter starb vor sechs Jahren. Sie hatte Brustkrebs. Mein Vater starb zwei Jahre später, er wollte ohne sie nicht mehr.«
Ich überlegte. »Ich weiß im Prinzip nichts von dir.«
»Von dir weiß ich auch wenig«, entgegnete sie. »Vielleicht können wir das ein wenig ändern. Du hast Anja gesagt, ich würde eine Weile bei dir bleiben. Geht das denn, kannst du damit leben?«
»Ja, das würde mir gefallen. Was hat dein Vater beruflich gemacht?«
»Er war Polizist«, sagte sie. »Er war der Typ Dorfpolizist, der jeden im Revier kannte, der mit jedem schwätzte, der genau wusste, was jeder beruflich machte, der die Schwierigkeiten der
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