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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Einzelnen kannte. Er war mein Vorbild, ist es eigentlich immer noch. Kennst du Maria Laach?«
    »Was heißt kennen? Ich bin oft da, ich streune herum, denke darüber nach, warum sie das Kloster dort gründeten und nicht einen Kilometer weiter südlich oder westlich. Es ist ein geheimnisvoller Ort.«
    »Das vollkommenste Bauwerk der deutschen Romanik«, sagte Vera versonnen. »An den Satz erinnere ich mich, der stammt von meinem Vater. Er hatte wahrscheinlich nicht viel Ahnung von Architektur, aber von deutschen Klöstern wusste er eine Menge. Er kannte sie alle. Ich wusste gar nicht, dass es in Laach auch Wohnhäuser gibt.«
    »Gibt es auch nicht, außer eben den zum Kloster gehörenden Gebäuden. Wir werden sehen.«
    Wir wurden schlauer, als wir am Empfang des Hotels am Laacher See nachfragten. Eine junge Dame teilte uns mit, Hans Becker residiere im alten Forsthaus jenseits der Straße, die nach Bell hinaufführte. Sie sagte tatsächlich residiert und sie meinte es ernst.
    Also fuhren wir weiter und entdeckten das Haus hinter einer Gruppe uralter, hoher Buchen. Wir konnten nur zwei Giebelfenster erkennen, die aus einer Schieferfläche herauszuspringen schienen. Da gab es eine schmale Asphaltstraße, die in einem leichten Linksbogen zwischen die Bäume führte.
    »Sieh mal«, sagte Vera, »Kameras, alle sechs bis acht Meter Kameras. Auf den Pfählen im Zaun, siehst du sie? Na, der wird nicht zu sprechen sein.«
    »Versuchen wir's«, entschied ich.
    Ich lenkte den Wagen auf den schmalen Zubringer und wir landeten vor einem schweren, schmiedeeisernen Tor. Kein Hinweis, kein Schild, kein Name. Nur eine Klingel, eingelassen in einen Steinpfosten. Ich schellte und starrte direkt in die nächste Kameralinse.
    Der Lautsprecher tönte blechern. Eine Frauenstimme fragte: »Ja, bitte?«
    »Mein Name ist Siggi Baumeister. Könnte ich bitte Herrn Hans Becker sprechen. Es geht um die Geschichte mit Natalie Colin.«
    »Oh. Ich weiß nicht, ob er sie empfangen will. Es ist ja schon spät.« Hinweis der seriösen Reichen, man möge zu christlichen Zeiten kommen, nicht am späten Abend.
    Die Stimme eines Mannes war auf einmal zu hören: »Was kann ich für Sie tun?«
    »Das kommt darauf an, ob Sie Auskunft geben wollen. Herr Kischkewitz sagte mir, er habe Sie entlassen und ...«
    »Er musste mich entlassen!«
    »Na gut, er musste Sie entlassen. Aber finden Sie es nicht ausgesprochen unhöflich, dass wir mit Ihnen über diesen Scheißlautsprecher verkehren müssen und Ihnen nicht einmal ins Gesicht blicken können?«
    Er lachte unterdrückt. »Kommen Sie herein. Fahren Sie hoch bis zum Haus.«
    Nachdem das Tor ein wenig quietschend aufgeschwungen war, fuhren wir den Weg hoch. Das Haus war aus Basalt, ein gigantischer schwarzer Klotz, Furcht einflößend, bedrohlich, vermutlich mit fünfhundert Quadratmetern Wohnfläche, zwei Schwimmbädern und einem Wintergarten für tropische Pflanzen in der Größe eines Einfamilienhauses.
    »Ich friere, wenn ich das sehe«, flüsterte Vera.
    Sechs Stufen führten hinauf zu einer hohen, zweiflügeligen Tür aus Bronze. Das rechte Türblatt hatte statt einer Klinke oder eines Knaufs einen gewaltigen Brocken aus Amethyst. Das Portal wirkte wie der Eingang zu einem wirtschaftlich besonders gut ausgestatteten Kloster, unnahbar, im Grunde nicht von dieser Welt, mystisch.
    Die Tür ging auf und eine Frau stand dort. Sie mochte sechzig sein, vielleicht älter. Sie war hager und schmal. Unter den grauen Haaren, die kurz gehalten waren, fand sich ein scharf ausgeprägtes Gesicht wie das einer Eule. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Langer Rock, schwarze Bluse, schwarze Strickjacke. Sie musterte uns ungeniert und eingehend und sagte dann: »Ich bin die Hausdame. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Wir traten in eine beachtliche Halle mit einer irrwitzig großen und breiten Treppe. Die Stufen waren aus schwarzem Marmor, die Wände mit dunkelroter Seide bespannt. Und überall hingen Bilder, Ölschinken mit den Porträts längst vergangener Menschen, die düster mit dunklen, nichts sagenden Augen auf die Szene blickten.
    »Die Treppe hinauf«, erklärte die Frau und ging voran.
    In der Mitte der Halle schaukelte ein eiserner Kronleuchter mit einem Durchmesser von mindestens zwei Metern, eindeutig ein Stück aus der Klosterschmiede, deren Stil unverwechselbar ist.
    »Wen darf ich melden?«, fragte die Hausdame und blieb im ersten Stock stehen.
    »Siggi Baumeister. Ich bin Journalist. Die Dame ist meine

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