Eifel-Sturm
getroffen hat, der ihn mit seinem Wagen mitgenommen hat?«
»Einverstanden, das kann natürlich sein. Aber noch eine Frage: Wie kommt man hierzulande an eine Winchester, eine 44er?«
»Fast kein Problem. Du brauchst nur nach Belgien zu fahren. Wenn du nicht sofort eine bekommst, kannst du eine bestellen und eine Woche später abholen.«
»Was sind das für Leute, die so etwas kaufen?«
Tenhoven lachte, er wirkte gemütlich. »Na ja, so Irre wie ich. Du kaufst dir so ein Stück und manchmal ballerst du damit auf Blechbüchsen oder so.«
»Und Jäger?«
»Jäger dürfen die Dinger legal erwerben, weil sie unbegrenzt so genannte Langwaffen kaufen dürfen. Sie müssen nur ihren Jagdschein vorlegen. Aber auch die meisten Jäger aus der Eifel besorgen sich ihre Waffen in Belgien. Illegal sind sie einfach billiger, genauso wie die Munition. Jeder Jäger wird dir das bestätigen. Frag beispielsweise den Onkel von Driesch. Der ist Jäger und ich gehe jede Wette ein, dass er Langwaffen besitzt, die nirgendwo registriert sind. Jeder Freak hat solche Dinger und die Behörden halten die Schnauze, weil viele von diesen Leuten viel Einfluss haben. Ein Jäger darf aus Gründen des persönlichen Schutzes auch Faustfeuerwaffen haben, also einen Revolver oder eine Pistole. Ich selbst bin nur ein Freak ohne Waffenschein. Du musst in der Eifel zu denen gehen, die Waffen kaufen dürfen, dann quellen dir die Augen über, was die so alles zu Hause rumliegen haben.«
»Ich danke dir.«
»Schon in Ordnung. Ich habe aber noch eine Frage. Stimmt es, dass Manfred von Hülsdonk sich umbringen wollte?«
»Ja, aber der Strick ist gerissen und er hat sich beide Beine gebrochen.«
Tenhoven war eine Weile still und murmelte dann: »Ist ein armes Schwein. Erst kauft er seiner Tochter die alte Mühle in Berk, dann will die plötzlich nicht mehr und er muss die Mühle wieder verscheuern. Und dann wird die Tochter erschossen.«
»An wen hat er denn wieder verkauft? An den Vorbesitzer?«
»Nein. An irgendjemanden, der genauso wie Annette ein Hotel draus machen will. Jetzt wird es ein Ponyhotel. Na ja, so ist das Leben. Bis demnächst.«
»Bis demnächst.«
Vera hockte mir gegenüber und grinste, weil der Schnaps sie in außerordentlich gute Laune versetzt hatte. »Na, hat er was Neues?«
»Nichts.«
Es war schon neun Uhr und draußen zunehmend dunkel geworden, als Rodenstock und Emma endlich erschienen und einmal quer durch meine neue Bleibe zogen. Aus der Fahrt zur Dauner Burg wurde dann allerdings nichts mehr, weil sich Rodenstocks Handy meldete.
Kischkewitz teilte ihm kurz und knapp mit: »Kommt nach Monschau. Wir haben Drieschs Bleibe entdeckt.«
Es entstand keine Aufregung, ruhig machten wir uns startklar. Cisco bekam den Balkon zugewiesen und ich hoffte, er würde das Dorf in der Nacht in Ruhe lassen. Hausschlüssel, Autoschlüssel, Geld, Jacke, Weste.
Rodenstock meinte: »Wir sollten uns beeilen.«
»Ich habe Blaulicht, ich kann euch mitziehen«, sagte Vera.
»Versicherungsrechtlich wird das ein Fiasko«, bemerkte ich.
Eine Bleibe, hatte Kischkewitz gesagt, eine Bleibe. Das deutete auf entschieden mehr hin, als nur auf einen sporadischen Treffpunkt. Wieso Bleibe?
Cisco begann mörderisch zu jaulen. Ich ging zurück nach oben und befreite ihn. Ich nahm ihn mit. Der Hund, der treueste Begleiter des Menschen.
Vera war sehr schnell verschwunden, Rodenstock unterhielt sich in dem Wagen vor mir lebhaft mit Emma. Flüchtig musste ich an meine Katzen und mein zerstörtes Haus denken. Andrea würde die Katzen und die Fische im Teich füttern.
Die Fahrt in den späten Abend verlief zügig und ohne Störung, wir brauchten nur wenig mehr als eine Stunde und parkten oberhalb des Auklosters. Cisco, der inzwischen fest schlief, ließ ich auf der Rückbank weiter träumen. Aus den Zimmern der Sonderkommission kam ein junger Mann, sah uns und rief: »Rechts von der evangelischen Brücke.«
Die Nacht war hereingefallen, die kleine Stadt wirkte sehr friedlich. Der Marktplatz war fast leer, nur zwei, drei kleine Gruppen von Jugendlichen standen zusammen und unterhielten sich. Wir erreichten die Windung der schmalen Rurstraße, etwa hundert Meter vor den Brücken.
Emma, die neben mir ging, wirkte seltsam verkrampft. »Wir werden umdenken müssen«, sagte sie verbissen.
»Ich hoffe, der Fall ist nun zu Ende«, maulte Rodenstock einen Schritt vor uns. »Ich fange schon an, Windräder zu verabscheuen.«
Wir liefen über die Fußgängerbrücke
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