Eifel-Träume
und sein hübscher Kopf schwang leicht hin und her.
»Sag es«, drängte der Vater. »Du weißt, dass du es sagen kannst.«
Gerd atmete tief durch: »Schon okay. Sie war mit mir verabredet.«
NEUNTES KAPITEL
»Das ist neu«, murmelte der Vater ohne Vorwurf.
»Das ist logisch«, schob ich schnell ein. »Er wollte nicht riskieren, mit der traurigen Tat in Berührung zu kommen.«
»Korrekt«, bestätigte der erstaunliche Junge.
»Willst du darüber reden, was passiert ist?«, fragte ich.
»Ja, klar. Am Donnerstag in der Pause nach der zweiten Stunde kam Annegret und sagte, sie würde mich treffen wollen. Mittags im Busch. Ich sagte, okay, das geht klar. Aber dann kam mir mittags in der Stadt Nastassia entgegen und sagte, sie hätte Schwierigkeiten mit den Eltern und sie wollte mit mir reden. Sie weinte sogar, sie war unheimlich schlecht drauf. Deshalb bin ich mit ihr losgezogen zum Uhlenhorst. Sie hat sich ausgekotzt und dann ging es ihr auch besser. Sie ist dann nach Hause. Und ich habe versucht, Annegret auf dem Handy zu erreichen, aber sie hat sich nicht gemeldet.«
»Moment, Moment, nicht so schnell. Weißt du noch, wie spät es war, als du Annegret angerufen hast?«
»Das muss nach zwei gewesen sein. Weil Nastassia sagte: Mein Gott, ich muss heim, es ist schon zwei.«
»Gut, also um vierzehn Uhr etwa trennt ihr euch. Wie ging das weiter?« Ich dachte etwas fiebrig: Da war Annegret schon tot.
»Ich war in Sorge, dass Annegret sauer auf mich war. Als sie nicht an ihr Handy ging, habe ich sogar bei ihr zu Hause angerufen. Ihre Mutter war am Telefon. Ich habe gesagt, ich muss Annegret sprechen, es sei wichtig. Und sie sagte: Du bist niemals wichtig!, und hängte wieder ein.«
Er trank von seiner Cola, er wirkte wieder sehr gefasst. Er hatte sich zu etwas durchgerungen und wusste, er tat das Richtige. Er würde noch oft in seiner unfassbaren Traurigkeit versinken, aber Zweifel an sich selbst würde er in dieser Sache nicht mehr fürchten müssen.
»Hat das eine Bedeutung?«, fragte sein Vater etwas unsicher.
»Das weiß ich nicht. Ich bin mit dem Leiter der Mordkommission befreundet und werde ihm Bescheid geben. Sag mal, Gerd, glaubst du, dass noch jemand außer Annegret und dir gehört oder gewusst hat, dass ihr euch im Busch treffen wolltet?«
»Nein«, sagte er. »Das hatten wir so abgesprochen. Annegret sagte Anke und den anderen, dass sie keine Zeit hätte. Anke wusste zwar, dass wir uns trafen, aber nie wann. Außerdem war sie die beste Freundin von Annegret. Die hätte sowieso nie was gesagt.«
»Gerd, noch eine Frage: Wenn ihr euch auf die Räder setzt, um herumzufahren, fahrt ihr dann wirklich allein, also jeder für sich, oder sucht ihr euch ein gemeinsames Ziel? Was meinst du, wie war das am Donnerstag mit Anke, Kevin und Bernard?«
»Das ist schon korrekt, dass sie vielleicht allein rumgefahren sind. Aber davon weiß ich nichts, da war ich nicht dabei.«
Mir kam eine Idee. Sie war ein wenig verrückt, dass ich mich einen Augenblick lang nicht traute, darüber zu sprechen. Aber vielleicht würde es dazu führen, dass Gerd noch mehr erzählte.
»Pass mal auf. Vielleicht kannst du noch mehr helfen bei der Suche nach Annegrets Mörder. Aber dazu musst du mit mir zum Busch gehen. Wir setzen uns dort ins Gras und reden miteinander, über euer Leben im Busch. Vielleicht wird es schmerzhaft für dich sein, aber vielleicht fällt dir dort noch etwas ein, was wichtig ist. Dein Vater oder deine Mutter können selbstverständlich dabei sein. Du würdest Annegret einen Riesengefallen damit tun. Meinst du, dass das geht?«
»Schon okay.«
»Gut. Dann fahre ich jetzt erst zu Kriminalrat Kischkewitz und unterrichte ihn über unser Gespräch. Und wir treffen uns wieder um zwei Uhr am Busch. In Ordnung?«
Ich sah den Vater an.
Der nickte. »Geben Sie mir Ihre Telefonnummer, falls was dazwischenkommt.«
Ich gab ihm meine Karte, dann verließ ich das Haus. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, ein Stück weitergekommen zu sein. Es war eine große Erleichterung, obwohl ich immer noch keine Vorstellung davon hatte, wie das Ganze enden würde.
Ich fuhr zum Rathaus, aber das Zimmer, in dem die Kommission tagte, war verschlossen. Ich erreichte Kischkewitz per Handy. »Hast du eine Minute?«
»Ja, aber nicht mehr.«
»Du wirst mehr haben müssen. Gerd Salm war mit Annegret am Donnerstagmittag im Busch verabredet.«
»Wer sagt das?«
»Der Junge selbst. Er sitzt zu Hause bei seinen Eltern. Fahr am besten
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