Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
schlagen. Irgendwann hat sie mich verlassen, samt Tochter. Im Prinzip hatte sie Recht.«
    »Wie alt ist diese Tochter?«
    »Ein wenig über zwanzig. Sie ist noch sehr unsicher und vor lauter Unsicherheit telefoniert sie ständig. Es ist schwierig mit uns, verstehst du. Eigentlich könnte ich dich jetzt gut als Lebenshilfe gebrauchen. Tja, und obendrein ist da noch Vera.«
    »Wieso ist die wieder aufgetaucht?« Jetzt wirkten ihre Augen geradezu gierig.
    »Wir hatten noch keine Zeit, uns ausführlich zu unterhalten. Aber soweit ich Emma verstanden habe, ist Vera im Landeskriminalamt zwischen sämtliche Mühlsteine geraten. Und jetzt macht sie Pause bei Emma. Ich würde dir im Übrigen nicht raten, diesen sechsfachen Birnengeist zu schnell zu trinken, sonst tanzt du am Ende noch Polka.«
    »Ach was, der tut mir nichts. Von dem bisschen macht eine alte Frau doch nicht schlapp!« Sie kicherte. »Also ist da draußen in der Welt ziemlich viel los.«
    »Ja, das ist wahr.«
    »Dann könnte ich doch die restlichen Untersuchungen schummeln und einfach mit dir nach Hause fahren.«
    »Das geht nicht, Anni. Das hast du dir eingebrockt, nun musst du da durch.«
    »Gut. Dann gieß mir noch einen ein und drück dann den Korken wieder rein. Das riecht sonst so streng.«
    Ich erfüllte ihren Wunsch und sie ließ den Schnaps im Glas kreisen. »Was heißt eigentlich Nelches Birne ?«
    »Ich bin nicht gerade ein Fachmann für Schnaps. Soweit ich weiß, heißt so eine bestimmte Sorte kleiner, höchst saftiger grüner Birnen, die ausschließlich hier in der Eifel vorkommen.«
    Sie trank ein wenig davon. »Und wer hat sich erhängt?«
    »Das ist eine tragische Geschichte. Ein Ortsbürgermeister namens Toni Burscheid. Er ist ein Onkel der Mutter des ermordeten Mädchens. Und es gibt wohl Gerüchte, dass er auf Kinder stand.«
    »Pädophil.«
    »Ja. Das Ganze ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien.«
    Ihre Augen wurden weit und ihr Geist verlor sich in alten Bildern, in Bildern, deren Ursprung ich nicht kannte.
    Klar und unmissverständlich begann sie zu zitieren. Das kam ohne Überlegen, ohne eine Unsicherheit in der Erinnerung: »Pädophilie bedeutet allgemein eine sexuelle Abweichung vom gesellschaftlich vorgeschriebenen Trieb- beziehungsweise Sexualobjekt. Speziell: Sexuelle Anziehung durch und bevorzugte sexuelle Kontakte mit Kindern des eigenen, und/oder des anderen Geschlechtes.« Ihre Sprache wurde leiser und unverständlich. Dann wieder laut und deutlich. »Die soziale Problematik der Pädophilie besteht in der Strafbarkeit sexueller Kontakte mit Kindern. O ja, ich erinnere mich, ich erinnere mich gut an diese armen Teufel. Ich war bei der Sitte. Und meine männlichen Kollegen schoben zwei Sorten möglicher Täter immer auf mich ab: Schwule und Pädophile. Meine männlichen Kollegen hassten diese Leute auf eine unverständlich harte Art und Weise. Sie begriffen nicht, dass sie selbst Angst hatten, nichts als Angst. Meine Güte, wenn ich mich da erinnere. Wenn sich so einer erhängte, dann hat er sich gehasst. Ich erinnere mich.« Sie nahm einen großen Schluck von dem Schnaps und starrte aus dem Fenster. »Wenn du über diesen Mann schreibst, geh sanft mit ihm um.«
    »Ich verspreche es. Kommt Emma noch vorbei?«
    In diesem Moment stürzte der nette weibliche Feldwebel in den Raum, als wollte er Annis Bett stürmen. Plötzlich hielt die Frau jäh inne und schnupperte, als wollte sie das ganze Zimmer einatmen.
    »Anni!«, sagte sie mit vier Ausrufezeichen. »Wir befinden uns in einem Krankenhaus. Das ist Birnenschnaps und das ist nicht gut für Sie.«
    »Wer sagt das?«, fragte Anni aufmüpfig.
    »Wollen Sie auch einen? Sie könnten das Zahnputzglas nehmen«, schlug ich vor.
    Sie spitzte den Mund, stemmte die Arme in die Seiten und entschied: »Aber nur einen ganz kleinen.«
    Rund zehn Minuten später verabschiedete ich mich, weil die zwei Weibsbilder nur noch kicherten und dabei Schilderungen besonders ekelhafter, strohdummer Machos von sich gaben. So etwas mag ich nicht besonders.
    Ich begab mich nach Hause und wurde von einem Satchmo empfangen, der sich heulend in den Sand warf, auf dem Rücken herumwälzte und erst Ruhe gab, als ich ihn kraulte. Mein Hund kam dazu, wollte ebenfalls Streicheleinheiten, erhielt sie und trollte sich wieder. Auf dem Tisch auf der Terrasse lag ein Zettel: Bin bei Vera, Emma und Rodenstock in Heyroth. Gruß Clarissa.
    Das passte mir ausgezeichnet in den Kram, denn ich war hundemüde. Für

Weitere Kostenlose Bücher