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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wo sich Annegret von ihren Freunden trennte, um in diese Straße einzubiegen …«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie gequält. »Ich weiß es einfach nicht.«
    »Hat es zuvor jemals Ausnahmen von der Regel gegeben? Ich meine, ist es vorgekommen, dass Annegret nach Hause kam und niemand war da? Was passierte dann? Wie kam sie dann ins Haus?«
    »Sicher ist das vorgekommen. Zum Beispiel wenn ich einkaufen war, am ersten Donnerstag im Monat ist ja großer Markttag. Ich habe ihr morgens Bescheid gesagt, ob sie zu Else kommen sollte, weil ich dort war. Oder ob sie heimgehen und dort auf mich warten sollte. Wir haben einen Schlüssel, der im Vorgarten unter einem Stein neben dem Frosch am Teich liegt. Der liegt da auch für den Fall, dass mal jemand einen Schlüssel vergisst. Den nahm Annegret dann und schloss sich auf.«
    »Wo ist der Schlüssel jetzt?«
    »Ich gehe ihn holen«, murmelte Rainer Darscheid. Er stand auf und ging hinaus.
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung, wer das Verbrechen begangen haben könnte?«, fragte ich leise.
    Sie schüttelte den Kopf, sah mich an. »Aber Willems Käthe sagt, der Mörder ist tot.«
    »Wie bitte?«
    In diesem Moment kehrte Rainer Darscheid zurück, tonlos sagte er: »Der Schlüssel ist nicht da.«
    »Das kann doch nicht sein!«, meinte seine Frau heftig.
    »Es ist so«, nickte er mit einem Gesicht wie aus Stein.
    Eine Weile herrschte Schweigen.
    »Das heißt, wir müssen annehmen, dass Annegret doch nach Hause kam und die Tür aufschloss. Dann passierte etwas, von dem wir keine Ahnung haben. Jemand holte sie hier ab oder sie ging noch einmal weg, weil sie jemanden treffen wollte. Was ist mit ihrer Schultasche?«
    »Das weiß man nicht«, antwortete Rainer Darscheid. »Sie wurde nicht gefunden.«
    »Ist es denn absolut sicher, dass die Schultasche nicht hier im Haus ist?«
    Rainer Darscheid nickte: »Ich suche das Haus nachher noch einmal ab.«
    »Ich rufe Kischkewitz an«, entschied ich. »Das hier muss komplett auf den Tisch.«
    Doch Kischkewitz war nicht erreichbar, mit einem seiner Männer mochte ich nicht sprechen, weil unsicher war, ob sie mich und meine Botschaft ernst nehmen würden.
    Also verständigte ich Rodenstock und fragte ihn zum Schluss: »Weißt du, ob bei Annegret ein Hausschlüssel gefunden wurde?«
    »Nicht mit letzter Sicherheit. Aber ich würde mich daran erinnern, wenn es so wäre.«
    Ich wandte mich wieder an die Darscheids.
    »Wir sind eben unterbrochen worden. Angeblich hat irgendjemand gesagt, der Mörder sei tot. Wer, bitte, hat das gesagt?«
    »Willems Käthe«, sagte die Mutter zögerlich und wirkte etwas verlegen.
    »Nicht das noch!«, polterte Rainer Darscheid verärgert.
    »Sag mir, wen sie meint«, forderte ich.
    »Das soll sie selbst erklären. In meinen Augen ist das lächerlich!« Sein Gesicht war rot geworden.
    »Willems Käthe ist eine alte Frau. So um die achtzig. Sie kann Warzen wegbeten und Fieber von den Rindern nehmen. Aber sie kann auch jemandem das Verderben anbeten, also den Tod. Es gibt Leute, die bestätigen, dass das wirklich funktioniert. Jedenfalls hat Willems Käthe zu meiner Freundin Else gesagt, dass der Mörder tot sei. Sie habe ihm den Tod an den Hals gebetet.«
    Ich wusste, dass es in vielen Dörfern der Eifel Männer und Frauen gibt, die so etwas angeblich können und praktizieren.
    »Und was bedeutet das? Glauben Sie daran?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. Sie begann zu weinen und ihr Mann nahm sie in den Arm und machte sanft »Sch, sch, sch«. Ihr ganzer Körper zitterte.
    Ich verabschiedete mich von den Darscheids, ich dachte, es ist genug. Sie durchlebten die Hölle und es gab wohl keinen Menschen, der ihnen helfen konnte.
    Ich ließ den Wagen stehen und marschierte über den Stoppelacker und die Wiese auf das runde Wäldchen zu. Das Gras war noch nass vom letzten Regen, am Himmel segelten weiße Wolkenschiffe, die Sonne schien freundlich. Ein Sperber glitt flach und sehr tief rechts von mir über das Grasmeer. Er suchte sein Mittagessen.
    Nach wie vor war die Waldung gesperrt, nach wie vor wirkten die Zeltplanen wie ein fremdartiger, bedrohlicher Klotz. Aber es gab keinen Streifenwagen und keinen misstrauisch blickenden Polizeibeamten mehr. Ich lief rechts um das Wäldchen herum und fand Kischkewitz und Dr. Mark Benecke in einem gelassenen Gespräch.
    »Du siehst zufrieden aus«, sagte ich zu Benecke.
    »Na ja, was man so zufrieden nennt. Ich habe einhundertvierzehn Proben für das Labor und das

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