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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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auf der Empore über dem Kirchenschiff wie eine Verheißung von Musik, ein uraltes Stück europäischer Musikgechichte, das älteste spielbare Instrument ihrer Art in Rheinland-Pfalz.
    Immer wenn ich diese Orgel sehe, muss ich an den Vater von Markus Schröder, den Wirt in Niederehe, denken. Der alte Bernhard Schröder gehörte zu den Verrückten, die in den späten Neunzigerjahren darangingen, diese Orgel komplett zu renovieren, ein Vorhaben, das wirklich den Mut der Verzweifelten erforderte. Es sollte dreihundertsechzigtausend Mark kosten.
    Sie mussten das Geld auftreiben und ihre Art, es aufzutreiben, ist eine Geschichte wert: Sie verkauften Patenschaften für die Orgelpfeifen – und sie brachten das Geld zusammen. Jetzt thronte das Instrument über den Andächtigen, ein Gedicht in wunderbarem Holz, ein Juwel in reinem Blattgold. Und spielen darf sie nur, wer ein ausgemachter Meister ist.
    Plötzlich, in dieser kühlen Stille, in dieser Kompression von Besinnung, wusste ich, was ich am Tatort bemerkt hatte, als ich ihn zum ersten Mal sah. Der Gedanke, der mir immer wieder entkommen war, stand ganz klar vor mir.
    Wenn Annegret, aus welchen Gründen auch immer, sich in diesem Wäldchen aufgehalten hatte, dann konnte sie, unsichtbar unter dem dunklen Schirm der Bäume, ihr Elternhaus sehen. Sie konnte beobachten, wie ihr Vater nach Hause kam, wie ihre Mutter nach Hause kam oder wie die Eltern das Haus verließen. Das Wäldchen, in dem sie so schrecklich starb, war ein Ausguck auf Annegrets kleine Welt.
    Ich hatte das Handy nicht ausgeschaltet, es trällerte blöd in die Stille. Laut sagte ich: »Entschuldigung!«, wer immer mir zuhören mochte, und erst dann meldete ich mich.
    »Rodenstock. Ich frage mich langsam, wo du herumeierst. Du bist seit dem Morgengrauen auf der Pirsch und meldest dich nur, um Auskünfte einzuholen. Was soll das?«
    »Ich arbeite«, entgegnete ich geduldig. »Ich arbeite wirklich pausenlos.«
    »Und wo hältst du dich zurzeit auf?«
    »In einer Kirche.«
    Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Wieso bist du in einer Kirche?«
    »Ich wollte nachdenken. Hier stört mich keiner.«
    »Über was nachdenken?«, fragte er ruppig.
    »Über den Fall Annegret.«
    »Kommt dabei wenigstens etwas raus?«
    »Na ja, ich bekomme Klarheiten. Wenigstens zum Teil.«
    »Was für Klarheiten?«
    »Klarheiten über Mogelpackungen. Zum Beispiel hatte Toni Burscheid tatsächlich pädophile Neigungen. Aber er hat sie nicht ausgelebt, er hatte sich unter Kontrolle. Zum Beispiel darüber, dass Annegret am Donnerstag nicht die Straße Am Blindert benutzt hat, um nach Hause zu gehen. Du lieber Himmel, Rodenstock, ich arbeite, ich versuche, falsche Schlüsse zu begreifen. Was ist los mit dir?«
    »Was soll denn mit mir los sein?«, blaffte er.
    »Ich weiß es nicht. Irgendetwas stimmt mit dir nicht. Du bist sonst nie so muffig. Und du scheinst zwar deinem Freund Kischkewitz stets zu Diensten zu stehen, steigst aber in den Fall gar nicht richtig ein. Verdammt nochmal, du hast keinen Schwanz und keinen Busen, du bist nicht Fisch noch Fleisch, du schwebst über den Wassern, sonderst nur von Zeit zu Zeit Altersweisheiten ab. Das reicht mir nicht. Und deine Frau macht auf mich zuweilen den Eindruck, als hätte sie dich mit der Putzhilfe in der Vorratskammer erwischt.«
    »Na klar, wenn man selbst in der Klemme steckt, sieht man erst mal die Klemmen bei anderen«, gab er zurück.
    »Kommst du wenigstens gleich vorbei?«
    »Nein.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte Nein. Ich schreibe es dir auf.« Ich war mir nun ganz sicher, dass er an irgendeinem geheimen Kummer litt, aber solange er nicht bereit war, mit mir zu reden, wollte ich ihm ausweichen.
    Ich verließ die Kirche und blinzelte zum Abschied dem Kreuz zu. Ich sagte: »Moderne Zeiten, schlimme Zeiten, wenn du verstehst, was ich meine. Nur Idioten um mich rum.«
    Ich setzte mich in den Wagen und bretterte heimwärts, ohne links und rechts zu schauen und ohne in Heyroth auf die Bremse zu gehen. Ich war erfüllt von einer inständigen Hoffnung: dass niemand mein Zuhause besetzt hielt und mich störte.
    Meine Hoffnung erfüllte sich und ich öffnete munter und gut gelaunt eine Dose Kidneybohnen. Das klassische Westernfrühstück, einnehmbar zu allen Tageszeiten. Das geht so: Man gibt Kidneybohnen in eine kleine, stark erhitzte Pfanne, in der ein guter Esslöffel Butter geschmolzen ist. Die Bohnen mit der Butter verrühren, dann die Bohnen mit irgendeinem Gerät quetschen. Es

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