Eifel-Träume
seine Haustür wieder zu.
Der Barockengel kehrte zurück und schüttete einen Eimer Wasser über den Segen.
»Sehen Sie«, sagte sie hell, »so schnell ist das Zeug weg.«
»Um wie viel Uhr war der mit dem Messer im Rücken denn hier?«
»Weiß nicht genau. So nachmittags um fünf, schätze ich.«
»Das könnte passen. Ich danke Ihnen sehr für die Hilfe.«
Ich ließ den Motor an und zog meines Wegs.
Ich beschloss, mir den Gebrauchtwagenhändler in Mayen zu sparen. Niemand kann ermessen und beweisen, wie viel graues Geld auf diesem Markt unterwegs ist. Und wahrscheinlich war es ganz simpel verlaufen: Retterath hatte das Auto entdeckt und wollte es haben. Der Verkäufer steckte das Bargeld ein und interessierte sich in keinster Weise dafür, woher die vielen Scheine stammten. Keine Rechnungsnummer, keine Fragen.
Dann also zu Karlheinz Grotian, 26.800, – Euro wert, Wohnsitz in Eulenbach. Der Mann von der CDU, der als Einziger bereit war, in Toni Burscheids Fußstapfen zu treten.
Und wieder tauchte Annegrets Bild vor mir auf: Hatte ihr Tod überhaupt etwas mit diesen Merkwürdigkeiten zu tun? Na ja, immerhin hatte ihr Tod diese nebeligen Angelegenheiten mehr oder weniger sichtbar gemacht. Also musste ich sie abklären, um am Ende nicht hilflos im Labyrinth dieser Ereignisse zu stehen. Vielleicht führte dieses Stochern im Nebel ja zudem dazu, dass es den Mörder verunsicherte.
Ich hielt an einer Abbiegung der Straße und rief Rodenstock an. »Gustav Mauren war am Tag seines Todes etwa gegen siebzehn Uhr bei Retterath. Der bestreitet das zwar beziehungsweise behauptet sogar, Mauren nicht zu kennen. Aber eine Nachbarin hat Mauren gesehen. Jetzt fahre ich zu Karlheinz Grotian, einem CDU-Mann. Der hat wahrscheinlich von diesem Vulkanaschen-Schmitz mehr als sechsundzwanzigtausend Euro kassiert. Und ich will wissen, wofür. Vorher brauche ich noch ein paar Infos: Wann findet die Wahl des Verbandsbürgermeisters statt?«
»Nächsten Sonntag«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Ich hoffe, du gehst wählen.«
»Bestimmt nicht. Ich gehöre zur Verbandsgemeinde Daun, ich darf deine Favoritin Isabell Kreuter gar nicht wählen. Zwischen mir und Heyroth liegen zweitausend Meter, das sind Welten. Ich brauche Grotians Adresse und seine Telefonnummer. Und während du das raussuchst, kannst du mir mal etwas über deine Isabell Kreuter verklickern. Vor allem über die Verbindung zwischen der Kreuter und dem Toni Burscheid. Ich bitte dich um sämtliche Gerüchte.«
Er lachte leise. »Du willst bluffen, nicht wahr?«
»Genau, Papi.«
»Gut, erst mal die Adresse und die Nummer.« Er diktierte mir alles. Dann holte er hörbar Luft. »Du musst vor allem wissen, dass Jünkersdorf immer in der Hand der CDU war. Seit den ersten demokratischen Wahlen nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich meine nicht, dass das grundsätzlich falsch war, aber diese Atmosphäre der immer gleichen Entscheidungsträger lässt ein Biotop entstehen. Neue Leute kommen nicht nach, weil sie nicht nachkommen dürfen. Das Endstadium ist tiefster Filz, der sich zwischen den immer gleichen Leuten spannt. Und darin eingebunden sind auch die Entscheidungsträger aller Gruppen der Opposition. Auch dieses Mal hat die CDU natürlich einen Kandidaten vorgesehen, der genau in das Schema passt und bei dem man sicher sein kann, dass er dem Schema dient. Aber ganz plötzlich meldete die Isabell ihre Kandidatur an. Sie gehört keiner Partei an, kommt aus der freien Wirtschaft, besitzt und betreibt zusammen mit ihrem Mann eine Firma. Die Folgen dieser Kandidatur waren zunächst nicht wahrnehmbar, weil die CDU und andere konservative Gruppen so taten, als gäbe es diese Kandidatin gar nicht. Das ging natürlich nicht lange gut, zerstörte sich gewissermaßen von selbst. Denn erstens kam diese Kandidatin bei den Leuten gut an und zweitens machten die Konservativen einen Fehler nach dem anderen. Der Hauptfehler war, dass sie sich einigelten. Isabell Kreuter rief die Ortsbürgermeister an und bat, durch die Gemeinden geführt zu werden. Das ist in einer Demokratie eigentlich selbstverständlich, aber die Ortsbürgermeister, beziehungsweise fünf von ihnen, verweigerten der Kandidatin diesen Wunsch. Insgesamt vierzehn Gemeinden bilden die Verbandsgemeinde, also mehr als ein Drittel lehnte die Bitte ab. Isabell besuchte die Gemeinden trotzdem. Nun haben diese fünf Ortsbürgermeister ihren Wählerinnen und Wählern regelrecht gedroht: Wenn ihr diese Frau wählt, treten wir von
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