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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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folgte ihm.
    Die Küche war freundlich und groß, nach der Anzahl der Stühle um den Esstisch herum zu urteilen, aßen hier regelmäßig sechs Menschen.
    »Sie gucken Sport«, erläuterte er. »Das ist ja wirklich spannend, wer unser neuer Bundestrainer wird. Die Guten wollen nicht und die Schlechten wollen alle gefragt sein.«
    »Da haben Sie Recht.« Ich erinnerte mich düster, dass wir gerade eine Europameisterschaft hinter uns gebracht und die Griechen den Pokal gewonnen hatten. Meine Begeisterung für Fußball erschöpft sich in der Frage, ob es auch beim Halma Elfmeter gibt.
    »Der soll fünf Millionen im Jahr kriegen«, sagte er und setzte sich auf einen Stuhl.
    Ich setzte mich ihm gegenüber. »Das hörte ich auch«, log ich und dachte: Es wäre gut, wenn wir gleich beim Geld bleiben könnten. Doch es war noch zu früh.
    »Na gut. Sie wollen also wissen, was ich über Toni Burscheid denke?«
    »Genau, liebend gern.«
    »Er war ein feiner Kerl«, sagte er einfach. »Sicher, da gab es diese bösen Gerüchte …«
    »Welche bösen Gerüchte meinen Sie?«
    »Dass er ein lauer Typ sei und scharf auf Kinder.«
    Grotian punktete auf simple Weise: Er sah mir direkt in die Augen, seine waren braun. Er sprach unaufgeregt und bedächtig und erweckte nicht den Eindruck eines Taktierers. Und so sicher wie das Amen in der Kirche hatte Herbert Schmitz ihn schon angerufen.
    »Und? Was war dran?«
    »Nichts. Wir im Ortsgemeinderat sind alle der festen Überzeugung, dass da nichts dran war. Toni hat sich für diese Gemeinde den Arsch aufgerissen. Entschuldigung, das war wohl etwas deftig.«
    »Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Wie konnte es denn zu dieser unseligen Geschichte mit dem Ehepaar Retterath und der kleinen Sandra kommen? Glauben Sie, dass da irgendetwas stattgefunden hat?«
    »Auf keinen Fall. Ich habe ja auch bei dem Kinderfest mitgemacht. Toni hatte keine zehn Minuten allein für sich. Und schon gar nicht kann er mit der Kleinen ins Haus gegangen sein. Er hat mir gesagt, dass er nicht mal wusste, wie die Kleine aussah, geschweige denn, wie sie hieß. Schließlich waren da rund zweihundertfünfzig Kinder.« Grotian bewegte seinen rechten Arm über der Tischplatte hin und her.
    »Wahrscheinlich hat ihn doch die Hysterie erledigt … Sehen Sie, da wird behauptet, der Toni habe sich Kindern in sexueller Absicht genähert. Es gibt zwar dafür keinen einzigen Beweis, aber das hat sehr an Tonis Selbstbewusstsein genagt. Er hat zu mir gesagt: Wenn das so weitergeht, schmeiße ich den Bürgermeister hin und setze mich nach sonst wo ab.«
    »Das hat er Ihnen gesagt? Nach sonst wo? Wann denn?«
    »Das ist vier Wochen her, schätze ich.«
    »Haben Sie denn etwas gegen diese Hysterie unternommen?«
    »O ja, Herr Baumeister. Da gab es ja diese schlimme Sommernacht bei den Eltern von Annegret. Angeblich hatte Toni die Annegret auf dem Schoß und kriegte einen Ständer. Das wurde unaufhörlich weitererzählt, Annegrets Mutter war da treibend.« Er schüttelte den Kopf, als wollte er demonstrieren, wie unmöglich das alles gelaufen war. »Aber wie man hört, hat der Vater an besagtem Abend neben der Mutter gestanden und nichts gesehen. Na ja, ich sag, was ich gemacht habe. Ich bin zur Annegret, nach der Schule. Ich habe sie direkt gefragt: Hör mal, war da irgendwas Unanständiges bei Toni? Und sie guckt mich an und fragt: Wieso? Was denn? Heute kann man Mädchen, die dreizehn Jahre alt sind, so was ganz normal fragen. Und dann bin ich zu der Mutter und habe der gesagt: Lassen Sie die leichtfertige Rederei sein! Aber die Gerüchte hörten trotzdem nicht auf. Und als dann die Sandra-Geschichte passierte und die Polizei bei Toni auftauchte, hieß es: Na also, die Kripo glaubt auch daran!«
    Ich blickte ihn lange an und er wurde nicht im Geringsten unsicher.
    »Ich habe gehört, dass Clemens Retterath dafür bezahlt worden sein soll, dass er seine Tochter Sandra für dieses furchtbare Spiel benutzte. Tatsächlich weiß ich, dass er sich wenig später ein teures Auto gekauft hat. Und eine neue Küche und eine Urlaubsreise. Nun ist Retterath sicher ein gut bezahlter Mann, aber für diese drei Positionen hat er mehr als fünfundfünfzigtausend Euro über den Tisch geschoben.« Ich beobachtete ihn, er ahnte etwas. »Sie werden mir zustimmen, dass das leicht säuerlich riecht. Hinzu kommt, dass Retterath, als ich ihn vor nicht viel mehr als anderthalb Stunden mit den Vorwürfen konfrontierte, nicht antwortete, sondern mich einfach

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