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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Jahreszeit.«
    »Nahm Annegret auch schon mal ihr Rad mit?«
    Rainer antwortete: »Von der abgelegenen Seite des Busches führt ein Weg rauf zum Stadtforst. Den benutzten die Kinder häufig. Und wenn sie zu Anke oder zu einem anderen Kind nach Hause wollten, dann fuhren sie über den Feldweg nach links.«
    »Elisabeth, du kannst dich wahrscheinlich gar nicht daran erinnern, dass du Annegrets Schultasche in ihr Zimmer getragen und unter das Bett geschoben hast. Kein Mensch macht dir deshalb einen Vorwurf. Aber hast du eine Idee, warum du das getan hast?«
    »Nein, wirklich nicht. Vielleicht weil ich dachte: Gott sei Dank, sie ist heimgekommen. Wahrscheinlich war das irgendwie automatisch.« Ihr längliches Gesicht verzog sich ein wenig in die Breite, sie schloss die Augen.
    »Kann es sein, dass du etwas verstecken wolltest? Einen Gedanken, der dich störte, eine Ahnung, die du nicht mochtest?«
    »Das verstehe ich nicht«, meinte Rainer Darscheid.
    »Entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten versteckte deine Frau Annegrets Tasche. Sie versteckte vielleicht die Ahnung, dass Annegret im Busch war. Und ich frage mich, ob das etwas mit Vorgängen dort oben zu tun hat? Die Kinder waren doch ständig dort …«
    »Jetzt kapiere ich«, sagte er. »Eli, da ist auch noch die Sache mit dem Fernglas, die ich gern von dir erklärt hätte.«
    Ihr Rücken wurde steif, sie saß aufrecht wie ein Zinnsoldat. »Wieso Fernglas?«, fragte sie tonlos.
    Er erklärte: »Kürzlich habe ich in unserem Schlafzimmer auf der Fensterbank ein Fernglas gefunden. Ich wusste gar nicht, dass wir ein Fernglas im Haus haben. Ich wollte dich fragen, wozu du es gebraucht hast, aber ich habe es vergessen. Und später war es dann auch wieder verschwunden.«
    »Das habe ich von meinem Vater«, antwortete Elisabeth tonlos. »Das ist ein altes Ding, er brauchte es nicht mehr.«
    »Was hast du denn damit beobachtet?«, fragte ich.
    »Nichts. Die Wiesen und Felder. Was man halt so guckt.«
    Ihr Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos, nichts verriet ihre Gedanken oder Befürchtungen.
    Rainer Darscheid räusperte sich. »Du hast damit doch sicher den Busch betrachtet. Bestimmt hat das irgendwie mit dem Gerd Salm zu tun. Den hasst du doch wie die Pest.«
    »Gerd Salm ist der Fünfzehnjährige, der mit der kleinen Russin im Gras lag, oder?«
    »Genau der.«
    »Warum hasst du ihn?«, fragte ich Elisabeth.
    »Er ist irgendwie dreckig«, stieß sie hervor. »Ich weiß nicht genau, warum.«
    »Rainer, du hast mal erwähnt, dass du vermutest, dass dieser Gerd Salm in Annegret verliebt war.«
    »Richtig. Er ist hinter ihr her gewesen.«
    »Aber sie wollte den nicht. Sie mochte ihn überhaupt nicht!«, stieß Elisabeth heftig hervor. »Annegret hat mir gesagt, dass sie den nicht ausstehen kann.«
    Einen Moment war es still.
    »Das glaube ich dir nicht«, murmelte Rainer. »Zu mir hat sie mal gesagt, Gerd sähe schon toll aus. Wie ein Sänger von irgendeiner Gruppe, für die sie schwärmte.« Eine leichte Verärgerung klang in seiner Stimme mit. »Der Junge ist ein stinknormaler Fünfzehnjähriger. Vielleicht nicht sanft, vielleicht nicht lieb, aber eigentlich ein guter Typ. Allenfalls manchmal etwas jähzornig. Aber das kommt in dem Alter vor.«
    »Warum ist dieser Junge für dich schmutzig, Elisabeth?«
    »Weil er von meiner Tochter nur das eine wollte!«, antwortete sie aggressiv.
    »Und was ist das eine?«, insistierte ich weiter.
    »Er wollte sie befummeln!«, erklärte sie.
    »Das hat sie dir erzählt?«, fragte ihr Mann.
    »Genau das!«
    »Sie hat dir gesagt, der Gerd will mich befummeln?«, fragte ihr Mann scharf.
    »Ja, sage ich doch.«
    Wieder Schweigen.
    »Das glaube ich dir nicht«, wiederholte er dann leise. »So hat sie nicht geredet.«
    »Also gut, akzeptieren wir mal, dass sie das so gesagt hat. Akzeptieren wir weiter, dass dieser Junge schmutzig ist, weil er deine Tochter befummeln wollte. Was sollte das mit dem Fernglas?« Ich zündete mir die Pfeife an.
    Elisabeth antwortete nicht. Sie griff nach ihrem Glas und trank durstig.
    »An dem Tag, an dem Annegret verschwunden ist, lag da das Fernglas auf der Fensterbank im Schlafzimmer?«, fragte ich.
    »Nein«, behauptete sie.
    »Doch«, sagte ihr Mann. »Natürlich. Das war der Tag, an dem ich dich danach fragen wollte. Jetzt erinnere ich mich wieder ganz genau.«
    Der Regen hatte aufgehört, das Gewittergrummeln kam nur noch aus weiter Ferne.
    »Ich unterstelle, dass du mit dem Fernglas den Busch abgesucht hast.

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