Eifelbaron
betätigte den Wischerhebel.
Röhrend fuhr Fischbach mit seiner Maschine vor ihm vom Parkplatz. Das Hinterrad schlingerte bedenklich, als er auf die Kölner Straße abbog.
Welscher legte den Gang ein. »Blötschkopp«, murmelte er.
DREI
Welscher entschied sich gegen die A 1 und zog es vor, die B 266 über Obergartzem zu nehmen. So vermied er es, ganz Mechernich zu durchqueren. Das dauerte zwar länger, doch ersparte es ihm unangenehme Erinnerungen. Der Dickschädel würde sowieso langsamer fahren müssen und niemals vor ihm ankommen.
Kurz vor Kommern bog er in den Mechernicher Weg ein und ließ seinen Ford gemütlich durch das Wäldchen bis zum Kreisverkehr am Ortseingang Mechernich rollen. Von der Nordspange ging es in den Kastanienweg, rechter Hand ein Friedhof, links Einfamilienhäuser. Barons Haus fand sich ganz am Ende der Straße. Welscher parkte und sah staunend zu dem Betonbunker hinüber, der so gar nicht in die Idylle der funktionalen Familienbehausungen hier passen wollte. Das Haus glich einem riesigen Kubus. Die Front war verglast, auf der ersten Etage zog sich rundherum ein Balkon. Die silbrige Haustür war größer als ein Scheunentor. Das Grundstück wurde von einem zwei Meter hohen schmiedeeisernen Zaun umschlossen. Auf Anhieb entdeckte Welscher drei Kameras, die das Gelände überwachten. Er pfiff leise. Der Bau musste Millionen gekostet haben. Baron schien kein armer Mann gewesen zu sein. Neugierig kniff er die Augen zusammen und versuchte, ins Innere des Hauses zu sehen. Licht war zwar an, doch er konnte niemanden entdecken. Er blickte über die Schulter. Von Fischbach keine Spur. Welscher nahm sein Handy und rief zu Hause an. Es meldete sich nur der Anrufbeantworter. Er wartete die Ansage und den Signalton ab. »Hi, Alex«, sagte er dann, »ich bin in Mechernich. Unglaublich. Hätte nicht gedacht, dass es mich gleich am ersten Tag hierher verschlägt. Warte nachher nicht auf mich. Falls ich doch noch rechtzeitig rauskomme, melde ich mich noch mal.« Er zögerte einen Moment. »Vielleicht fragst du Rainer, ob er meine Eintrittskarte übernehmen will. Er ist ja jetzt wieder allein und kann sicher ein wenig Abwechslung vertragen. Aber lass dich nicht vernaschen!« Er kicherte auf das Band und drückte dann die Verbindung weg.
Bei Rainer musste er sich keine Sorgen machen. Eine intakte Beziehung war für diesen ein Heiligtum, das er nicht antasten würde. Daher war es Welscher auch nicht schwergefallen, Alex den Vorschlag zu unterbreiten. Rainer war ein anständiger Kerl, schade nur, dass er selbst so viel Pech in Sachen Liebe hatte. Gerade erst war er Hals über Kopf aus seiner letzten Beziehung geflüchtet.
Ein Licht tauchte im Rückspiegel auf und kam langsam näher. Fischbach stoppte neben dem Fiesta. Sein Gesicht hatte er mit einem schwarzen Tuch verhüllt. Nur die mit einer Motorradbrille geschützten Augen schauten heraus. Auf seiner schweren Lederjacke klebte eine Schicht gefrorener Schnee.
Welscher drehte das Fenster herunter. Der Motor der Harley röchelte dumpf im Standgas und stieß riesige Wolken aus dem Endrohr aus. »Kalt?«, brüllte er.
Wie in Zeitlupe schaltete Fischbach die Zündung aus, stieg vom Bock und wuchtete die Maschine auf den Seitenständer. Die Schneeflocken schmolzen zischend auf den Zylindern, und der Motor knackte beim Erkalten. Fischbach zog das Tuch unter das Kinn und antwortete: »Auf einer Harley ist dir nie kalt. Da kommt die Wärme von innen, merk dir das für die Zukunft.«
Ohne weiteren Kommentar drehte er sich um und schritt ein wenig steifbeinig zum Zufahrtstor der Villa hinüber.
»Auf einer Harley ist dir nie kalt«, äffte Welscher ihn nach und tippte sich an die Stirn.
Er stieg aus und folgte Fischbach, der bereits die Klingel an der Gegensprechanlage gedrückt hatte. Eine elektronisch verzerrte Stimme meldete sich. »Sie wünschen?«
»Frau Baron?«, fragte Fischbach.
»Ja«, knarzte es aus dem Lautsprecher.
»Kriminalpolizei. Wir müssen Sie dringend sprechen.« Fischbach zog seine Marke aus der Hosentasche und hielt sie vor die Kamera, die neben dem Lautsprecher den Bereich vor dem Zufahrtstor überwachte. Welscher bemerkte, wie steif seine Finger bei dieser Bewegung wirkten. Von wegen innere Wärme, dachte er.
Das Tor teilte sich, die Hälften rollten zur Seite und gaben einen mit weißem Marmorkies bestreuten Weg frei. Welscher hatte im letzten Frühling einen Fünfundzwanzig-Kilo-Sack Marmories für den Pflanztopf seiner
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