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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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Darüber befand sich eine breite Ablage, über der zwei riesige Spiegelschränke hingen. Er konnte sich nicht verkneifen, den linken zuerst zu öffnen. Das Innere zeigte sich aufgeräumt: eine elektrische Zahnbürste, Zahnpasta und einige Dinge zum Enthaaren. Klar, dachte er. Sie wird eine Schminkkommode haben und für die Arzneimittel einen extra Medikamentenschrank. Er selbst bewahrte alles im Bad auf. Sein Schränkchen quoll fast über. Morgens war er froh, wenn er seinen Nassrasierer herausziehen konnte, ohne dass alles andere herausfiel. Jeden Tag dasselbe knifflige Unterfangen.
    Der rechte Schrank kam seinem eigenen ziemlich nahe. Parfüm, Deo, Rasierwasser, Kamm, Ohrenreiniger, Badesalz, Pflaster, eine riesige Aspirinpackung, halb aufgebraucht, daneben weitere Medikamente. Er nahm eine Packung zur Hand. »Dolantin«, las er. Laut Aufschrift auch ein Schmerzmittel. Er stellte die Packung zurück. Ein Sammelsurium der männlichen Bedürfnisse und insgesamt sehr aufschlussreich. Welscher grinste. Ein Mann konzentriert die Dinge an einer Stelle und erspart sich so Wege, dachte er.
    Aus seiner Jackentasche zog er ein Paar Latexhandschuhe und streifte sie über. Die Zahnbürste wanderte in einen verschließbaren Beweismittelbeutel, von denen er immer einige in der Tasche hatte.
     
    Fischbach hatte Welscher verwundert nachgesehen. Zum ersten Mal hatte der Neue Interesse am Fall gezeigt, war die Treppe regelrecht hinaufgestürmt. Sieh an, dachte er, geht doch.
    Er wandte sich wieder an Frau Baron. »Haben Sie jemanden, der sich um Sie kümmern kann? Soll ich jemanden benachrichtigen?«
    Sie schniefte einige Male, streckte dann den Rücken durch. »Ich komme klar. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde eine Freundin bitten, zu mir herüberzukommen.« Sie griff zum Telefon, das auf dem Tisch lag und wählte. »Babs, gut, dass du da bist.« Ihre Stimme klang schrill. »Bruce ist tot.« Sie stützte den Kopf in die freie Hand und schloss die Augen. »Kannst du kommen? … Danke. Bis gleich.« Sie beendete das Gespräch und legte den Hörer zurück. »In einer halben Stunde ist sie hier«, sagte sie. »Sie muss nur noch die Kinder zur Oma fahren.«
    Fischbach nickte zufrieden. »Darf ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen?«
    Welscher kam schweigend die Treppe herunter, hielt kurz den Beutel mit der Zahnbürste in die Höhe und setzte sich.
    »Fragen Sie«, antwortete Frau Baron. Sie legte sich auf das Sofa und streckte die Beine aus. »Aber ich hoffe, es dauert nicht zu lange. Ehrlich gesagt bin ich sehr erschöpft.«
    »Sicher.« Fischbach gab sich verständnisvoll. »Wann haben Sie Ihren Mann zum letzten Mal gesehen?«
    »Wir haben gestern zusammen das Firmenjubiläum gefeiert. Mit der ganzen Belegschaft. Bruce hielt kurz nach Mitternacht eine Ansprache.« Sie hielt inne, zögerte. »Danach verließ er die Feier. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.«
    Fischbach stutzte. »Er ging ohne Sie?«
    Sie seufzte. »Also gut, Sie werden es sowieso erfahren. Bruce hat allen mitgeteilt, dass er insolvent ist und die Firma ab sofort die Produktion einstellt.«
    Das musste Fischbach erst mal einige Sekunden sacken lassen. Er beugte sich vor. »Verstehe ich Sie richtig? Er hat mit der Belegschaft gefeiert, und als alle guter Stimmung waren, hat er sie gefeuert?«
    Frau Baron sah ihn aus halb geöffneten Augen an. »Gefeuert, was für ein Quatsch.« Sie stieß verächtlich Luft aus. »Er hat niemanden gefeuert. Der Betrieb ist pleite, da müssen die Mitarbeiter gehen, es gibt keine Wahl. Er hat gefeiert, um zumindest ein letztes Mal in die glücklichen Gesichter seiner Mitarbeiter zu blicken.«
    Welscher lachte humorlos. »Skurril.«
    »Dem kann ich nur zustimmen«, sagte Fischbach. Selbst wenn er Baron eine positive Absicht unterstellte, musste ihm doch klar gewesen sein, dass der Kater nach dieser Offenbarung umso schlimmer werden würde. Er hätte zumindest noch einen Tag warten können. So sprang man einfach nicht mit Menschen um. »Da gab es doch bestimmt eine ganze Menge böses Blut, nachdem Ihr Mann verschwunden war.«
    »Ein paar Flüche, ja«, gab sie zu.
    »Nur Flüche? Oder auch Morddrohungen?«
    Jetzt lächelte Frau Baron milde. »Was man in einer solchen Situation schon mal so dahersagt. Das sollten Sie nicht ernst nehmen.«
    »Solange ich den Fall nicht aufgeklärt habe«, gab Fischbach zurück, »nehme ich alles ernst. Haben Sie mitbekommen, ob jemand eine konkrete Morddrohung ausgestoßen

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