Eifelbaron
schluckte hart, ließ sich aufs Sofa fallen und stützte den Kopf in die Hände. »Wasser«, murmelte sie matt. Sie stöhnte.
Welscher ging in die Küche. Auch hier zog sich der Stil des Wohnzimmers gnadenlos durch. In der Mitte ein riesiger Herd mit unterschiedlichen Kochplatten, Gas, Elektro und Induktion, der Boden schwarz. Weiße Hochglanzschränke. In einem davon fand Welscher ein Glas und füllte es an der Granitspüle mit Leitungswasser. Als er zurückkam, saß Frau Baron immer noch auf dem Sofa. Er drückte ihr das Glas in die Hand und achtete darauf, dass sie es richtig festhielt.
Sie nahm einen gierigen Schluck und rülpste unschicklich.
»Es musste ja mal passieren«, wisperte sie dann und starrte die Tischoberfläche an.
Fischbach wechselte einen Blick mit Welscher, der so viel bedeutete wie: Jetzt wird es interessant. Welscher setzte sich wieder auf einen der Sessel, Fischbach blieb stehen. »Hatte Ihr Mann Feinde?«, fragte er.
Sie lachte bitter. »So viele wie Kühe in der Eifel. Er war ein knallharter Geschäftsmann, nahm keine Rücksicht, auf niemanden. Da bleibt das nicht aus.« Sie leerte das Wasserglas.
»Möchten Sie noch mehr?«, fragte Welscher.
Sie stellte das Glas ab und lächelte angestrengt. »Cognac wäre mir lieber. Aber ich denke, damit warte ich besser noch.« Sie wandte sich wieder an Fischbach. »Kann ich ihn sehen?«
Welscher horchte auf. Was für eine seltsame Frage zu diesem Zeitpunkt. Er hätte erwartet, dass sie nach der genauen Todesursache fragen würde oder nach dem Tatort. Vielleicht sogar, ob sie schon Spuren hätten. Argwöhnisch betrachtete er sie. Wusste sie mehr über den Tod ihres Mannes, als sie zugab? Spielte sie ihnen etwas vor?
»Nun, ich würde an Ihrer Stelle davon Abstand nehmen«, sagte Fischbach ruhig und spielte mit dem Lederfransen, der am Reißverschluss seiner Jacke hing. »Ihr Mann wurde leider arg zugerichtet. Eine Schusswunde im Gesicht, Sie verstehen?«
Tränen quollen aus ihren Augen und lösten die Wimperntusche auf. Zwei schwarze Streifen liefen ihr über die Wangen. »Wer macht so etwas?«, hauchte sie. Fröstelnd schlug sie die Arme um den Oberkörper und wiegte sich vor und zurück. »Was für Menschen sind das?«
»Wir werden es herausbekommen, da bin ich sicher«, sagte Fischbach.
Welscher verdrehte unbemerkt die Augen. Was für eine Plattitüde. Warum nicht gleich richtig kitschig, zum Beispiel auf die englische Art: Wir werden den Mörder finden, das verspreche ich Ihnen, Lady. Da musste der alte Eifelsheriff noch einiges lernen.
»Vorerst könnten Sie uns aber bei der Identifizierung Ihres Mannes helfen«, sagte Fischbach freundlich.
Sie sah überrascht auf. Die schwarzen Streifen hatten ihre Mundwinkel erreicht. »Ich denke, ich soll ihn nicht sehen.«
»Ja, dabei bleibt es auch«, versicherte Fischbach rasch. »Aber es ist so: Ihr Mann hatte seine Papiere dabei. Wir sind also relativ sicher, dass er es ist. Trotzdem ist ein DNA-Abgleich notwendig. Fingerabdrücke nehmen wir auch, doppelt hält besser.«
Sie wurde kreidebleich. Kurz fürchtete Welscher, dass sie ohnmächtig auf das Sofa sinken würde.
»DNA? Fingerabdrücke? Ist sein Gesicht so sehr …« Sie brach ab und schlug die Hand vor den Mund. Ihre Augen weiteten sich entsetzt.
»Ja. Leider, ja«, bestätigte Fischbach. »Wenn Sie uns etwas geben könnten, womit wir seine DNA bestimmen können? Seine Zahnbürste würde schon reichen.«
Welscher bemerkte anerkennend, dass Fischbach viel Mitgefühl in seine Stimme legte. Der harte Motorradrocker hatte offensichtlich auch eine weiche Seite.
Frau Baron schniefte. Hilfesuchend sah sie sich um.
Welscher zog ein unbenutztes Papiertaschentuch aus seiner Jackentasche und reichte es ihr.
Sie schnäuzte sich und nickte gleichzeitig. »Im Bad. Ich hole sie Ihnen.«
Welscher fiel plötzlich ein, was der Grund für die Disharmonie im Raum sein könnte. Rasch stemmte er sich aus dem Sessel. »Sie sind sicher noch zu wackelig auf den Beinen. Ich mach das schon.«
Frau Baron schenkte ihm ein dankbares Lächeln. »Die Treppe hoch, zweite Tür links. Das rechte Becken, am Fenster.«
Welscher nickte und ging nach oben.
Er fand das Bad auf Anhieb und war etwas überrascht vom toskanischen Stil. Die braunroten Farbtöne wärmten ihn förmlich auf. Rechts, im Boden eingelassen, befand sich ein Whirlpool, links daneben eine Toilette, dazu ein Bidet. Links davon zwei Waschbecken mit verschnörkelten goldfarbenen Wasserhähnen.
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