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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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die Hand. »Ich arbeite hier. Ich bin Referendarin.«
    »So, so. Wolltest du nicht immer Tierärztin werden?«
    Sie lachte wieder.
    Keinen Tag älter, dachte Welscher. Nur ein paar Lachfältchen in den Augenwinkeln.
    »Und Greenpeace-Aktivistin, ich weiß.« Sie sah auf die Uhr. »Du, ich muss aber jetzt. Ich muss die Vertretung für Frau Reinerus übernehmen. Kannst du dich noch an die erinnern?«
    Welscher schluckte trocken. »Klar. Ich habe gedacht, die wäre inzwischen gestorben. Die war doch damals schon weit über siebzig, oder?« Wenn Frau Reinerus krank war und Kerstin die Vertretung übernahm … Welscher stöhnte innerlich auf, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete.
    »Ach du.« Wieder ein Lachen. »Sie wird nächstes Jahr im Juni sechzig.« Sie sah sich um und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich habe es selbst kaum glauben wollen.«
    Jetzt lachte auch Welscher. Seine Nervosität fiel ein wenig von ihm ab.
    »Wie wäre es, wenn wir uns mal treffen?«, schlug sie vor. »Auf ein Bier. Die gute alte Zeit aufleben lassen.« Sie zwinkerte. »Von dir hört man ja Dinge …«
    Verdrießlich rümpfte er die Nase. »Kann ich mir vorstellen.«
    »Sei doch nicht so verbittert. Es gab schließlich auch schöne Zeiten. Was ist jetzt? Setzen wir uns zusammen?«
    Welscher gab sich einen Ruck. Vielleicht war er ihr das sogar schuldig. »Okay.« Er blickte auf die Uhr. »Wir können das gleich noch in aller Ruhe besprechen. Ich bin nämlich mit Frau Reinerus verabredet.«
    Sie riss die Augen auf. »Dann bist du der Polizist, der der Klasse ein wenig was aus seinem Alltag erzählen will?«
    »Kommissar«, korrigierte Welscher. »Wie sind die denn so drauf, ich meine, deine Jungs und Mädels?«
    Sie legte ihm eine Hand auf den Oberarm, senkte ein wenig das Kinn und sagte mit gespielt ernster Stimme. »Wie wir damals.«
    Welscher holte tief Luft. Das versprach nichts Gutes.
    * * *
     
    Fischbach fragte im Schulsekretariat nach, wo Welscher zu finden sei. Er freute sich über die Gelegenheit, dem Jungspund bei seinem Vortrag noch einige Minuten über die Schulter blicken zu können. Kurz darauf öffnete er die Tür zum Klassenzimmer.
    Welscher saß entspannt auf dem Pult, wie Fischbach überrascht feststellte. Obwohl er so leise wie möglich ins Klassenzimmer geschlüpft war, erntete er die Aufmerksamkeit der Schüler, was auch Welscher nicht verborgen blieb.
    »Das ist mein Kollege, Hauptkommissar Fischbach«, stellte er ihn vor. »Ich denke, er kommt gerade recht.«
    Eine gut aussehende Frau erhob sich in der letzten Reihe, kam nach vorne und begrüßte ihn. »Das finde ich aber ausgezeichnet, dass die Kreispolizeibehörde gleich zwei Kommissare für uns abstellt.« Sie lächelte und führte ihn zum Pult. Dann machte sie eine aufmunternde Geste und nahm ihren Platz in der letzten Reihe wieder ein.
    Erwartungsvoll sahen die Schüler Fischbach an, Jugendliche im Alter von vierzehn und fünfzehn Jahren. Die Jungs groß, die Mädchen ebenfalls. Sie lümmelten sich auf ihren Stühlen und feixten frech, einige tuschelten.
    »Ihr hattet doch vorhin noch Fragen«, sagte Welscher, »die ich mangels Erfahrung nicht beantworten konnte. Mein Kollege ist ein alter Hase und mit allen Wassern gewaschen. Ein harter Kerl.« Er strich mit einer eleganten Bewegung über Fischbachs Lederjacke. »Dann mal Feuer frei, wie man so sagt«, raunte er Fischbach zu, ließ ihn unvermittelt stehen und setzte sich zur Lehrerin.
    »Haben Sie schon mal im Puff ermittelt?«, wollte ein Junge in der zweiten Reihe wissen. Die Klasse grölte auf.
    »Dort kriegt man doch bestimmt so Dienste angeboten, damit man ein Auge zudrückt«, mutmaßte ein übergewichtiger Möchtegernrapper in der vorletzten Reihe.
    »Hören Sie nicht auf die«, rief ein aufgebrezeltes Mädchen mit rot gefärbten Haaren dazwischen, das rechts in der ersten Reihe am Fenster saß. Sie beugte sich über den Tisch und drückte auffällig ihre Brüste nach oben. »Die sind einfach nur doof.« Sie blinzelte kokett.
    Fischbach kämpfte dagegen an, rot zu werden. Die Frage an sich war ihm nicht peinlich, da hatte er schon ganz andere Dinge durchgestanden. Doch hier vor einer Meute Jugendlicher Rede und Antwort zu stehen, die nur darauf lauerten, ihn in eine prekäre Lage zu manövrieren, war eine Sache, der er sich nicht gewachsen fühlte. Hastig überlegte er, wie er sich verhalten sollte. Streng und somit als Spießer gelten? Auf jung machen und sich anbiedern, obwohl er tatsächlich keine

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