Eifelbaron
er skeptisch nach.
Bachem wich seinem Blick aus. Mit zittriger Hand tätschelte er seinem Hund den Kopf. »Ist doch nicht verboten, oder?«
»Nein, sicher nicht«, bestätigte Fischbach. Er sah sich um. Zeitschriften lagen herum, Staub überzog den Wohnzimmerschrank. Ein Teller mit Nudelresten stand auf dem Tisch. Eine alte Bierflasche war auf dem Fensterbrett vergessen worden. Plötzlich ahnte er, was hier los war. Er kannte das Krankheitsbild von seinem Vater, hatte sich lange damit auseinandergesetzt. »Wie alt sind Sie, Herr Bachem?«
»Nächsten Monat werde ich vierundsechzig.«
»Herr Bachem.« Fischbach legte so viel Verständnis in seine Stimme, wie er aufbringen konnte. »Hand aufs Herz: Sie leiden an Demenz. Liege ich richtig?«
Bachems Gesicht entgleiste. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Fischbach an, sein Kiefer bebte. »Bitte was? Nein … Ich … wie kommen Sie nur auf …«
»Ich werde es niemandem verraten. Haben Sie jemanden, den Sie um Hilfe bitten können?«
Es dauerte noch einige Sekunden, bis Bachem die Kontrolle verlor und wieder zu schluchzen anfing. »Mein Arzt sagt …« Er brach ab und sah Fischbach mit flehendem Blick an. »Bitte sagen Sie es nicht meinem Dienstherrn. Wenn der es erfährt, muss ich in den Vorruhestand. Aber ich will nicht, verstehen Sie? Ich will nicht. Ich liebe meine Aufgabe.« Er sackte in sich zusammen. Sein Schäferhund legte den Kopf auf seinen Oberschenkel.
Fischbach hatte nicht die Absicht, Bachem zu verraten. Er war sich sicher, dass der Mann das eine Jahr bis zur Pensionierung auch noch durchhalten würde. Er befürchtete jedoch, dass sich ein Mörder vielleicht den Umstand, dass Bachem immer zur gleichen Uhrzeit den Wald durchquerte, zunutze gemacht haben könnte. Möglicherweise sollte Baron bereits am frühen Morgen entdeckt werden und nicht in einer unwegsamen Waldecke bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verwesen. War es ein Zeichen? So etwas wie ein Modus Operandi? Hier, seht her, ich lege korrupte Geschäftspartner um, oder so etwas in dieser Art?
Bachem beugte sich vor und umklammerte Fischbachs Unterarm. Seine Augen waren rot unterlaufen. »Werden Sie …« Er brach ab und blickte ihn flehentlich an.
Fischbach löste sanft den Griff. »Wer kann Ihnen zur Seite stehen? Sie müssen jemanden einweihen, dem Sie vertrauen.«
Bachem runzelte die Stirn. »Meine Schwester?«
Fischbach stand auf und schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Rufen Sie sie an. Und gehen Sie nur weiter Ihre Runde. Aber ich warne Sie: Wenn Sie sich nicht um Hilfe bemühen, dann werde ich …«
»Verstanden«, unterbrach ihn Bachem. Er lächelte erleichtert und griff zum Telefon.
Fischbach nickte zum Abschied und verließ das Wohnzimmer.
* * *
Vor dem Haupteingang traf Welscher auf Büscheler. Der kreidebleiche Kollege hielt eine glimmende Kippe in der Hand und fror ganz offensichtlich wie ein Schneider. »Wenn du nichts zu tun hast, kannst du uns ja helfen«, sagte er und zog am Filter.
»Ich habe einen Sonderauftrag«, bremste ihn Welscher, der nichts lieber gemacht hätte, als der lebenden Leiche behilflich zu sein. »Ich muss nach Mechernich.«
Büschelers Augen blitzten amüsiert. »Zum Gymnasium?«
»Woher weißt du davon?«
»Der Chef sucht schon seit Wochen jemanden, der das übernimmt.«
Welscher spürte, wie die Wut in seinem Hals aufstieg. So war das also! Der Alte hatte niemanden gefunden, der die Drecksarbeit erledigen wollte. Von wegen erkrankte Kollegin. Er atmete tief durch. Wie auch immer, er musste den Job jetzt ausführen, ob er wollte oder nicht. »Wie kommt ihr denn voran?«, fragte er, um sich abzulenken.
Büscheler schniefte. »Auf der Jubiläumsfeier waren einhundertzwanzig Gäste, dreiunddreißig haben wir bereits vernommen. Wir haben Bianca gerade unsere Notizen vorbeigebracht, damit sie alles erfassen kann. Gleich geht es weiter.« Er drückte seinen Zigarettenstummel im Sand des Aschenbechers aus. »Bisher war nichts dabei, was uns weiterhelfen könnte. Bianca will noch ein kleines Programm schreiben. Wenn ich es richtig verstanden habe, kann sie damit die ganze Namensliste auf einmal mit den Informationen, die im Internet zu jeder Position zu finden sind, abgleichen. Sie meint, es könnte uns vielleicht helfen.«
Welscher hob anerkennend die Augenbrauen. »So was kann die?«
»Sieht so aus.«
Die Tür schwang auf, und Andrea Lindenlaub kam aus dem Gebäude. »Ah, Verstärkung«, rief sie, als sie Welscher sah. »Sollen wir
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