Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
Vom Netzwerk:
Ahnung hatte, was die Kids heute dachten? Oder vielleicht einfach so sein, wie er war und damit Gefahr laufen, als Langweiler gebrandmarkt zu werden? Er sandte Welscher einen bitterbö- sen Blick und legte so viel »Das zahl ich dir heim« hinein, wie er konnte.
    Der schmunzelte nur und zuckte kaum merklich mit den Schultern.
    »Äh …« Er räusperte sich und blickte unauffällig auf seine Armbanduhr. Wenn ihn nicht alles täuschte, war die Schulstunde bereits in fünf Minuten zu Ende. Ein guter Monolog und vorbei wäre das Ganze. »Also, ja, allerdings«, setzte er an und dachte: Bitte lass es fünf kurze Minuten sein.
    * * *
     
    Bei Welscher hatte sich ein Dauergrinsen in die Gesichtsmuskeln gegraben. Nachdem er kurz die Ergebnisse der Obduktion für Fischbach zusammengefasst hatte, waren sie von Mechernich nach Euskirchen gefahren. Er grinste sogar noch, als sie das Gelände der »Alten Tuchfabrik« betraten, um deren Besitzer Karlo Nettersheim aufzusuchen.
    »Isses nu jot?«, raunzte Fischbach ärgerlich. »Schau dich lieber mal um, was die aus dem alten Gemäuer hier gezaubert haben.«
    Welscher kämpfte mit seinen Lachmuskeln. »Schon schick«, gab er zu und folgte Fischbach in eine Gasse. Kunstwerke säumten das Gelände, hergestellt aus Stahl und alten Maschinenteilen, eine Reihe von Schraubstöcken links und rechts an der Wand einer Unterführung, wunderschöne Büros mit großen Fenstern, hinter denen Angestellte im warmen Licht arbeiteten.
    »Seit ‘98 in Privatbesitz«, erklärte Fischbach, bog rechts ab und riss eine Tür auf, über der ein Schild mit der Aufschrift »Feuerhalle« hing.
    Sie betraten eine geräumige Halle. Gemütliche Sitzecken luden zum Verweilen ein. An der weißen Decke liefen Versorgungsrohre entlang, links dominierte eine großzügige Bar den Raum. Alte hölzerne Schubkarren dienten als Dekoration, konnten zugleich aber auch als Anrichten für Buffets genutzt werden. Ein langer Tisch in der Mitte des Raums wurde gerade von einer jungen Frau eingedeckt. Sie sah dabei ab und zu auf und musterte sie neugierig.
    Fischbach ging auf sie zu. »Ist der Chef da?«
    Die Frau hielt mitten in der Bewegung inne und sah ihn fragend an. Welscher fiel auf, dass sie asiatischer Abstammung war.
    »Vielleicht spricht sie kein Deutsch.«
    »Verstehe«, murmelte Fischbach, machte ein ernstes Gesicht und salutierte übertrieben. »Chef«, sagte er, »Chief, Master, Boss, Commandante.«
    Die Frau zog die Augenbrauen zusammen.
    »Sieht nicht so aus, als ob sie dich verstanden hat«, sagte Welscher.
    Fischbach seufzte, wiederholte dann seine Geste. »Chief.«
    »General«, warf Welscher ein. »Prokurist.«
    »Boss …«
    Hinter ihnen ertönte ein dröhnendes Lachen. Sie wirbelten herum. Ein Mann stand vor ihnen und hielt sich seinen feisten Bauch.
    Welscher riss erstaunt die Augen auf. Der Mann erinnerte ihn an Don Vito Corleone, den Paten aus Francis Ford Coppolas berühmtem Film. Er trug einen dunklen Anzug und Lackschuhe. Seine schwarz gefärbten Haare klebten nach hinten gegelt am Kopf. Ein protziger goldener Siegelring zierte seinen rechten Ringfinger.
    »Karlo Nettersheim«, stellte der Pate sich vor und gab ihm die Hand. An Fischbach gewandt sagte er: »Wir kennen uns ja.«
    »Der läuft immer so rum«, raunte Fischbach Welscher zu.
    »Ich werde es ihm nicht ausreden«, flüsterte Welscher zurück.
    Nettersheim deutete auf die Frau. »Sie ist taubstumm«, erklärte er. »Dort, wo sie herkommt, hat sie nie Lippenlesen gelernt.«
    »Oh«, stieß Fischbach aus und wandte sich der Frau zu. »Entschuldigen Sie bitte. Ich konnte …« Er brach ab.
    Welscher lachte. »Ah, dem Herrn Kollegen ist ein Licht aufgegangen, wie unsinnig seine Entschuldigung unter diesen Umständen ist.«
    Die Frau schien solche Situationen gewöhnt zu sein, denn sie zuckte nur mit den Schultern und deckte weiter den Tisch.
    »Gehen wir in mein Büro«, schlug Nettersheim vor, drehte sich auf dem Absatz um und spazierte, ohne ihre Zustimmung abzuwarten, davon.
    Welscher und Fischbach hatten Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Sie verließen die Halle, durchquerten einen schmalen Flur mit hoher Decke, bogen einmal links ab und gingen eine Treppe hinauf, bevor sie einen riesigen Raum betraten. Unverputzte Wände, die Decke schwebte vier Meter über ihnen. Links ließen riesige Glasscheiben den Blick über die Dächer der alten Fabrik frei. Ein aufgeräumter Schreibtisch in der Größe einer Tischtennisplatte stand davor. Ein

Weitere Kostenlose Bücher