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Eifelbaron

Eifelbaron

Titel: Eifelbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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verliebt hatte. Auf der anderen Seite bedeutete es auch, dass er ihr vermutlich irgendwann das Herz brechen musste. Und das war nie angenehm.
    * * *
     
    Fischbach schloss die Tür hinter sich.
    Seine Mutter kramte in ihrer Handtasche und zog ein Taschentuch hervor. Sie hob ihre Brille an und schnäuzte sich heftig. Es hörte sich an wie eine verstimmte Trompete.
    »Ist ja direkt ein Wunder, dass du mich noch erkannt hast«, sagte sie vorwurfsvoll, um dann trotzig hinterherzuschieben: »Du musst dich aber nicht um mich kümmern. Ich komme schon allein zurecht, muss ich ja sonst auch immer.«
    Fischbach zwang sich, nicht loszupoltern. Es war doch immer das Gleiche mit seiner Mutter. Immerzu warf sie ihm vor, sich nicht genug um sie zu kümmern. Seit seiner Kindheit war das so. Dabei hatte er damals immer neben ihr auf dem Sofa gesessen, wenn Frank Elstner am Samstagabend »Wetten dass« moderierte, statt mit seinen Kumpels in dieser Zeit die Schützenfeste unsicher zu machen. Seiner Tochter hatte er als zweiten Vornamen den Namen ihrer Großmutter gegeben, dabei war Lina nicht gerade das, was er sich unter einem schönen Namen vorstellte. Als sein Vater vor fünf Jahren gestorben war, hatte er sich um alles gekümmert, die Beerdigung, den Schriftverkehr, die Auflösung des Haushaltes, bis hin zur Anmietung der neuen Wohnung im Altenheim ganz in ihrer Nähe. Doch seiner Mutter war das nicht genug. Noch heute warf sie ihm vor, keinen Platz für sie im Haus zu haben. Dabei konnte sie jederzeit zu ihnen rüberkommen. Vom Pflegeheim in der Kölner Straße bis zu ihnen waren es nur ein paar Meter. Seine Mutter war mit ihren zweiundsiebzig Jahren noch rüstig. Und Sigrid machte es überhaupt nichts aus, ihrer Schwiegermutter ab und an einen Kaffee zu kochen.
    Fischbach schluckte seinen Ärger hinunter, zog sich den Hocker heran, der unter einem einfachen Stahltisch stand, und setzte sich. »Lenk nicht ab«, forderte er streng, »was hast du ausgefressen?«
    Sie wich seinem Blick aus und schniefte. »Nichts habe ich ausgefressen. Ich bin nur Auto gefahren und dabei von der Straße abgekommen.« Sie schob den Unterkiefer vor und blickte Fischbach trotzig an. »Niemand ist zu Schaden gekommen. Plötzlich aber waren deine Freunde da. Ganz ungehobelte Leute, ganz ungehobelte.«
    Fischbach kannte seine Mutter lange genug, um zu wissen, dass er hier, wenn überhaupt, nur die halbe Wahrheit hörte. Er nahm den Hörer des Telefons, das auf dem Tisch stand, und rief Gisela Brockmeyer an. Als sie sich meldete, fragte er: »Was ist vorgefallen?«
    »Deine Mutter hat mit ihrem Wagen auf der Kölner Straße drei Jugendliche gejagt. Die Jungs sind in einen kleinen Supermarkt geflüchtet. Deine Mutter ließ aber nicht locker, wartete draußen mit ihrem Smart. Die Kiddies sahen keine andere Möglichkeit, als die Polizei zu benachrichtigen.«
    »Kam jemand zu Schaden?«
    »Gott sei Dank nicht, sonst hätten die Kollegen die Sache ja auch nicht unter den Tisch fallen lassen können.«
    Fischbach bedankte sich und legte auf. »Jetzt aber mal raus mit der Sprache«, sagte er barsch. »Wieso jagst du Jugendliche durch Kommern?«
    Sie riss die Augen auf. »Ach so ist das! Natürlich bin sofort wieder ich an allem schuld, nicht wahr? Ich jage unschuldige Kinder«, höhnte sie. »Ja, ja, sag doch einfach, was du ohnehin denkst: Ich bin ja senil, weiß nicht mehr, was ich mache.«
    »Du lenkst schon wieder ab.« Fischbach rieb sich entnervt den Nasenrücken. »Fangen wir anders an. Was haben dir die Jugendlichen denn getan, dass sie dich so verärgert haben?«
    Seine Mutter beruhigte sich ein wenig. »Sie haben unter meinem Fenster gestanden und ihre grässliche Musik gehört. Mit ihren Krachmachern. Es plärrte schrecklich, die sollte man verbieten.« Sie bekräftigte ihren Vorschlag mit einem heftigen Kopfnicken.
    Fischbach ging nicht darauf ein. Mit Krachmachern bezeichnete seine Mutter Handys, das Internet war für sie Kram und das private Fernsehen immer schon Humbug. »Warum hast du denen nicht einfach gesagt, sie sollen die Handys leiser stellen oder einfach weitergehen?«
    Wieder schob sie ihren Unterkiefer trotzig vor. »Habe ich ja. Aber diese Halbstarken haben nur gelacht und mich eine alte Eule geschimpft.« Seit dem Film mit Horst Buchholz waren bei seiner Mutter alle Jugendlichen Halbstarke.
    Beim Stichwort Film kam Fischbach eine andere Assoziation. »Und da hast du den Smart genommen und ein wenig ›Christine‹ gespielt.« Trotz

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