Eifelheiler (German Edition)
bezeichnen würde, schwarze
Kunst, mit dem Teufel im Bunde, stimmt’s?«
»In die Richtung, ja«, bestätigte Welscher.
»Dann kann ich Sie aufklären: Dem ist nicht so.« Hartmann hielt
einen Moment inne und verschnaufte. »Wir schaden ja niemandem, ganz im
Gegenteil. Und der Glaube an Gott spielt eine zentrale Rolle. Die Fähigkeit, zu
heilen, wird uns quasi von Gott verliehen. Dagegen kann keine Kirche der Welt
etwas haben.«
»Zumal Jesus dann sozusagen der erste Heiler war«, resümierte
Welscher.
Hartmann lachte. »Wenn Sie es so sehen wollen. Passt schon
irgendwie.« Er fing wieder an, Zöpfe zu ziehen.
Fasziniert sah Fischbach zu. Die Nervenzellen auf seiner Zunge
beruhigten sich langsam.
»Gibt es unter Heilern eigentlich so etwas wie Konkurrenz?«, fragte
Welscher.
»Nein … zumindest nicht zwischen Vrönn und mir. Wir schätzten uns.«
Fischbach nahm einen Schluck Milch in den Mund und ließ ihn seine
Mundhöhle kühlen. Hartmanns Stimme war kräftig und selbstsicher. Entweder war
er ehrlich oder ein sehr guter Lügner.
Welscher stieß sich von der Arbeitsplatte ab und stellte sich neben
Hartmann. »Ihre Antwort war nicht eindeutig. Gibt es denn eventuell andere
Heiler, mit denen Veronika Kramann im Clinch lag?«
Stoisch presste Hartmann die Lippen aufeinander und zog zwei Zöpfe,
die er über den Haken warf.
»Herr Hartmann, bitte«, drängte Welscher. »Es ist jetzt nicht der
Zeitpunkt für falsche Verbundenheit.«
Hartmann blickte Welscher direkt an. »Die weiße Hexe«, sagte er
zögernd.
Fischbach verschluckte sich und hustete. Verdammt! Wo waren sie hier
reingeraten? Heiler, Hellseher und eine weiße Hexe. Als Jugendlicher hatte er
denHerrn der Ringe verschlungen. Wenn das so
weiterging, würde es ihn nicht wundern, in Kürze einem Hobbit zu begegnen.
»Eigentlich heißt sie Sylvia Neuroth. Sie praktiziert in
Kronenburgerhütte«, berichtete Hartmann, »in der Seeuferstraße, das letzte Haus
vor dem Damm. Dahinter werden am Hang die neuen Wochenendhäuser gebaut. Zuerst
sollte dort ein neues Ferienhotel entstehen. Gab ein wenig Unmut bei den
Einwohnern. Sie haben das bestimmt selbst in der Presse verfolgt. Aber ich
schweife ab. Also, Vrönn war sehr verärgert über Sylvia Neuroth.«
»War etwas Konkretes vorgefallen?«
»Vor zwei Monaten kam ein Mann aus Kronenburgerhütte zu Vrönn und
suchte bei ihr Hilfe. Doch es war bereits zu spät. Sie konnte nur noch seine
Schmerzen besprechen. Wäre er eher gekommen, hätte sie ihn sicher zum Arzt
geschickt.« Hartmann seufzte, nahm die Masse vom Haken und klatschte sie auf
die Arbeitsplatte.
Welscher folgte ihm. »Der Mann ist also tot.«
»Die Schulmedizin hätte vielleicht helfen können. Doch der Narr hat
sich von der weißen Hexe verzaubern lassen. Sie versprach ihm übersinnliche
Hilfe. Scharlatanerie«, rief Hartmann ärgerlich aus und schlug mit der flachen
Hand auf die Bonbonmasse. Eine Zornesader pochte in seiner Schläfe. »Firlefanz,
nichts als Humbug.«
Fischbach schreckte zusammen. Mit dem Ausbruch hatte er nicht
gerechnet.
»Es besteht für Sie also ein Unterschied zwischen Ihrer
Heiltätigkeit und der Magie der Hexe?«, wollte Welscher wissen.
»Ja sicher!« Hartmann schnaufte heftig. »Unsere Heilsprüche
funktionieren, da kann ich Ihnen unzählige Beispiele nennen, quer durch die
Eifel. Außerdem arbeiten wir mit der Kirche und der Schulmedizin im Einklang.
Wir predigen keine allein seligmachende Lehre.«
Welscher gab Hartmann Gelegenheit, sich wieder zu beruhigen. Es
funktionierte. Die Zornesader verschwand, und er widmete sich wieder seiner
Bonbonmasse.
»Das werden klassisch einfarbige Pfefferminzbonbons«, referierte er
und rollte die Masse, bis sie einem Baumstamm glich. »In diesem Stadium kann
man aber auch unterschiedliche Farben zusammenbringen und bunte herstellen.
Auch Muster kann man so einarbeiten.« Die Begeisterung für seine Tätigkeit war
unschwer zu überhören. Wesentlich gelassener erzählte er weiter: »Vrönn hat die
weiße Hexe nach dem Besuch des Mannes zur Rede gestellt. Doch die hat auf taub
geschaltet und sie ausgelacht. Daraufhin setzte sich Vrönn mit der
Lokalredaktion des Stadtanzeigers in Verbindung. Die berichteten darüber. Vor
zwei Wochen stand dann mit Pomp und Getöse plötzlich die weiße Hexe vor Vrönns
Haus und forderte einen Zweikampf, Hexe gegen Heilerin. Absolut lächerlich.
Vrönn hat nicht darauf reagiert, sondern die Polizei gerufen.«
Dann haben wir darüber was in
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