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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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bin satt.«
    Wissend lächelte Fischbach.
    »Was ist?«
    »Nachspeise kommt auch noch. Und ein Digestif.«
    Welscher stöhnte auf. »Ist ja der reinste Tempel der Völlerei hier.
Ein Schlaraffenland in der Eifel.«
    »Übertreib mal nicht«, bremste Fischbach ihn. Er kaute sein letztes
Stück Schnitzel und musterte Welschers Teller. »Du bist wirklich fertig?«
    Welscher riss die Augen auf. »Sag nicht, du willst jetzt auch noch …«
    »Wenn du doch satt bist«, fiel ihm Fischbach ins Wort und griff nach
Welschers Krüstchen.
    Ab und zu kam er einfach nicht gegen seine Fressattacken an.

NEUN
    »Die ist ja ganz nass.« Hilde Bartels deutete mit ihrem
Gehstock auf Fischbachs Hose.
    Nach dem Essen in der »Schlemmerpfanne« hatte die Sonne gelacht,
darum hatte er sich dagegen entschieden, erst nach Hause zu fahren, um sich
umzuziehen und seine Regenkombi zu holen. Selbst den Friesennerz hatte er
Welscher wieder in die Hand gedrückt. Kurz vor Blankenheim hatte ihm aber
leider ein Wolkenbruch die Kleidung vollends durchnässt. So schnell die Wolken
ihre Ladung verloren hatten, so rasch waren sie weitergezogen. Jetzt hockte er
hier wie ein begossener Pudel und tropfte die Pflastersteine nass. »Aprilwetter«,
erklärte er und ärgerte sich ein wenig über seine Sorglosigkeit von vorhin.
    Sie saßen vor dem Haus in der Sonne, oberhalb des historischen
Stadtkerns, und blickten über die Dächer. Der Hirtenturm streckte sich vor
ihnen in den blauen Himmel, halb rechts, zu ihren Füßen, entsprang die Ahr, und
hinter ihnen ragte die Burgmauer empor, die heutzutage der Jugendherberge den
nicht mehr benötigten Schutz bot.
    »Mein Wellem, Gott hab ihn selig, hatte in etwa Ihre Figur«, sagte
sie. »Als junger Mann war er rank und schlank. Aber mit den Jahren …« Sie
kicherte, und Lachfältchen gruben sich in ihre Augenwinkel. »Mein Wellem konnte
aber auch reinhauen, sag ich Ihnen. Wenn ich kochte, dann aß er drei Portionen,
so gut hat es ihm geschmeckt. Sein Bauch hätte es mit Ihrem aufnehmen können.«
Ihr Gebiss klapperte ein wenig beim Sprechen.
    Verlegen zupfte sich Fischbach am Ohr. Schon während der Fahrt hatte
ihm sein schlechtes Gewissen zugesetzt. Wie hatte er sich nur so gehen lassen
und sogar noch Welschers Krüstchen aufessen können? Und die Nachspeise. Seine Hose drückte, ein unangenehmes Völlegefühl ließ ihn
unruhig auf dem Stuhl herumrutschen.
    »Frau Bartels, ich komme wegen Ihrer Tochter«, sagte er, um das
Gespräch auf den Grund seines Besuches zu lenken.
    Sie seufzte und stützte das Kinn auf ihren Gehstock. Der heitere
Gesichtsausdruck verschwand. »Dass ich das noch erleben muss. Schrecklich.«
    Fischbach gab ihr einige stumme Sekunden, damit sie sich sammeln
konnte. »Können Sie mir etwas über Ihre Tochter erzählen?«
    »Stieftochter.«
    Fischbach stutzte. Das hatte Bianca Willms ihm nicht mitgeteilt.
»Veronika Kramann ist also nicht Ihre leibliche Tochter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Als ihre Mutter starb, war sie
dreizehn. Wellem heiratete mich zwei Jahre später. Er war zwar fünfzehn Jahre
älter als ich, aber wo die Liebe hinfällt, nicht wahr? Wir haben uns auf einem
Weinfest in Bad Neuenahr kennengelernt.« Versonnen sah sie in die Ferne.
    »War sicherlich nicht einfach mit einer pubertierenden
Jugendlichen«, meinte Fischbach.
    Hilde Bartels lachte leise. Es klang, als würde sie husten. »Mit
zweien, mit zweien. Veronikas Schwester war ja gerade mal achtzehn Monate
jünger. Wobei …« Sie schürzte die Lippen und überlegte einen Augenblick. »Maria
war nicht ganz so anstrengend. Sie hielt sich eher im Hintergrund.«
    »Und Frau Kramann?«
    »Die war forsch, immer vorne mit dabei, vorwitzig und sehr
aufmüpfig.« Hilde Bartels löste eine Hand vom Krückstock und machte eine
abwiegelnde Geste. »Wenn die ihren Willen nicht bekam, war Jahrmarkt im Haus.
Mein Wellem war einfach zu weichherzig, vermutlich, weil sie ihre Mutter so
früh verloren hatte. Oft habe ich mir gewünscht, er würde mal ordentlich auf
den Tisch hauen.« Bekräftigend klopfte sie mit ihrem Gehstock auf den Boden.
    Fischbach bezweifelte den Nutzen einer strengeren Hand. Vermutlich
hätte der Vater nur noch mehr Trotz und Unwillen geerntet. Für Bruchteile einer
Sekunde schweiften seine Gedanken ab. Wäre er wirklich ein toleranter und
verständnisvoller Vater geblieben, wenn seine Tochter
ihm auf der Nase herumgetanzt hätte? Rasch verbannte er die Erinnerung an sie
wieder in den Seelenkäfig, den

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