Eifelheiler (German Edition)
habe rasch ein paar von Wellems Sachen herausgesucht. Die leihe
ich Ihnen.«
Peinlich berührt sprang Fischbach auf. »Das ist doch nicht nötig,
Frau Bartels, es wird schon …«
»Sie ziehen jetzt die Sachen an, und gut ist. Alles frisch gewaschen
und gestärkt. Die Unterhose ist nagelneu, Sie müssen sich also nicht fürchten.
Ich will nicht, dass Sie an einer Erkältung sterben, bevor Sie den Mörder
geschnappt haben.« Entschlossen hielt sie ihm den Stapel hin. Ihr Blick ließ
keinen Widerspruch zu.
»Aber …« Fischbach fiel keine gute Ausrede ein. Tatsächlich würde
die Fahrt in seiner nassen Kleidung eine Erkältung geradezu heraufbeschwören.
Er dachte an das ekelige Gebräu, das Sigrid ihm dann einflößen würde, und
schluckte schwer. Schließlich gab er sich einen Ruck. »Also gut, danke«, sagte
er und nahm die Kleidung entgegen. »Wo kann ich mich umziehen?«
»Im Bad. Am Ende des Flurs. Im Schränkchen unter dem Waschbecken
müsste auch noch eine Tüte für ihre nassen Sachen zu finden sein. Ich bleibe
solange hier sitzen, keine Sorge. Ich werde Sie nicht überraschen.« Kokett
zwinkerte sie ihm zu und lachte rau, als sie seinen entsetzten Blick sah.
Grinsend betrachtete Fischbach sein Spiegelbild. Dass es dem
Wellem geschmeckt hatte, war offensichtlich. Selbst ihm war die braune Cordhose
im Bund eine Nummer zu groß, dafür aber eine Handbreit zu kurz. Hilde Bartels
hatte ihm Hosenträger mitgegeben, breit, in schwarz-rot-gold. Sie spannten sich
über ein olivgrünes Jägerhemd mit Hirschhornknöpfen. Er sah lächerlich aus.
Fehlt nur noch der Hut mit Gamsbart, dachte er. Trotzdem war er froh, aus
seiner nassen Kleidung raus zu sein.
»Ist ja nur bis nach Hause«, sprach er sich Mut zu, nahm die Tüte
mit seiner nassen Kleidung und stürmte aus dem Bad. Als er aus der Haustür trat,
spielte sein Handy die Akkorde von »Smoke on the Water«.
»Hottentottenmusik«, kommentierte Hilde Bartels die Melodie und
musterte ihn bewundernd. »Sehr schick. Sie erinnern mich an meinen Wellem.
Stattlich, stattlich.«
So unterschiedlich sind die Geschmäcker, dachte Fischbach und nahm
das Gespräch an.
Bönickhausen kam sofort zur Sache. »Hotte, beweg deinen Hintern
hierher. Frank Rethmeier sitzt im Vernehmungszimmer.«
Überrascht drückte sich Fischbach das Handy kräftiger ans Ohr. »Ist
nicht wahr.«
»Doch, doch. Welscher habe ich auch schon versucht zu erreichen,
aber der scheint in einem Funkloch zu stecken.«
»Der ist bei der Schwester der Kramann.«
»Bei der Maria«, murmelte Hilde Bartels. »Soso.«
»Okay«, sagte Bönickhausen, »ich versuch’s über die Festnetznummer.
Bis gleich.«
Bevor Fischbach noch etwas sagen konnte, hatte Bönickhausen schon
aufgelegt. Er steckte sein Handy in die Hosentasche und überlegte. Eine halbe
Stunde würde ihn der Umweg über Kommern mindestens kosten, schließlich musste
er sich zu Hause erneut umziehen. Dabei platzte er fast vor Neugierde. Er
wollte dem Jungspund auf die Finger klopfen und erfahren, wo er sich die ganze
Zeit herumgetrieben hatte. Nachdenklich spannte er die Hosenträger in Brusthöhe
und ließ sie zurückknallen. Dabei wippte er auf dem Absatz hin und her. Bequem
war die Hose ja. Sein Darm hatte sich sofort beruhigt, als er seine eigene Hose
ausgezogen hatte. Nur noch ein leises Grummeln lief in seinem Bauch von links
nach rechts. Mitunter konnte ein Verhör Stunden andauern. Da wäre eine gut sitzende
Hose von Vorteil. Seine eigenen waren allesamt in letzter Zeit ein wenig eng
geworden. Da er sich nicht eingestehen wollte, mindestens eine Konfektionsgröße
zugenommen zu haben, hatte er den Kauf neuer Kleidung immer weiter
hinausgezögert. Jetzt spürte er am eigenen Leibe, dass er sich damit nur selbst
gequält hatte. Ach, Scheiß drauf, entschied er, ich lasse die Jacke an, dann
wird es kaum auffallen.
Hilde Bartels kicherte. »Hat mein Wellem auch immer gemacht«, sagte
sie augenzwinkernd. »Die Hosenträger hat er geliebt.«
Erschrocken zuckte Fischbach zusammen. Hilde Bartels hatte er
vollkommen verdrängt. »Oh ja?«, stammelte er, »schön, schön. Ich muss jetzt
aber los. Sobald ich wieder in der Nähe bin, bringe ich Ihnen die Kleidung
Ihres Mannes zurück.«
Sie hob den Zeigefinger. »Aber gewaschen! Ich will keine Bremsspuren
in der Ongebotz.«
***
Welscher saß im Sessel und wartete darauf, dass Maria Bartels
zurückkam.
»Ihren Tee mit Milch?«, rief sie aus der Küche.
»Danke, nein«, gab er zurück und
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