Eifelheiler (German Edition)
in Südafrika gelandet?«
»Wenn du länger hinschaust, wirst du schon eine Struktur erkennen«,
antwortete Fischbach und öffnete die Eingangstür zur verglasten Terrasse, die
dem ehemaligen Wochenmarktanhänger vorgebaut war. Drei Motorradfahrer saßen
rechts am größten Tisch, unterhielten sich auf Holländisch und wärmten sich mit
Kaffee und Schnaps.
»Hallo«, grüßte Fischbach und nickte ihnen zu. »Blödes Wetter für
einen Ausflug.«
»Ja hoor, heb je een plasje gemaakt?«, fragte der, der am Fenster
saß. »Deine Hose is een beetje nat …« Sie lachten.
Fischbach fiel mit ein und setzte sich links an den kleinen Tisch.
»Ist gleich wieder trocken.« Er zupfte an dem Stoff seiner pitschnassen Jeans.
»Du wirst dir noch was abfrieren«, sagte Welscher und schob sich auf
den anderen Stuhl. Skeptisch musterte er die Einrichtung. Kunstblumen, einfache
Möbel, einige Deko-Gegenstände, eine Fototapete mit toskanischem Motiv. Nichts
davon passte wirklich zum anderen, alles zusammen vermittelte aber doch eine
heimelige Atmosphäre. »Und hier kann man wirklich gut essen?«, flüsterte er.
»Lass dich überraschen.«
Eine schlanke Frau tauchte aus den Tiefen der angebauten
Räumlichkeiten auf und nahm ihre Bestellung auf. Sie hatte einen kaum hörbaren
osteuropäischen Akzent. Fischbach bestellte ein Jäger-Gigant-Schnitzel.
Welscher sah von der Karte auf und fragte: »Kann ich ein Hamburger
Krüstchen haben? Mein Hunger hält sich in Grenzen.«
»Gerne«, bestätigte sie und notierte sich seinen Wunsch.
Zufrieden schenkte Welscher ihr ein Lächeln und klappte die Karte
zu. »Dazu bitte eine Fanta ohne Eis.«
Unbeeindruckt schrieb die Frau weiter. »Fanta ohne Eis, gerne.«
»Ich nehme ein Alkoholfreies«, ergänzte Fischbach.
Sie nickte und entschwand in Richtung Küche.
»Wahnsinn«, murmelte Welscher. »Keine dumme Bemerkung zu meiner
Fanta. Das Domizil hier ist mir sympathisch.«
»Du übertreibst. Fanta ist doch nichts Ungewöhnliches.«
»Das meinst du.«
»Ist jetzt auch egal. Erzähl mir lieber mal, was du so denkst.«
»Du kennst die Fakten. Wir sind noch weit davon entfernt, den Täter
dingfest zu machen.«
»Ja, ja«, wiegelte Fischbach ab. »Geschenkt. Einfach mal die
Gedanken fliegen lassen.«
Welscher lehnte sich zurück und zupfte an der Tischdecke. »Ein
Brainstorming.«
Irritiert runzelte Fischbach die Stirn. Er verfluchte sich mal
wieder für seine Fremdsprachenschwäche. Er hatte einfach keinen Draht dazu,
seien es englische, französische oder noch ganz anderssprachige Wörter. In
seinen Anfangsjahren in den Siebzigern hatte das noch kein Problem dargestellt.
Amtssprache war damals Deutsch gewesen, und damit basta. Doch im Zuge der
Globalisierung fanden immer mehr fremdsprachige Terminologien Anwendung, im
Behördenapparat wie im alltäglichen Sprachgebrauch. Die jungen Leute tickten
heute sowieso alle ganz anders als er. Geprägt vom Internet und einem Überfluss
an Medienpräsenz jonglierten sie Fremdwörter so selbstverständlich wie ein
Artist seine Keulen. Er hatte »Brainstorming« schon mal auf irgendeinem Seminar
gehört, doch auf die Schnelle fiel ihm nicht ein, in welchem Zusammenhang.
»Oder so«, wich er daher aus, um sich keine Blöße zu geben.
Die Bedienung brachte die Getränke.
Vorsichtig füllte Fischbach sein Glas. »Schäumt wie eine überdrehte
Waschstraße, wenn man es zu schnell einkippt. Muss man ganz höösch mit
umgehen«, erklärte er. Nachdem er den ersten Schluck getrunken hatte, fragte
er: »Was sagt dein Bauch?«
Welscher nippte an seinem Glas. »Die Sylvia Neuroth ist gefährlich,
der traue ich grundsätzlich alles zu. Aber sie versucht sich anscheinend an
einem neuen Leben. Das muss man ihr wohl zugutehalten. Und vielleicht hat sie
sich besser im Griff, als wir glauben.«
»Mach weiter.«
»Hartmann, unser Bonbonmacher und Heiler in Personalunion, wirkte
auf mich eigentlich sehr ausgeglichen. Er ruht in sich, ist zufrieden.«
»Er könnte uns was vorgespielt haben.«
»Soll schon mal vorkommen, dass Täter versuchen, unschuldig zu
wirken.« Welscher grinste amüsiert.
»Ja, ja, du hast ja recht. Aber trotzdem. Nehmen wir mal an,
Veronika Kramann war die erfolgreichere Heilerin. Hartmann könnte neidisch
darauf gewesen sein, dass sie im Mittelpunkt gestanden hat. Bei ihr tummelten
sich die Hilfesuchenden, sie wurde geschätzt und hofiert. Vielleicht hat das an
seinem Ego gekratzt.«
»Möglich. Aber du hast nach meinem Bauchgefühl
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