Eifelheiler (German Edition)
konnte.
»Mist. Dem wäre ich aufs Dach gestiegen. Spielt hier mitten in der
Nacht Formel 1.«
Er kuppelte wieder ein und parkte wenig später auf dem Parkplatz vor
dem oberen Kronenburger Tor, um den Eindringling nicht durch das Halten vor dem
Haus zu warnen. Ein paar Schritte an der frischen Luft würden ihm ohnehin ganz
guttun. Er stieg aus. Eine Windböe fasste nach ihm, und der Regen schien ihn
den Burgbering hinunterspülen zu wollen. Welscher öffnete den Kofferraum und
streifte sich den Friesennerz über. Besser als nichts, dachte er und machte
sich auf den Weg.
Wenig später bemerkte er, dass er sich seine Vorsicht hätte sparen
können. Ein Einsatzwagen parkte mit rotierendem Blaulicht direkt vor Kramanns
Haus. Zwei Beamte standen mit Larissa de Witt unter dem Torbogen und
unterhielten sich lautstark. Der Hall ihrer Stimmen wurde von den eng stehenden
Häuserwänden zurückgeworfen. Die Posaunen von Jericho waren bestimmt nicht so
laut wie das Geschrei, dachte Welscher ärgerlich.
»Vorbildliche Aktion«, knurrte er ungehalten, als er die Kollegen
erreichte. »Wenn da wirklich jemand eingebrochen ist, dann ist er jetzt längst
auf und davon.«
»Was willst du?«, fuhr ihn der jüngere der beiden an. »Bei Gefahr im
Verzug fahren wir immer mit Licht.«
Der Ältere zog eine unwillige Grimasse.
Krampfhaft versuchte Welscher, sich an die Namen der Kollegen zu
erinnern. Sie hatten sich im Januar auf dem Schießstand getroffen, oder? Paul
und Heinz? Hinz und Kunz? Verdammt, was war nur mit ihm los? Die
Schmerztablette, die er am späten Nachmittag eingenommen hatte, wirkte nicht
mehr. Sein Schädel brummte inzwischen wieder wie ein Trafo, und das erschwerte
es ihm, einen klaren Gedanken zu fassen. Er stand völlig neben sich, konnte
sich die einfachsten Dinge nicht mehr merken. »Wer soll denn gefährdet sein?«,
hakte Welscher nach und wies auf Veronika Kramanns Haus. »Die Frau ist tot, das
dürfte sogar bis zu euch durchgedrungen sein.«
»Beruhigen Sie sich«, schritt Larissa de Witt ein. »Ich habe die
Fenster die ganze Zeit beobachtet. Kurz nach unserem Telefonat ist es wieder
dunkel geworden. Der Einbrecher war vermutlich schon vor Ihrem Eintreffen über
alle Berge, ob mit oder ohne Martinshorn.«
»Martinshorn?« Welscher riss die Augen auf. Unglaublich. Er hatte
den Wagen oben am Parkplatz abgestellt, um ja nicht aufzufallen, und die
Dorfsheriffs nutzten die Gelegenheit und fuhren mit Protz und Pomp vor, als
wäre dies eine Parade und kein Einsatz.
»Hier ist der Schlüssel, um den du gebeten hast«, sagte der jüngere
Kollege schnell, um die Situation zu überspielen. »Feuersänger sagt, du sollst
nichts durcheinanderbringen.«
Erbost griff Welscher danach. »Und was ist mit Hotte?«
»Ist benachrichtigt. Er lag in der Wanne und kommt so schnell wie
möglich.«
»Dann los«, bestimmte Welscher.
»Ich warte bei mir«, sagte Larissa de Witt. Ihre Anwesenheit hatte
er ganz verdrängt.
»Ja, sicher. Ist besser so. Danke auf jeden Fall für Ihre
Aufmerksamkeit.«
Sie reichte ihm die Hand. »Meine Einladung steht noch.« Sanft
strichen ihre Finger über seine Handinnenfläche, als sie ihn losließ.
Ein angenehmer Schauer jagte Welscher über den Rücken. Irritiert sah
er ihr hinterher. Mit einem eleganten Hüftschwung umrundete sie den
Einsatzwagen und verschwand durch ihre Haustür.
Der ältere Kollege riss ihn aus der Erstarrung. »Können wir jetzt?«,
fragte er ungeduldig.
Peter, richtig, das war sein Name. Und der andere hieß Paul. Er
hatte es amüsant gefunden. Peter und Paul. Fehlte nur noch Mary. Aus seiner
Jackentasche holte er Einmalhandschuhe und streifte sie über. »Klar, Peter,
legen wir los«, erwiderte er, um den Namen zu testen, und schloss die Haustür
auf. Keine Korrektur, stellte er zufrieden fest. Seine Erinnerung hatte ihn
also nicht getrogen.
Entschlossen drückte er die Tür auf. Das Siegel brach, und ein
modrig-muffiger Geruch schlug ihnen entgegen.
»Puh!«, stöhnte Peter hinter ihm auf. »Wie im Puff.«
Welscher kommentierte das nicht. Er hatte schon öfter zwielichtige
Etablissements betreten müssen. Meistens hatte es süßlich nach zu starkem
Parfum gerochen, gepaart mit Tabakqualm und Schweiß. Sicher nicht unbedingt
eine angenehme Melange, aber zumindest eine lebendige. Hier jedoch roch es nach
Blut und Tod. Vorsichtig ging er voran und tastete nach dem Lichtschalter. Er
spürte die Schaltwippe und drückte sie nach unten. Die Lampe an der
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