Eifelheiler (German Edition)
Decke
leuchtete auf und tauchte den Flur in ein warmes Licht.
»Was für eine Sauerei«, raunte Peter und betrachtete kopfschüttelnd
das Blut auf dem Boden. »Schau du dich oben um, Paul.«
Welscher schmunzelte zufrieden. Paul war also auch richtig gewesen.
Sein Gedächtnis hatte doch noch Langzeitqualitäten. »Pass nur auf, wo du
hintrittst«, sagte er warnend. »Du kennst ja Feuersänger. Wenn der deinen
Abdruck hier findet, dreht er durch.« Auch er selbst setzte achtsam einen Fuß
vor den anderen. »Küche gesichert«, sagte er, nachdem er einen Blick
hineingeworfen hatte.
»Was hast du denn gedacht?«, grummelte Paul. »Die Giraffe von
nebenan hat mit Sicherheit nur irgendwelche Lichtreflexe gesehen.« Dennoch
schlich er mit gezogener Pistole die Treppe hinauf.
Welscher achtete nicht weiter auf ihn. Er bedeutete Peter, im Keller
nachzusehen, und kontrollierte selbst das Wohnzimmer. Aufmerksam sah er sich
um, suchte nach Veränderungen oder Auffälligkeiten wie zum Beispiel einer
umgestoßenen Vase oder herausgezogenen Schubladen. Doch weder lagen Papiere
wild auf dem Boden verstreut, noch fand sich eine geöffnete Geldkassette in der
Zimmermitte. Alles schien in Ordnung zu sein. Er griff nach einem der Bilder,
die auf der Kommode standen. Veronika Kramann, jung, mit Schleier, daneben ihr
Mann, adrett, ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Glückliche Zeiten,
dachte Welscher. Er stellte es zurück und nahm ein anderes. Die
Hochzeitsgesellschaft. Er erkannte Maria Bartels. Sie lächelte in die Kamera.
Trotzdem wirkte sie auf Welscher unglücklich und verhärmt.
Über ihm polterte es. »Au!«, hörte er Paul rufen. Welscher
schmunzelte. Der niedrige Türsturz zum Schlafzimmer hatte letzten Samstag bei
einem Kollegen der Tatortgruppe ebenfalls eine Beule hinterlassen. Pauls großem
Mundwerk würde der Stoß vielleicht einen Dämpfer verpassen.
Er ließ seinen Blick weiter über die Bilder wandern. Plötzlich war
da wieder das unbestimmte Gefühl, etwas zu übersehen. Er nahm jedes Bild
einzeln zur Hand und betrachtete es konzentriert. Was war es nur? Was war ihm
aufgefallen? Verdammt! Es wollte nicht an die Oberfläche. Das offensichtlich
jüngste Bild auf der Kommode erregte seine Aufmerksamkeit. Ein Gruppenfoto,
Maria Bartels erkannte er, ihren Mann Ralf Klötsch und Larissa de Witt. Frank
Rethmeier war ebenfalls darauf abgebildet. Eine Frau sah aus wie die junge
Ausgabe von Veronika Kramann. Sicher die Tochter, dachte Welscher. Die anderen
Gesichter auf dem Foto sagten ihm nichts, doch war er überzeugt, dass es sich
um Verwandte oder Freunde handelte. Er beschloss, das Foto mitzunehmen. Dort
steckte das Geheimnis drin, er spürte es. Ein wenig mehr Zeit, Muße und Geduld,
damit würde er sein Unterbewusstsein überlisten.
»Nichts«, sagte Peter hinter ihm. »Kein Geist im Haus.«
Welscher wandte sich um. Paul stand mit mürrischer Miene neben Peter
und hielt sich die Stirn.
»Danke für eure Unterstützung«, sagte Welscher, ohne es ernst zu
meinen. Immerhin hatten die beiden Sheriffs den Geist mit ihrem Krach bei der
Anfahrt in die Flucht geschlagen. Da wäre keine Unterstützung besser gewesen.
»Ihr könnt abrücken. Ich schließe ab.«
Sie verabschiedeten sich. Kurz darauf hörte Welscher sie
davonfahren.
Ruhe kehrte im Haus ein. Dafür fiel ihm jetzt das laute Ticken der
Wanduhr auf. Welscher stellte sich ans Fenster, das den Blick zum Tal gewährte.
Links, deutlich tiefer gelegen, versteckte sich das Schullandheim hinter
einigen Bäumen, rechts strahlten schwach die Lichter aus Kronenburgerhütte
herauf. Alles wirkte friedlich. Trügerisch, dachte er.
»Haben Sie etwas gefunden?«
Erschrocken wirbelte er herum. Sein Herz pochte.
Larissa de Witt hob entschuldigend die Arme. »Ich wollte Sie nicht
erschrecken«, gurrte sie tief.
Vernehmlich atmete Welscher durch. »Sie dürfen hier nicht rein«,
sagte er heftiger als eigentlich gewollt. Larissa de Witts Anwesenheit machte
ihn nervös. Ihre strahlenden Augen schienen ihn auffressen zu wollen.
»Dann schlage ich vor, Sie kommen zu mir rüber.«
Welscher wollte ablehnen, entschied sich dann aber anders. Er griff
das Foto fester. Die Nachbarin würde ihm erklären können, wer alles darauf
abgelichtet war. Vielleicht kam er dann darauf, was es war, was ihn die ganze
Zeit schon piesackte.
***
Larissa de Witt goss Welscher einen Assam ein. »Ich trinke
eigentlich auch am liebsten Tee«, erzählte sie. »Und hin und wieder einen
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