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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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zusammen und setzte sich.
    Immer noch aufgewühlt, ließ Welscher seinen Blick durchs Zimmer
wandern. Doris Schmitz-Ellinger sah ihn tadelnd an, Bianca Willms wirkte
verunsichert. Fischbach hatte die Augen geschlossen und rieb sich mit Daumen
und Zeigefinger die Nasenwurzel.
    Welschers Wut verflog, er bereute seinen Ausbruch. Es wäre niemals
so weit gekommen, wäre er zurzeit nicht so unzufrieden mit seiner Situation. In
seinem Innersten rumorte es. Normalerweise konnte er sich gut im Zaum halten.
Noch nie war er in eine Schlägerei verwickelt gewesen, sah man von seiner
Kindheit ab. Da hatten seine Mitschüler ihm regelmäßig aufgelauert und ihn
verprügelt. Aber damals war er Opfer und nicht Täter gewesen. Doch
offensichtlich belastete ihn das alles mehr, als er sich eingestehen wollte.
Feuersänger war ein Meister seines Fachs, handwerklich ausgebufft und
zielstrebig. An seiner fachlichen Kompetenz gab es nichts zu zweifeln. Davor
hatte Welscher Hochachtung. Nur sein kleinkariertes und wichtigtuerisches
Gehabe nervte ihn. Aber hatte nicht jeder irgendeine Marotte? Er hätte sich
nicht so gehen lassen dürfen.
    Um nicht in die vorwurfsvollen Gesichter der anderen schauen zu
müssen, studierte er den Metaplan. Die Karte »L. de Witt« fiel ihm auf.
Darüber hing ein Foto, auf dem sie ihre langen Haare zu einem Zopf
zusammengebunden trug. In ihrem dunkelblauen Blazer, unter dem der Kragen einer
weißen Bluse hervorlugte, wirkte sie wie ein Mann. Im Hintergrund waren einige
Schlipsträger zu erkennen. Vermutlich ein Bankertreffen. Sie schien ziemlich
erfolgreich in ihrem Beruf zu sein. Ein anderes Foto, das Bianca Willms an die
Wand gepinnt hatte, nahm Welschers Blick gefangen. Sein unbestimmtes Gefühl
erwachte wieder. Gebannt erhob er sich. »P. Wolf«, stand auf der
himmelblauen Pappkarte daneben. Eine gelbe Karte trug die Aufschrift »Enkel«.
Wie von Geisterhand gezogen, ging er um den Tisch herum und blieb vor dem
Metaplan stehen. Der Reihe nach ging er noch einmal die Aussagen der
Geburtstagsgäste durch. Bianca Willms hatte sie in kleiner Schrift ausgedruckt
und aufgehängt. Er schloss die Augen und versuchte sich die Kommode in Veronika
Kramanns Haus vorzustellen, auf der sie die Familienfotos abgestellt hatte. Und
das Geburtstagsfoto.
    »Was ist jetzt wieder mit dir los?«, hörte er Fischbach fragen.
    »Veronika Kramann hat einen Enkel«, murmelte Welscher. Er klatschte
mit der Faust in die hohle Hand. Jetzt war der Groschen gefallen, jetzt wusste
er, was ihm die ganze Zeit über seltsam vorgekommen war. »Einen Enkel, ja,
genau«, rief er und lachte.
    »Enkel hin oder her, ich war gerade dabei auszuführen …«, fing
Feuersänger wieder an und sprang auf.
    »Aus!«, rief Bönickhausen, als ob er mit einem Hund sprechen würde.
»Jetzt habe ich aber genug. Sie können sich in Ihrer Freizeit austauschen, wie
Sie wollen. Hier und jetzt, noch dazu in Anwesenheit der Staatsanwaltschaft,
erwarte ich Professionalität. Ich werde nicht dulden, dass Sie sich wie kleine
Kinder benehmen.«
    Feuersänger sah aus, als würde er gleich auf Bönickhausen losgehen.
Rhythmisch öffnete er seine Hände und schloss sie wieder. Schließlich setzte er
sich, verschränkte die Arme und sah verärgert in die Runde.
    Fischbach blieb ruhig. »Ist dir was aufgefallen?«, fragte er
Welscher.
    Der stützte sich mit den Armen vor Fischbach auf dem Tisch ab.
»Veronika Kramann hat einen Enkel. Schon komisch, oder?«
    Verlegen kratzte sich Bönickhausen das Kinn, Doris Schmitz-Ellinger
hob eine Augenbraue.
    »Jetzt dreht er ganz durch. Schickt ihn zurück nach Köln und
versenkt ihn im Rhein«, war Feuersängers Kommentar.
    »Ja versteht ihr denn nicht?«, fragte Welscher. Er wies auf das
Foto. »Die ganze Zeit reden wir darüber, wie lieb und nett die Kramann war,
dass niemand ein Problem mit ihr hatte. Und dabei übersehen wir das
Offensichtliche.«
    »Das Offensichtliche«, echote Bönickhausen. »Aha.«
    Fischbachs Miene hellte sich auf. »Moment mal, ich glaube, ich weiß,
was du meinst: Die Kramann hat einen Enkel. Wie heißt er noch mal?«, fragte er
Bianca Willms.
    »Moment.« Sie sah in ihrer Datenbank nach. »Patrick Wolf.«
    »Okay, danke. Also, wir haben nirgends ein Bild von dem guten
Kerlchen gefunden. Oder, Heinz?«
    »Kein Bild von einem Enkel«, bestätigte Feuersänger mürrisch.
    »Normalerweise ist man doch stolz auf sein Enkelkind«, führte
Welscher weiter aus. »Aber wir haben nichts, rein gar nichts zu

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