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Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
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Tür herein und grunzte. Sigrid stand auf und stellte dem
Tier einen Fressnapf Suppe hin. »So kenne ich dich gar nicht«, sagte sie dann
zu Welscher. »Wütend, meine ich. Und ›auf den Sack gehen‹ ist normalerweise
auch nicht dein Vokabular.« Sie musterte ihn eindringlich.
    Dass Welscher dem Blick auswich und verlegen auf seinem Stuhl
herumrutschte, blieb Fischbach nicht verborgen.
    Sigrid setzte sich und legte eine Hand auf Welschers Unterarm. »Du
musst nicht darüber reden«, sagte sie mit einfühlsamer Stimme. »Nicht hier und jetzt
und überhaupt nicht, wenn du nicht möchtest. Aber wenn doch, kannst du
jederzeit zu mir kommen.«
    Welschers Adamsapfel hüpfte wild, seine Augen wurden feucht.
    Oh Gott, dachte Fischbach, der Kerl hat echt Probleme. Und du
unsensibler Blödmann hast nichts davon gemerkt. Welscher saß da wie ein
Häufchen Elend, die Schultern nach vorne geworfen, den Kopf gesenkt. In dieser
Verfassung konnte er nicht mit ihm nach Kyllburg fahren. Dort brauchte er den
alten Welscher, den genialen Kombinierer mit schusssicherer Hand, wenn diese
auch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht benötigt werden würde. Er zögerte
kurz, gab sich dann einen Ruck. Was hatte er schon zu verlieren? »Komm mal
mit«, wies er Welscher an und stand auf. »Ich muss dir etwas zeigen.«
    Beim Rausgehen hielt Sigrid Fischbach kurz am Unterarm fest und
drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Einen besseren Zeitpunkt hättest du
nicht wählen können«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Ich liebe dich.« Mit einem
warmen Lächeln im Gesicht schob sie ihn zur Tür hinaus.
    Schnüffel folgte ihnen neugierig über den kleinen Hof in die
Werkstatt. Fischbach schaltete das Licht ein. Die Neonleuchte an der Decke
flackerte einige Male, startete dann durch und erhellte den Raum in einem
warmen Weißton. Verstohlen schob er eine Vlado-Kumpan- CD unter den Schaltplan der Harley, der ausgebreitet auf der Werkbank lag. Auch
wenn er gerade im Begriff war, Welscher in seine Lebensgeschichte einzuweihen,
gab es Dinge, die der Jungspund nicht bestätigt bekommen musste.
    »Ein Männergespräch?«, fragte Welscher. Es lag ein spöttischer
Unterton in seiner Stimme, der aber aufgesetzt wirkte.
    Fischbach legte ihm die Hände auf die Schultern und drückte ihn auf
den Drehhocker an der Werkbank. »Ich möchte dir etwas zeigen.« Er ging quer
durch den Raum zu dem großen Gegenstand, den er seit Jahren mit einer
blickdichten Plane abdeckte. Der Stoff fühlte sich rau und schwer in seiner
Hand an, als er daran zog. Einige Male musste er heftig rucken, da sich die
Plane an vorstehenden Ecken und Kanten spannte. Endlich glitt auch der letzte
Rest zu Boden.
    Welscher stand auf und trat näher. »Ein Autowrack? Sieht ziemlich
mitgenommen aus. Willst du den wieder aufbauen? Wird nicht einfach werden.« Die
Scheiben fehlten, das Dach war eingedrückt und berührte die Oberkanten der
Sitzlehnen. Verdreht stand die Motorhaube offen, die Kotflügel hingen zerbeult
in den Radkästen. Ein getrockneter Ölfleck beschmutzte den Lehmboden unter der
Karosserie. Er blickte auf. »Du wirst mir doch damit nicht etwa sagen wollen,
dass mein Leben zurzeit genauso zerstört ist wie dieser Ford Capri.«
    Fischbach schüttelte den Kopf. Sein Brustkorb schmerzte, das Atmen
fiel ihm schwer. Um Fassung bemüht, starrte er auf das Wrack. »Nein«, sagte er
tonlos. Er wandte den Blick und sah Welscher in die Augen. »Darin sind meine
erste Frau und meine Tochter ums Leben gekommen.«
    ***
    Sie hatten einige Minuten geschwiegen. Welscher wusste nicht,
was er sagen sollte. Dass Fischbach eine bewegte Vergangenheit hatte, wusste
er. Er hatte es zwischen den Zeilen bei Bemerkungen der Kollegen herausgehört.
Auch Sigrid hatte vor einiger Zeit so etwas angedeutet. Doch er hatte mehr auf
Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll getippt. Oder auf eine schwere Erkrankung, die
Fischbach besiegt hatte. »Du stellst dir einen Unfallwagen in die Werkstatt?«,
fragte er schließlich.
    Aus traurigen Augen sah Fischbach ihn an. »Ich habe es nicht übers
Herz gebracht, die Karre zu … verschrotten. Ich habe meine Familie darin zum
letzten Mal …« Er brach ab und ließ den Kopf hängen. »Verrückt, ich weiß.«
    »Wie ist es passiert?«, fragte Welscher mit dünner Stimme. Er ahnte,
wie sehr die Erinnerung Fischbach schmerzte.
    »Gesoffen«, antwortete Fischbach leise. »Meine Schuld. Niemand
anders da, gegen den ich meine Wut richten könnte.« Seine Hände zitterten.
    Welscher

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