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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Rokke stand auf, legte
die Holzpuppe behutsam in eine mit Watte ausgeschlagene Pappkiste und ging zum
Herd, auf dem unter den Deckeln mehrerer Töpfe Dampf hervorquoll. Er nahm einen
Kochlöffel, hob einen Deckel an und rührte. Der Duft nach frischem Basilikum
und Tomaten verbreitete sich im Raum. Judiths Magen knurrte laut. »Es wird
Winter«, sagte Kai Rokke und hielt ihr den Löffel zum Probieren hin. »Die
Heizung im Wohnmobil arbeitet nur nach Lust und Laune.«
    »Ich hab nicht mit dir
gerechnet. Zwei Monate sind lang, wenn man nichts voneinander hört.«
    »Hast du einen neuen
Freund?«
    »Nein.«
    »Gut.« Kai Rokke legte ein
Geschirrtuch über Deckel und Griffe des anderen Topfes, ging damit zur Spüle
und goss das Wasser ab.
    »Kartoffeln?« Judith hob
fragend die Augenbrauen, als er den Topf vor ihr abstellte und sie den Inhalt
sehen konnte. »Zur Tomatensoße?« Kai nickte.
    »Ich kann einen Teil der
Miete übernehmen.«
    »Die Wohnung ist nicht groß
genug. Ich habe nur ein Schlafzimmer und das hier.« Sie wies in den Raum, wo
sich neben der Küchenzeile auch ein Schlafsofa, ein Schreibtisch und der
kleine, runde Esstisch befanden, an dem sie gerade standen.
    Kai kam um den Tisch herum,
stellte sich vor sie und zog sie gegen ihren Widerstand an der Hüfte zu sich
heran. Dann küsste er sie auf den Hals, rückte ihren Stuhl zurecht und deutete
ihr mit einer altmodischen Geste an, Platz zu nehmen.
    »Ich habe die Kartoffel für
mich entdeckt. Ich kann sie gut essen.«
    Während Kai Rokke ihr eine
Kartoffel auf den Teller legte, griff Judith nach ihrem Weinglas und füllte
Wasser hinein. »Ich hänge mitten in einem Fall und habe nicht viel Zeit.« Sie
sah ihn an. »Für dich.« Sie griff nach ihrer Gabel, stach in die Kartoffel und
zerteilte sie in dampfende Einzelteile. »Für uns. Es ist …«, sie stockte.
»Ich habe Angst, dass es wieder so kompliziert wird.« Sie schüttete die
Tomatensoße direkt aus dem Topf darüber und probierte. »Lecker«, bemerkte sie
und nickte kauend. »Wirklich.«
    »Ich weiß.« Kai grinste. »Es
ist lecker. Und es kann kompliziert werden.« Er legte sich ebenfalls eine
Kartoffel auf den Teller. »Wo?«
    »Was ›Wo‹?«
    »Dein Fall, von dem du
gesprochen hast. Wo ist der?«
    »In Gemünd.«
    »Was ist passiert?«
    Judith schüttelte den Kopf.
»Ich darf nicht drüber reden.«
    »Beim letzten Mal hast du
auch mit mir darüber geredet.«
    »Beim letzten Mal habe ich
nicht mit dir darüber geredet, sondern dich befragt, weil du ein Zeuge und
sogar ein Verdächtiger warst.«
    »Ermittelst du wieder mit
Ina?«
    »Nein.« Judith langte mit
der Hand in den Topf und nahm eine weitere Kartoffel heraus. Sie zerteilte und
zerquetschte sie in dem Soßensee, der noch auf ihrem Teller schwappte, legte
dann aber die Gabel weg und stützte die verschränkten Unterarme auf den Tisch.
»Mit Horst Sauerbier. Eigentlich ist er mein Kollege, führt sich aber auf, als
ob er der große Meister persönlich ist.«
    »Und – ist er es?«
    »Er hat jede Menge
Dienstjahre auf dem Buckel.«
    »Das heißt nichts. Lässt er
dich in Ruhe?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na, macht er dich an oder
so?«
    Judith lachte. »Nein. Sicher
nicht. Er ist nur so …« Sie überlegte. »So festgefahren. Er klebt so an
der Art und Weise, wie er seine Fälle schon immer bearbeitet hat.«
    »Aber das müsste dir doch
gefallen?« Kai schenkte Judith Wein in ihr Glas, obwohl es noch zur Hälfte mit
Wasser gefüllt war.
    »Er arbeitet ganz anders als
Ina.«
    Kai trank einen Schluck und
wartete darauf, dass Judith weitersprach.
    »Sie hält sich zwar nicht
immer an die Vorschriften, aber sie ist offener und …« Sie brach mitten im
Satz ab, griff nach der Gabel und stocherte in dem roten Brei auf ihrem Teller
herum. »Sauerbier will, dass ich mich von ihr fernhalte, weil er Angst hat, sie
könnte seinen Fall wieder übernehmen.«
    »Hat er das so gesagt?
    »Nicht genau so. Aber so
ähnlich. Und jetzt ist Ina sauer, weil ich ihr nichts gesagt und mich wie ein
arrogantes Arschloch verhalten habe.«
    »Und das bist du nicht.«
    »Was soll ich denn machen?
Wenn mein Quasi-Chef mir eine Anweisung gibt?«
    »Was willst du?«
    »Meine Arbeit gut erledigen.
Den Fall lösen.«
    »Ohne Rücksicht auf
persönliche Befindlichkeiten.«
    Judith zuckte mit den
Schultern. »Ja. Es gibt Vorschriften, und an die muss ich mich halten.« Sie
seufzte. »Nein. Nicht rücksichtslos. Natürlich nicht. Aber darum geht es auch
nicht. Ich

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