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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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glaube, dass Ina eine große Hilfe sein könnte. Für die Sache. Aber
wenn Sauerbier mitbekommt, dass ich sie in den Fall einbinde, bedeutet das EDK für mich. Zumindest fürs Erste.«
    » EDK ?«
    »Ende der Karriere. Doch
noch die Hundertschaft.«
    »Hmm.« Kai nickte. »Ich
bleibe bis zum Frühjahr.«
    »Die Hälfte der Miete?«
    »Ruf Ina doch an und sprich
mit ihr. Oder fahr zu ihr. Sauerbier muss es nicht mitbekommen.«
    »Ich werde ihre Ortskenntnis
brauchen. Wenn ich dem Arzt glauben kann, der zuerst vor Ort war, lag der tote
Junge nicht erst seit gestern da. Irgendwer muss mir etwas über das Haus
erzählen. Oder mir Namen von Menschen nennen, die mir etwas darüber erzählen
können. Dagegen kann Sauerbier keine Einwände erheben. Bis die Ergebnisse aus
der Rechtsmedizin kommen, werde ich mich damit beschäftigen müssen.«
    »Du darfst mir doch nichts
erzählen.« Kai Rokke stand auf, ging zu Judith und zog sie hoch. Dann umarmte
er sie und legte sein Kinn auf ihren Scheitel. Judith spürte ihren eigenen
warmen Atem an seinem Hals.
    »Ich habe dir nichts
erzählt. Ich habe mit mir selbst gesprochen.«
    »Hast du.« Er küsste sie.
Sie erwiderte den Kuss, befreite sich dann aber aus seiner Umarmung.
    »Die Hälfte der Miete
beinhaltet keine Extras.«
    »Dann muss ich mir
überlegen, welchen Preis ich außerdem zahle.«
    »Und wenn ich noch nicht
weiß, was ich dafür haben will?«
    »Das können wir ja gemeinsam
ausdiskutieren. Am besten fangen wir gleich damit an.« Er zog sie wieder an
sich. »Soll ich uns einen Tee kochen?«
    »Idiot«, murmelte Judith
leise und küsste ihn. Als sie aufs Bett fielen, streifte ihr Blick seinen
Teller. Das Essen darauf war unberührt.
    ***
    Der Schaum hatte sich an
den Rand des Glases zurückgezogen. Die Bässe produzierten konzentrische Wellen
auf der Oberfläche des Biers. Bianca wartete mit gesenktem Kopf und halb
geschlossenen Augen. Ließ die Geräusche der Umgebung auf sich einwirken,
verschmolz mit ihrem Platz am hintersten Rand der Theke. Niemand sprach sie an.
An den unverputzten Steinen der Wand neben ihr hingen Veranstaltungsplakate.
Konzerte, Kult-Abend, Bock auf Rock. Ein junger Mann und ein Mädchen erfüllten
die Wünsche der Gäste, die scheinbar wortlos gegen die Musik gestikulierten,
zahlten und mit den Getränken in der Hand wieder zu ihren Cliquen
zurückkehrten, die an einzelnen Stehtischen oder in Sitzgruppen
Zusammengehörigkeit zelebrierten. Sie redeten oder schwiegen miteinander,
beobachteten, neigten die Köpfe, lachten, kicherten hinter vorgehaltenen
Händen. Deckenscheinwerfer verbreiteten blaues Licht über der Tanzfläche. Die
wenigsten tanzten. Und die, die es taten, folgten einem Rhythmus, der über die
Musik hinausging, die Gesichter zur Stirnwand der Tanzfläche gerichtet, halb
auf den Boden starrend. Eine Armee im individuellen Gleichschritt. Der bärtige DJ schien mit seinem Mischpult verwachsen, so als ob er
seit Jahren dort stehen und immer neue Generationen zu seiner Musik aufwachsen
sehen würde. Hin und wieder hob er grüßend die Hand, beugte sich über die
Absperrung, klopfte auf Schultern, küsste Wangen. Er war das Herzstück.
    Bianca hatte den Music-Club
vor ein paar Tagen in der Nähe der Baustelle gefunden, im Gemünder
Industriegebiet, zwischen der Brauerei und anderen Firmen, hinter einem
eingezäunten Schotterparkplatz, wie auch auf dem Abrissgelände einer entstehen
sollte.
    »Möchtest du nicht lieber
ein frisches Bier?« Der Mann neben ihr stützte sich mit den Ellenbogen auf die
Theke und wandte ihr sein Gesicht zu. Eine Haarsträhne fiel ihm in die Stirn.
Sein Lächeln wirkte echt, nicht wie eine Masche. Offen. Interessiert. Bianca
gefielen seine Grübchen, die schmalen Hände. Liebevolle Augen, hinter Schalk
versteckt. Selbst in seiner leicht gebeugten Haltung überragte er sie um
beinahe zwei Kopflängen. Seine dunklen Locken wirkten, als sei der letzte
Friseurbesuch etwas länger her, ohne dass ihr Besitzer die Absicht hatte, das
in nächster Zeit zu ändern. Sie nickte und schob das schal gewordene Getränk
von sich weg. Er hob die Hand und streckte zwei Finger wie zum Victory-Zeichen
aus, bezahlte und reichte ihr ein Bier.
    »Prost!« Er hob sein Glas
und sah ihr in die Augen. Dann drehte er sich mit dem Rücken zur Theke und
lehnte sich an, während er sich mit den Ellbogen abstützte und die Tanzenden
betrachtete.
    Bianca trank.
    »Wie heißt du?« Er musste
sich zu ihr hinunterbeugen, damit sie ihn

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