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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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beiden Opfern dasselbe Werkzeug benutzt.
Darauf weisen die Spuren hin. Metallreste. Schnittführung. Öl. Die Details
erspare ich euch, nur so viel: Die Proben scheinen nicht älter zu sein als die
bei Arno Kobler genommenen.«
    Judith rückte auf ihrem
Stuhl nach vorne, stützte sich auf die Ellenbogen und beugte sich zu der
Kollegin hinüber. »Heißt das, jemand hat der Leiche aus der Kiste die Hände
abgetrennt, nachdem sie ans Tageslicht gekommen ist?«
    »Das können wir nicht genau
sagen. Aber ich finde, es ist wahrscheinlich. Warte.« Die Kollegin fuhr mit den
Fingerspitzen über die Zeilen des Berichts. »Da stand etwas dazu drin. Ah.
Hier.« Sie verstummte, las und murmelte vor sich hin. »Also, hier steht: Wäre
die Abtrennung bereits zum Zeitpunkt des Todes vorgenommen worden, hätte die
Fettwachsbildung die zu dem Zeitpunkt noch frischen Fasern verändert. Im Fall
des Jungen sind nicht die Zellfasern, sondern das Leichenlipid selbst durch den
Schnitt verändert.« Sie sah in die Runde. Judith nickte.
    »Und es wurde dasselbe
Werkzeug benutzt«, sagte sie mehr zu sich als zu den anderen.
    »Ja. So steht es im
Bericht.«
    Judith warf Sauerbier einen
schnellen Blick zu. »Dann tippe ich auf die Baggerführerin, Bianca Friese. Sie
hat die Kiste gefunden, und als der Arzt die Leiche gesehen hat, fehlten die
Hände bereits. Demnach war sie die Einzige, die Gelegenheit dazu gehabt hätte,
die Leiche zu manipulieren, bevor wir an der Baustelle eintrafen.«
    »Aber warum sollte sie das
tun?« Sauerbier lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme
hinter dem Kopf. »Leichen werden zerstückelt, um die Identifizierung zu erschweren
oder um Spuren zu beseitigen, die zum Mörder führen können. Die Leiche in der
Kiste ist nicht erst seit gestern tot. Wie lange genau, wissen wir nicht.
Könnte man aus der Annahme, dass die Baggerführerin dem Toten die Hände
abgetrennt hat, was ja immer noch sehr hypothetisch ist, denn gleichzeitig
schließen, dass sie ihn auch getötet hat?«
    »Was ist, wenn sie ihn nicht
umgebracht, sondern ›nur‹ die Hände abgetrennt hat?«
    »Wie passt dann Kobler ins
Schema? Hat sie ihm auch ›nur‹«, Sauerbier zeichnete Gänsefüßchen in die Luft,
»die Hände amputiert? Oder hat sie ihn getötet?«
    »Kobler starb durch
mechanische Gewalteinwirkung. Oberhalb der rechten Augenbraue hat der
Rechtsmediziner doppelkonturierte Intrakutanblutungen und auf dem Hinterkopf
eine Lappenwunde mit Knochenverletzung darunter festgestellt«, warf die
Kollegin ein.
    »Also zwei Wunden?«, wollte
Judith wissen.
    »Mit dem gleichen
Werkzeug?«, fragte Sauerbier im gleichen Augenblick.
    »Ja und nein.« Die Kollegin
grinste. »Könnt ihr euch einigen, wer zuerst?« Sauerbier nickte stumm in
Judiths Richtung.
    »Gut.« Die Kollegin blätterte
in ihren Unterlagen und zog die Seiten mit den Fotos der Obduktion hervor.
»Zwei verschiedene Verletzungen: ja. Mit dem gleichen Werkzeug: nein. Die Wunde
an der Stirn muss durch einen länglichen Gegenstand verursacht worden sein.
Diese parallelen Striemen entstehen, wenn die Haut beim Aufprall der Fläche
zusammengepresst und an den Seiten gedehnt wird. Also hat der Mörder hier einen
Stock oder etwas Ähnliches verwendet.« Sie reichte Judith die Seite. »Die
Stelle am Hinterkopf kann nach Ansicht des Rechtsmediziners zum Beispiel durch
einen Hammerschlag verursacht worden sein, der schräg auf dem Schädel
aufgekommen ist und der die Haut zuerst hat einreißen und dann nach unten
rutschen lassen.« Sie gab Sauerbier das andere Foto. Der nahm es und drehte es
hin und her, hob seinen rechten Arm und führte eine schlagende Bewegung aus.
    »Die Verletzung verläuft
schräg. Nicht, wie man es erwarten würde, von oben nach unten. Hat er was dazu
geschrieben?«, fragte er die Kollegin.
    »Bestimmt.« Sie überflog die
Zeilen. »Hier ist etwas. Ja.« Sie las und nickte dann. »Er geht davon aus, dass
Kobler lag, als ihn der zweite Schlag traf. Und zwar mit dem Gesicht auf dem
Boden.«
    »Dann müssten sich am Tatort
Blutspuren aus der Stirnwunde finden.« Judith machte sich Notizen, während sie
sprach.
    »Er bestätigt hier auch noch
mal, dass der Fundort nicht der Tatort sein kann«, ergänzte die Kollegin.
    »Und wie kommt da jetzt
unsere Baggerführerin ins Spiel?« Sauerbier zwirbelte seinen Schnauzer. »Diese
Bianca, wie hieß sie doch gleich?«
    »Friese. Bianca Friese«,
antwortete Judith ungeduldig, ohne von ihren Notizen aufzusehen. »Ina

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