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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Möglichkeit, die
Schmiedetechnik einer Zeit zuzuordnen. Aber die Kiste, die könnte Ihnen
weiterhelfen.«
    »Die Kiste?«
    »Dendrochronologie heißt das
Zauberwort.«
    »Bitte?«
    »Altersbestimmung bei Holz.
Ist gar kein Problem, wenn Sie ein ungehobeltes Brett haben. Am besten noch mit
einem Stück Waldkante daran. Wissen Sie, ob die Kiste aus Eiche ist?«
    »Bitte, was für eine Kante?«
    »Waldkante. Rinde.«
    »Nein. Weder das mit der
Rinde noch, aus welcher Holzart die Kiste besteht. Es sind verschiedene, soweit
ich weiß.« Judith fischte ihr Notizbuch aus dem Rucksack, schlug es auf und
legte es auf das Lenkrad, während sie ihr Handy auf Lautsprecher stellte. »Wie
funktioniert denn das mit der Dendrochronologie?«
    »Mit dem Begriff der
Jahresringe können Sie etwas anfangen?«
    »Natürlich.«
    »Nun, die Baumprobe lässt
sich anhand der Abfolge und Breite der Jahresringe sehr exakt zuordnen, wenn
ein paar Bedingungen erfüllt werden.«
    »Das mit der Rinde.«
    »Ja. Und es muss eine
bestimmte Anzahl an Jahresringen vorhanden sein. Je nach Witterung haben sie
eine unterschiedliche Breite. In trockenen Jahren legen die Bäume nur wenig an
Umfang zu, in feuchten Jahren deutlich mehr. Zusammen mit den gesicherten
Wetterdaten kann der Computer sehr schnell sagen, in welchem Jahr der
betreffende Baum gefällt wurde.«
    »Wie bei einer Schablone,
die man anlegt und die Übereinstimmungen prüft?«
    »So ungefähr kann man sich
das vorstellen.«
    »Wer macht solche
Bestimmungen?«
    »In unserer Gegend? Das
Institut für Ur- und Frühgeschichte in Köln. Die haben dort ein Labor für
Dendrochronologie.«
    »Wie lange dauert das?«
    »Wenn die Probe die
Anforderungen erfüllt, kann das Ergebnis schnell vorliegen.«
    Judith bedankte sich und
beendete das Gespräch. Das waren gute Neuigkeiten. Am schnellsten ginge es,
wenn sie einen Kollegen von der Spurensicherung bat, das für sie zu erledigen
und ihr dann Bescheid zu geben. Das dürfte kein Problem sein. Die Kiste war
samt der Leiche in Bonn gelandet. Sie wählte die Nummer der Spurensicherung und
informierte den Bonner Kollegen.
    »… und sag mir sofort
Bescheid, wenn ihr etwas wisst«, verabschiedete sie sich und startete den
Motor.

DREIZEHN
    Paul steht am Fenster des Schlafsaals, sieht der Gestalt hinterher,
die, nachdem sie die Straße überquert hat, geduckt über die Wiese in Richtung
Waldrand läuft, ohne sich umzudrehen. Er wird nachlässig, denkt Paul und hofft,
dass es auch diesmal gut geht. Dass Ludwig wie die Male zuvor zurückkehren, in
sein Bett kriechen und diese Mischung aus Waldluft, Friedas Geruch und noch
etwas anderem, das er nicht zuordnen kann, mitbringen wird. Dass Frieda
glücklich sein wird und er es ihr ansehen kann, wenn sie sich zufällig im Haus
begegnen.
    Auch wenn
Ludwig glaubt, es sei sein Versprechen an ihn, hat er gehalten, was er Frieda
versprochen hat. Er lehnt die Stirn gegen das kühle Glas und schaut seinem
Spiegelbild in die Augen, die denen von Emma so ähnlich sind. Es ist, als ob
sie auf der anderen Seite des Glases ist und er nur die Hand ausstrecken muss,
um sie zu berühren. Mit jedem Atemzug beschlägt die Scheibe. Es ist kalt
draußen. Der Herbst hat mit aller Macht Einzug gehalten, die Blätter von den Bäumen
gerissen und alles mit einem feuchten, klammen Schleier überzogen. Er kennt die
Stelle, an der sie sich treffen, war da, hat mit der Hand über den weichen
Moosboden gestrichen. Ludwigs Gestalt wird immer kleiner, je mehr er sich dem
Waldrand nähert. Er hält sich in den Schatten, verschwindet, taucht auf, wird
selbst zum Schatten. Paul schließt die Augen. Hinter seinen geschlossenen
Lidern vermischt sich wieder Friedas Gesicht mit den Bildern seiner Erinnerung
an Emma.
    Ludwig
wollte ihm berichten nach dem ersten Mal, aber er hatte sich abgewandt.
    »Je
weniger ich weiß, umso besser ist es für uns alle«, hatte er gesagt und Ludwig
in dem Glauben gelassen, es ginge nur um sein Verschwinden und die Wege aus dem
Haus und wieder hinein.
    Er hört
ein Geräusch und fährt herum. Im Saal hinter ihm ist alles ruhig. Wie dunkle
Bündel liegen die Jungen auf ihren Betten, schlafen im Zwielicht, die Decken
verstecken jedes Lebenszeichen. Paul sieht wieder aus dem Fenster. Sein Gehör
hat ihn nicht getäuscht und ihm das Geräusch einer zufallenden Tür nicht nur
vorgegaukelt. Auf der Straße vor dem Haus steht eine Gestalt. Reglos. Witternd
wie ein Wolf. Sie späht in alle Richtungen und nimmt dann die Spur

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