Ein Abenteuer zuviel
entscheide.”
„Aber …” Ruth runzelte die Stirn. In welche Lage hatte sie sich nur gebracht! „Du kannst dich nicht einfach so hier aufhalten … Die Leute werden sich wundern, warum wir nicht unter einem Dach leben, wenn wir verheiratet sind.”
Franco zuckte die Schultern. „Du bist eine so talentierte Lügnerin. Dir wird bestimmt etwas einfallen.” Er stand auf und streckte sich. „Warum gehen wir nicht zu deinen Eltern? Sie freuen sich bestimmt, dass ich nun doch nicht so schnell wieder wegmuss.”
Höflich ließ er ihr den Vortritt, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Ich werde Vater, dachte er und wusste nicht, ob er darüber glücklich war, es ihm Angst machte oder ihn einfach nur verwirrte. Aber eines wusste er genau: Er fühlte sich, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Und als er sich vor Augen führte, dass er von der Schwangerschaft nichts erfahren hätte, wenn er nicht hergekommen wäre, spürte er, wie ihn eine ungeheure Wut erfasste.
Mein Kind, schoss es ihm durch den Kopf. War es nicht egal, dass er sich nie dafür interessiert hatte, Vater zu werden? Oder dass er stets angedeutet hatte, er könnte bei seinem aufreibenden Leben nicht auch noch den Verpflichtungen nachkommen, die eine Familie mit sich brachte? War das ein Grund, die Schwangerschaft zu verschweigen?
„Franco, willst du dich verabschieden?” fragte Ciaire, als sie auf der Türschwelle zur Küche erschienen.
„Schade, dass du wieder wegmusst.” Sie kam auf ihn zu und streckte ihm wehmütig lächelnd die Hände entgegen.
Franco warf Ruth einen bezeichnenden Blick zu, und sie räusperte sich. „Eigentlich kann er noch zum Abendessen bleiben, Mum”, erklärte sie schrill. Und während ihre Mutter ihn erfreut zum Tisch zog, wo er sich auf einen Stuhl setzte, überlegte Ruth, was jetzt alles passieren könnte.
Was, wenn er alles aufdeckte? Die Hochzeit, die nie stattgefunden hatte? Ihr Verhältnis, das mehr mit Sex als mit Gefühlen zu tun hatte? Würde ihre Mutter ihr glauben, wenn sie dann von Liebe sprechen würde und darüber wie wichtig ihr alles gewesen wäre? Oder würde sie als Flittchen erscheinen, das ein Opfer seiner Dummheit geworden war?
Der Klang von Francos Stimme brachte sie in die Gegenwart zurück. Charmant informierte Franco ihre Eltern gerade, dass er noch länger als nur zum Abendessen bleiben würde.
„W… was hast du gesagt?” Ruth blickte ihn an und versuchte, seinen selbstzufriedenen Gesichtsausdruck zu deuten.
„Ich sagte …” Er lächelte und winkte sie zu sich. „… dass sich meine Stippvisite durchaus in die Länge ziehen könnte.” Auffordernd klopfte er sich auf die Schenkel, und während sie errötete und sich fragte, was er damit bezwecken wollte, sah sie aus den Augenwinkeln, wie sich ihre Eltern zuzwinkerten.
„In die Länge ziehen?”
Franco klopfte sich immer weiter auf die Schenkel, so dass ihr schließlich nichts anderes übrig blieb, als zu ihm zu gehen und sich auf seinen Schoß zu setzen.
„Ist das nicht wunderbar, Schatz?” Er küsste sie auf den Nacken.
„Wunderbar. Warte, Mum, ich helfe dir.” Mit wild klopfendem Herzen stand sie wieder auf. Sie wusste nicht, was er im Schilde führte, und empfand diese Ungewissheit als ziemlich nervenaufreibend.
„Wie hast du das geschafft?” fragte Michael Franco erfreut.
„Mit einigen Anrufen”, antwortete dieser geheimnisvoll. „Schließlich werde ich jetzt Vater. Da kann ich meine schüchterne Frau doch nicht allein lassen, oder?”
„Ich möchte nicht, dass du meinetwegen deine Arbeit vernachlässigst.” Unsanft stellte Ruth die Teller auf den Tisch und verteilte sie dann weniger laut, als sie den kritischen Blick ihres Vaters bemerkte. „Ich weiß doch, wie aufregend du deinen Beruf findest.”
„Ja, schon. Als Spitzenreporter von den gefährlichsten Krisenherden der Welt zu berichten ist aufregend.”
Franco nahm ihre zittrige Hand und drückte sie zärtlich. „Aber was könnte aufregender sein, als mit seiner Frau die Entstehung eines neuen Lebens zu verfolgen?”
„Wie lange wirst du bleiben?” Ruth war entsetzt darüber, wie sich die Dinge zu entwickeln schienen. Sie nahm ihrer Mutter die Platte mit der Lammkeule ab und stellte sie auf den Tisch.
„Ich schätze, ich kann durchaus einige Wochen bleiben.”
„Einige Wochen?”
„Das ist wunderbar”, sagte Ciaire begeistert und drückte ihre Tochter kurz an sich. „Ist das nicht eine tolle Neuigkeit,
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