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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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geistigen Aspekten her zu betrachten.
    HLA : Mehr reflektierend als berichtend …
    EJ : Das gehört auch zur Bewältigung. Die Zeiträume, die ich beschrieb, wurden immer kürzer. »In Stahlgewittern« – das sind vier Jahre. »Das Wäldchen 125« ist ein Monat. »Feuer und Blut« – das sind zwei Tage. Den Titel las ich auf einer Fahne der Heilsarmee. Ich versuchte es mit größeren und kleineren Einstellungen.
    HLA : Einstellungen verschiedener Art zur selben Sache.
    EJ : Danach war die Sache für mich abgetan.
    HLA: Haben Sie sich jetzt wieder stärker dafür interessiert, im Zusammenhang mit der Gesamtausgabe und Revision aller Werke? Nicht nur vom Stilistischen her, sondern auch vom Inhalt?
    EJ : Eigentlich rein stilistisch. Ich hatte schon viel vergessen. Über die Annäherung kommt niemand hinaus. Auch habe ich Respekt vor der eigenen Vergangenheit – selbst vor den Irrtümern.
    HLA : Wie waren damals die Reaktionen auf diese Bücher? Insbesondere auf die »Stahlgewitter«?
    EJ : Lebhafter, als ich gedacht hatte. Den anderen war es ähnlich gegangen wie mir. Sie erkannten dort etwas wieder, das sie selbst erlebt hatten. Nicht nur die deutschen Freiwilligen, sondern auch die Franzosen, die Engländer, die Amerikaner, die Neuseeländer – überhaupt auch die alten Gegner, oder sagen wir lieber, die Mitkämpfer. Ich habe hier noch einen Schrank, gefüllt mit Briefen, die das bestätigen. Und auch jetzt noch kommen solche Briefe von Kameraden, die längst Veteranen geworden sind. Alte Bauern sprechen mich als Leser auf dem Felde an. Gerade in diesen Tagen kam eine Einladung von Jules Romains  3 zur Teilnahme an eine[r] Ehrung französischer Frontkämpfer. Der Erste Weltkrieg gehört eben zu den Schmieden unseres Zeitalters. Neben ihm kann man nur noch die Russische Revolution nennen.

GÄRTEN UND STRASSEN, 1942
    Kirchhorst, 12. August 1939
    Am Vormittag schloß ich die Reinschrift der »Marmorklippen« ab und legte die Urschrift, nachdem ich sie mit dem Datum versehen hatte, in den Aktenschrank. Nachmittags sprach ich in dem kleinen Café in Burgdorf, in dem wir zuweilen sitzen, mit Friedrich Georg als ihrem ersten Leser die Figuren durch. Bereits entwickelten sie dabei Züge, an die ich während der Niederschrift nicht gedacht hatte und die mir dennoch einleuchteten. So trennen die Gebilde sich vom Autor und wachsen an Orten weiter, die er nicht kennt. Doch dazu muß Ungeformtes, muß Urstoff in der Sprache sein, sonst welken sie gar bald dahin. Sie müssen Erde mitbringen.
    Wir streiften auch die politischen Auspizien, und Friedrich Georg meinte: »Das verbieten sie dir entweder in den ersten vierzehn Tagen oder nie.«
    Kirchhorst, 16. August 1939
    Fahrstuhlträume, unangenehm wie fast alle Träume, die sich mit der Technik beschäftigen. Dazu Treppen, denen das Geländer fehlt oder die unterbrochen sind und unter deren Fetzen der Abgrund erscheint. Die Welt als verworrene Architektur.
    Die Unordnung der Welt erscheint an manchen Tagen fast übermächtig, so daß man verzweifelt, sie je zu bändigen. Ich ordne dann den Schreibtisch, die Wäsche, die Gartengeräte, jedoch mit Unlust im Hintergrund. Es liegt darin wohl auch die Einsicht, daß alles, was wir schaffen und sammeln, zugrunde gehen wird. Am besten sollte man solche Tage im Bett verbringen und vor allem nichts Neues an ihnen anfangen.
    Bei der Post ein portugiesischer Roman von Guedes de Armorim, »Aldeia das águias«, mit einer Widmung des Verfassers, die ich nicht entziffere.
    Kirchhorst 19. August 1939
    Zwei Tage in Hamburg. Auch wenn man die Großstädte in kurzen Abständen besucht, fällt jedesmal der Zuwachs an automatischem Charakter auf. Merkwürdig ist, wie dabei das Lethargische, Abwesende, Weltverlorene in gleichem Maße sich ausbreitet. Man liest das aus den Gesichtern der Einzelnen, aus der Art und Weise, in der die Massen zirkulieren und in der man in den Wagen die Lenker am Steuer sitzen sieht Es scheint fast, daß das Quantum an Bewußtsein, das sich in den Formen niederschlägt, den Wesen verlorengeht.
    Ohne Zweifel besitzt die Technik benehmende Momente – so in der reinen Geometrie der Formen, in den Quadraten, Kreisen, Ovalen und den Geraden, von denen man auf den Autobahnen abweichen mußte, damit die Fahrer nicht einschliefen. Das gleiche gilt für ihre Rhythmen – für ihre schnellen, brausenden oder singenden Takte, für ihre im Gleichmaß wechselnden Schaltungen, für ihre fließenden Abläufe und überhaupt für das

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