Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
Gesicht werfen konnte.
Kleine Siege nur, trotzdem erfreuten sie Alina.
Genauso erfreut hatte sie zur Kenntnis genommen, dass Luka sie begleiten und solange wie nötig bei ihr bleiben würde, und auch Tatiana hatte verkündet, dass sie lieber sterben würde, als ohne ihre Herrin zurückzubleiben.
Geschmeichelt hatte sie sich gefühlt, als ihrem Gefolge eine Zofe namens Danica zugefügt wurde, denn bisher hatte nur hin und wieder die Zofe ihrer Tante sie beim Ankleiden unterstützt. Doch es gehörte sich schließlich, dass ihr die Bediensteten, denen ihre persönliche Betreuung oblag, vertraut waren und keine kalten, fremden Engländer.
Aber die Garde? Damit hatte sie nicht gerechnet.
Und eben diese Garde stand nun in Habachtstellung und wartete offensichtlich darauf, dass Alina den Kai betrat. Nun denn, bisher war alles wie geplant verlaufen. Die ersten Schritte auf das Land, in dem ihre Mutter einst geboren war, würde sie mit all dem Pomp und Zeremoniell tun, die sie nur wünschen konnte.
Jetzt blieb ihr nur noch, ihrem Verlobten gegenüberzutreten, ihm in die Augen zu schauen, ihm zu erlauben, die ihm gebotene Hand zu küssen, und den nötigen Knicks zu vollführen, der ihre Unterwürfigkeit und ihren bereitwilligen Gehorsam beweisen sollte.
Und Gott möge verhüten, dass ihr vor seinen Füßen übel wurde.
Für eine ganze Minute – und sie hatte bewusst im Stillen bis sechzig gezählt! – hatte Alina ihre Blicke über den Kai schweifen lassen, ohne wirklich etwas wahrzunehmen.
Jetzt aber konnte sie nichts mehr tun, als endlich hinab zum Ende der Gangway zu schauen, wo Luka und der „junge Gott“ warteten.
Sie atmete scharf ein. Das war ihr Verlobter? Dieser hochgewachsene, irritierend gut aussehende Mann, dessen Blick aus halb geschlossenen grünen Augen amüsiert und ein wenig spöttisch auf ihr haftete? Sie hatte einen verbrauchten alten Mann, beinahe einen Greis, erwartet, vielleicht gar mit Bauch und gichtigen Beinen. Gehofft hatte sie auf einen gefügigen, ein wenig dummen, leicht zu leitenden Mann.
Was im Namen aller Heiligen sollte sie mit dem hier anfangen?
Selbstsicher trat dieser Mann an die Gangway heran und setzte einen in einen glänzenden Hessenstiefel gehüllten Fuß darauf, als beanspruche er sie und damit gleich das ganze Schiff für sich. Er streckte ihr eine Hand entgegen, die sie wohl kaum verweigern konnte.
„Ihr Diener, Mylady“, sagte er, immer noch mit Spott im Blick. „Im Namen seiner Königlichen Hoheit, des Prinzregenten, heiße ich, Baron Justin Wilde, Sie im Heimatland Ihrer Mutter willkommen. Als sie fortging, erlitt England einen Verlust, ihre Tochter jedoch ist ein Gewinn für uns.“
Sehr hübsch gesagt, dachte sie. Erst als sie den Mund öffnete, um nachzuplappern, was man ihr als die einzig richtigen Worte für diesen Anlass eingetrichtert hatte, erkannte sie, dass der Baron sie in fehlerfreiem Deutsch begrüßt hatte.
Vermutlich erwartet er nun, dass sie ihn dafür beglückwünschte.
Lieber würde sie sich die Zunge abbeißen. Aber wie dumm von ihm, ihr zu verstehen zu geben, dass er sie verstand, wenn sie seiner Gegenwart Deutsch sprach. Sollte sie ihm für diese unbewusste Warnung danken? Vielleicht besser nicht.
Sie antwortete ihm auf Englisch, und ebenso fehlerlos, dabei legte sie ihre Hand zierlich in die seine und nahm interessiert zur Kenntnis, wie er sein dunkles Haupt neigte und einen Kuss auf ihre bloßen Finger hauchte.
Das Prickeln, das sie bis hinauf in die Schulter fühlte, ignorierte sie. „Sie haben meinen Sekretär, Major Prochazka, schon kennengelernt?“
Der Baron ließ ihre Hand nicht los, sondern legte sie gewandt in seine Armbeuge und führte Alina dahin, wo Luka und ein merkwürdiges, mit einer Perücke gekröntes Geschöpf warteten. Letzteres strahlte sie an, als habe sie ihm gerade den größtmöglichen Gefallen getan. Die beiden Männer verbeugten sich vor ihr – der kleine seltsame mit wesentlich mehr Schwung und Elan als der arme Luka, der mit seinem Säbel zu kämpfen hatte –, dann machten sie kehrt und bahnten für sie und den Baron einen Weg durch die Menge, fort vom Kai.
„Ihr Sekretär, Comtesse? Ah, ja, sicher, und ich bin der König von Siam.“
Alina blieb abrupt stehen, was den Baron zwang, ebenfalls anzuhalten. „Was wollen Sie damit sagen, Mylord?“
„Ich? Lediglich, meine Liebe, dass wir beginnen sollten, wie wir fortzufahren gedenken. All dieser Schwulst, den Sie über Verbesserung der
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