Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
Person vorgestellt, die ihm einen Erben schenken und sich dann auf ihren Stickrahmen konzentrieren würde, während er seiner eigenen Wege ging. Nun regten sich in ihm erste vage Bedenken.
Die Dame hob die Rechte und zog die Kapuze fort, langsam zuerst – dann ein jäher Schwung, und zutage kam eine Pracht glänzend schwarzer Locken und ein Antlitz, das die Neugierigen auf dem Kai bewundernd aufseufzen ließ.
Jede Vorstellung von weiblicher Schönheit, die Justin bisher gehegt hatte, war vergessen, als die Comtesse Magdalena Evinka Nadeja Valentin ihr hübsches, sanft gerundetes Kinn hob und hoheitsvoll die Versammlung unten auf dem Kai musterte.
Ihr Teint schimmerte zart elfenbeinfarben, die rabenschwarzen Brauen schwangen sich elegant über großen, goldbraunen, mandelförmigen Augen. Die Nase war edel geformt, der Mund schön geschnitten, und die hohen Wangenknochen verliehen ihrer Schönheit eine leicht exotische Note.
Inmitten der jäh verstummtem Menge, die nicht die geringste Ahnung hatte, wer dieses Geschöpf sein könnte, knicksten unversehens mehrere Frauen, und Männer lüpften ihre Kopfbedeckungen oder hoben ehrerbietig die Hand an die Schläfe. Die Dame nahm diese Huldigungen mit einem kaum merklichen Nicken entgegen als etwas, das ihr ganz selbstverständlich gebührte.
„Gott im Himmel“, stammelte Wigglesworth leise, und seine Augen füllten sich mit Tränen des Entzückens.
Von irgendwo weit weg drang Lukas Stimme an Justins Ohr. „Comtesse Alina, Mylord, Ihre zukünftige Braut.“
„Meine Güte“, murmelte Justin in sich hinein, „dieses impertinente junge Ding hat mir die Schau gestohlen.“
Und schlimmer noch, zum ersten Mal, seit er sich erinnern konnte, erkannte Baron Justin Wilde, dass er tatsächlich einen Hauch Unbehagen verspürte – und ein winziges Quäntchen Sorge um sein Wohlbefinden und inneres Gleichgewicht.
2. KAPITEL
A linas Herz pochte so heftig, dass sie fürchtete, es werde ihr jeden Moment zerspringen.
Eben hatte Tatiana ihr zugeflüstert, dass dieser Baron Wilde nicht ein uraltes Monstrum sei, sondern jung und nahezu gottgleich, und dass das gnädige Fräulein wieder einmal Glück im Unglück gehabt habe.
Nur hatte Alina sich dies alles nicht ausgesucht, war nicht auf eigenen Wunsch in dieser Lage. Seine Kaiserliche Hoheit hatte sie hineingebracht, und ihr blieb es überlassen, wieder hinauszufinden.
Leider aber gab es keinen Ausweg. Das hatte Luka ihr unmissverständlich klargemacht. Ihre Mutter war vor drei Jahren gestorben, ihr Vater bei Waterloo gefallen; ihre einzige Fürsprecherin bei Hofe war nun ihre Tante Mimi. Was damit gleichzusetzen war, überhaupt keinen Fürsprecher zu haben. Niemand würde für sie eintreten, um Seine Majestät zu überzeugen, dass sein manchmal ein wenig lästiges Mündel nicht geopfert werden durfte, um die Beziehungen zwischen seinem Reich und dem gierigen England zu festigen.
Tante Mimi hatte das Verlöbnis als Ehre bezeichnet, dabei hatte sie allerdings ihr triumphierendes Lächeln nicht ganz verbergen können. Endlich wurde sie ihre inzwischen erwachsene Nichte los, deren Schönheit von Tag zu Tag offensichtlicher wurde, während ihre eigene bereits verblasste.
Als Alina sich schließlich in ihr Schicksal ergeben hatte, hatte sie nur zwei Dinge verlangt, und eines davon erhalten.
Ihre eindringliche Bitte, alles über diesen Baron Wilde zu erfahren, war auf taube Ohren gestoßen. Abgesehen von Tatianas alberner Bemerkung gerade eben wusste sie heute nicht mehr über ihn als zwei Monaten zuvor, als man ihr mitgeteilt hatte, dass sie seine Ehefrau werden würde.
Ihre zweite Bitte allerdings war erfüllt worden, wie das hermelinverbrämte Cape bewies. Sie hatte verlangt, dass, wenn sie den österreichischen Hof und den König repräsentieren sollte, ihre Garderobe, ihre gesamte Ausstattung vom Allerfeinsten sein müsse, einer Abgesandten Seiner Majestät würdig.
Also keine mädchenhaften Kleidchen mehr wie die, in die ihre Tante sie gesteckt hatte, stattdessen hochelegante Roben aus feinster Seide und hochmodische Accessoires, dazu der gesamte Schmuck ihrer Mutter, der während der letzten drei Jahre auf wundersame Weise in Tante Mimis Schatullen gewandert war.
Alina hatte der Guten zum Abschied ein hübsches Granat-Ensemble geschenkt mit einer reizenden Rede, in der sie ihre Dankbarkeit für die liebevolle Sorge ausdrückte, wohlweislich in Gegenwart des Kaisers, damit Tante Mimi ihr diese schlichte Gabe nicht ins
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