Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
entfernt vom Herzogtum meines Freundes Tanner Blake und seiner Gattin liegt. Die beiden habe ich schon benachrichtigt, dass du bald dort Wohnsitz nehmen wirst. Tanner wird bereitwillig die Verwaltung deiner Finanzen übernehmen, bis sie dich im kommenden Frühling in die Gesellschaft einführen und du mindestens die Hälfte der Gentlemen dort umwerfen wirst. Du bist immerhin die Enkelin eines englischen Earls und die Tochter eines Kriegshelden. Prinny wird nicht ein Wort gegen dich einwenden. Wie sollte er auch, nachdem in London schon die Geschichte die Runde macht, dass er für die Begnadigung, die er mir erteilte, fünfzigtausend Pfund von mir bekam?“
Vor Alinas Augen drehte sich alles. Sie würde sicher untergebracht sein. Sie würde auf eigenen Füßen stehen, hier in England, in London. Er schenkte ihr ein eigenes Leben. Dieser Mann, der sie kaum kannte, der ihr zu nichts verpflichtet war. „Ich … äh … ich danke dir. Du hättest das nicht tun … ich meine, aus welchem Grund hättest du … Danke.“
Er griff nach ihrer Hand. „Doch, ich habe einen sehr wichtigen Grund, Alina. Du kannst ihn nicht wissen, aber der Prinzregent weiß ihn. Der Gegner, der deinen Onkel im Duell getötet hat, war ich. Ich musste aus England fliehen, um nicht gehenkt zu werden, weil ich Robbie Fabers Leben ein Ende setzte. Der Prinzregent zitierte mich nur zu sich und gewährte mir die Begnadigung, damit ich seinem neuen Verbündeten Kaiser Franz den Regimentsinhaber Novak vom Hals schaffe. Und, da bin ich mir sicher, um sich auf meine Kosten zu amüsieren, weil ihm klar war, dass ich diese einzige Chance, mein Vergehen wiedergutzumachen, nicht ablehnen würde. Dass du dabei zu Tode kommen könntest, hat er in seiner weltfremden Art überhaupt nicht in Betracht gezogen. Der Mann glaubt ja inzwischen fast schon, dass er persönlich an Wellingtons Seite bei Waterloo gekämpft hat. Solche Wahnvorstellungen scheinen das Erbe seines Vaters zu sein.“
Mit einer heftigen Geste zog Alina ihre Hand fort. „Du? Du hast meinen Onkel erschossen? Den Bruder meiner Mutter? Du? Warum nur?“
„Das ist unwichtig. Ich will mich nicht rechtfertigen. Nur deine Verzeihung erbitten und dir danken für die Gelegenheit, es auf die einzige Weise wiedergutzumachen, die mir zur Verfügung steht. Das war dem Prinzregenten natürlich auch klar. Er weiß, dass ich Novak beseitigen kann, denn das ist, was ich seit acht Jahren tue – unliebsame Leute beseitigen. Ich bin kein netter Mensch, Alina. Genau genommen bin ich das absolute Gegenteil von der Sorte Mann, die du als Ehemann verdienst.“
Solchen Unsinn würde sie sich nicht anhören. Man zwang ihn, jemanden zu töten – um ihretwillen. Er tat das alles für sie, übereignete ihr seinen gesamten Besitz, verließ sein Land und machte sich zum Flüchtling. Als eine Art Buße für etwas, das vor so vielen Jahren geschehen war? Lieber Gott! Er mochte alles Mögliche sein, aber er war nicht schlecht. Nur, wie konnte sie ihn überzeugen? Sie fühlte sich so machtlos und sehr, sehr traurig.
„Alina, schweif mit deinen Gedanken nicht ab. Hör mir zu. Wenn Novak tot ist, können unsere beiden Majestäten nicht noch weiter gehen. Das wissen sie, es wird ihnen … unmissverständlich klargemacht werden. Sie werden den Stand der Dinge akzeptieren und sich neuen Intrigen zuwenden. Daran herrscht in Monarchien ja nie Mangel. Der Prinzregent wird meine Existenz nur zu gerne vergessen. Deine Roma bekommen ihr armseliges Stück Land, und Kaiser Franz wird es schon irgendwie gelingen, es ihnen wieder abzujagen, ohne dich noch einmal darin zu verwickeln. Bitte, Kätzchen, nimm an, was ich dir biete. Es ist alles, was ich geben kann.“
„Mein Leben. Du bietest mir ein eigenständiges Leben.“
„Im Gegenteil, Alina, ich betrachte es lieber aus der Sicht, dass du meines rettest. Und was das andere angeht … Vorhin … Ich habe mich falsch verhalten, nicht du. Es ist besser, wenn wir vergessen, dass es je geschah.“
Unfähig, mehr zu sagen, nickte sie nur und stand auf. Sie wusste, was immer sie einwandte, er würde sowieso nicht auf sie hören. Langsam entfernte sie sich, blieb nur einmal stehen, um sich nach ihm umzuschauen, dann ging sie hinaus und schloss hinter sich leise die Tür.
8. KAPITEL
Justin verschmolz mit dem eigentümlichen Dunkel, das kurz vor der Dämmerung herrscht. Die Umgebung war ihm fremd, doch die Regeln blieben die gleichen – sehen, nicht gesehen werden. Handeln, nicht
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