Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
Engel vermutlich.“ Justin lächelte überaus liebenswürdig. „Aber, wenn du dich nicht in einem echten Engelschor wiederfinden möchtest, schlage ich vor, dass du dich anderweitig beschäftigst. Nein, das hat nichts mit ihm zu tun“, ergänzte er, als der junge Mann bedeutungsvoll zu Brutus hinüberschaute. „Das geht nur uns beide an. Mir wäre lieber, wir blieben friedlich und machten uns auf den Weg, aber wenn du Schwierigkeiten machen willst, soll es mir recht sein.“
„Der Kampf wäre nicht fair, du hast ein Messer.“
„Ich habe sogar zwei. Faire Kämpfe überlasse ich denen, die nicht den Wunsch haben, nach einem langen, erfüllten Leben friedlich im Bett zu sterben. Aber ich bitte dich, es ist ein so schöner Morgen, und ich bin euer Gast. Du hältst dich von dem Mädchen fern, und ich erlaube dir, die Hand zu behalten, mit der du sie angefasst hast.“
„Du willst sie?“, rief Stefan verblüffend wagemutig. „Ich überlasse sie dir. Sie und die beiden Ochsen. Mögest du bei guter Stimme sein.“
Während der junge Mann davonstapfte, murmelte Justin: „Mögest du bei guter Stimme sein? Ist das ein spezieller Zigeunerfluch? Wie dumm von mir, den Jungen so zu reizen. Unverzeihlich. Es ist nie klug, sich Feinde zu machen, vergiss das nie, Brutus. Dahin bringen dich die Frauen, wenn du dich auf sie einlässt: dass du herumstolzierst und dich aufplusterst und Rad schlägst wie ein Pfau und dumme Jungen einschüchterst, weil du das Pfauenweibchen für dich willst.“
Brutus brummte, nickte und machte Platz, sodass Justin auf den Bock hinter dem Ochsengespann klettern konnte.
Er griff nach den ledernen Zugriemen und löste die schwere Fußbremse, dann ließ er, wie man es auch bei Pferdegespannen machte, die Riemen leicht über den Rücken der Ochsen tanzen.
Die Ochsen verharrten seelenruhig an Ort und Stelle. Er vermutete fast, dass sie dösten.
Da ergab sich offenbar ein Problem. Er hatte die unterschiedlichsten Pferde geritten, hatte alle nur möglichen Gespanne gelenkt, doch noch nie hatte er hinter einem sturen Paar Ochsen gesessen, das ihn mit bewundernswerter Seelenruhe ignorierte.
Loiza, der Anführer der Sippe, rief Justin etwas zu, das er aber nicht verstand. Er nahm die dicke Peitsche aus ihrer Halterung neben dem Sitz und ließ sie geschickt über den Köpfen der Ochsen schnalzen, ohne Erfolg.
„Vielleicht hat es ja etwas zu bedeuten: Stefan singt ihnen vor“, hörte er Alinas Stimme hinter sich.
Als er sich umdrehte, sah er sie aus der oberen Hälfte der schmalen Tür hinter dem Fahrersitz lugen. „Jedenfalls hat er gestern Nachmittag ständig gesungen.“
Mögest du bei guter Stimme sein.
„Also war es tatsächlich ein Fluch.“ Im Geiste zog Justin den Hut vor Stefan, der, vom einen Ohr zum anderen grinsend, auf der Lichtung stand. „Entschuldige mich“, sagte er und stellte die Bremse fest – vermutlich eine unnötige Maßnahme. „Ich glaube, ich muss zu Kreuze kriechen.“
Ein paar Stunden später schaute Justin vom Sattel seines Pferdes aus zu, wie die Wohnwagen auf einer Wiese am Rande des Dorfs Farnham im Kreis aufgestellt wurden.
Kaum war das geschehen, brach in dem Lager lebhafte Betriebsamkeit aus, wobei jeder seine Aufgabe ganz genau zu kennen schien, einschließlich Alina, die offensichtlich vorhatte, Loiza und Luka in das Städtchen zu begleiten.
„Nein, du bleibst hier“, erklärte Justin, als sie in den Wagen steigen wollte. „Loiza wird dem Major weiterhelfen. Er erzählte mir, dass sie seit Langem zweimal im Jahr hierherkommen, deshalb denkt sich niemand etwas, wenn er in der Stadt auftaucht. Bei dir ist das anders. Du … fällst auf.“
Justin bekam Unterstützung von Luka, der sich anscheinend kräftig genug fühlte, um aufzustehen. Als er an der Tür erschien, brach das Gespräch jäh ab. Er trug die typische Tracht der Roma, und sein rechter Arm steckte in einer Schlinge, beides nicht überraschend. Was jedoch alle verblüffte, war Lukas glatt rasiertes Gesicht.
„Luka! Ich hätte dich nicht erkannt!“, rief Alina, als er langsam die paar Stufen herunterkam. Ohne die üppige Bartzier sah er um Jahre jünger aus. Ihm folgte Wigglesworth, mit überaus zufriedener Miene, da er an der Verwandlung des Majors offensichtlich nicht unbeteiligt war.
„Sie verlassen die Armee Ihres Königs früher als geplant, mein Freund?“, fragte Justin.
Luka strich sich mit der Hand über Kinn und Wangen. „Ich könnte sagen, dass es meine Verkleidung
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