Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
auch nicht den Ring, den er für seine unbekannte Braut erworben hatte, sondern den Verlobungsring, der seit Generationen in seiner Familie war, den seine Mutter getragen hatte und den man ihm nach ihrem Tod durch halb Europa hinterhergeschickt hatte.
An so vielen Händen hatte dieser Ring schon gesteckt, wieder und wieder war die Größe angepasst worden, um den Diamanten in der Mitte waren verloren gegangene Steine ersetzt worden. Der Diamant war auch nicht der ursprüngliche Stein gewesen, wenn man den Familienporträts trauen konnte. Aber trotz all dieser Änderungen blieb er der Verlobungsring der Wildes. Das nannte man Tradition.
Und nun würde er den Finger einer weiteren Wilde-Braut zieren.
„Aber Justin, wir sind schon …“
„Nicht richtig“, unterbrach er sie. Irgendwo hinter sich hörte er Lydia schniefen. „Denn jetzt entscheidet niemand mehr für uns. Wir entscheiden, Kätzchen, du und ich.“ Er hielt inne, schaute lächelnd um sich und fügte hinzu. „Nun, beinahe nur du und ich, aber wir werden sie einfach nicht beachten.“
„Oh, Justin …“
„Komm, das brauchen wir, glaube ich, nicht.“ Er nahm ihr den noch leeren Teller ab, stellte ihn zur Seite und ergriff erneut ihre Hand. „Lady Magdalena Evinka Nadeja Valentin …“
„Das hast du dir alles gemerkt?“
„Alina, bitte … Also, wo war ich doch gleich?“
„Du warst gerade ziemlich herrisch.“
Er drückte spielerisch ihre Hand. Sie hatte von Anfang an keine Angst vor ihm gehabt, hatte sich nicht sonderlich von ihm beeindrucken lassen, hatte ihn stets durchschaut, hatte bis tief in seine Seele geschaut, in die Seele, die er schon längst verloren geglaubt hatte.
„Alina, ich bin immer noch des Mordes an drei Männern angeklagt, ich habe den Prinzregenten bedroht und könnte jeden Moment in Ketten gelegt werden. Meine Begnadigung für den Tod deines Onkels wird vielleicht zurückgezogen. Ich weiß immer noch nicht, was mit diesem verdammten Novak geschehen soll, und vielleicht muss ich doch noch aus England fliehen, dieses Mal vermutlich für immer …“
„Um Himmels willen, Lucas“, flehte Nicole in gedämpftem Ton, „mach etwas, er wird es ihr sonst noch ausreden.“
Woraufhin Tanner laut auflachte, was ihm einen strafenden Blick seiner Gattin eintrug.
„Ihr seid nur Zeugen, haltet euch heraus“, zischte Justin, ohne den Blick von Alinas bleichem Gesicht zu wenden. „Alina, ich liebe dich. Ich würde sterben für dich, viel lieber aber möchte ich für dich leben und für unsere Kinder und für das Glück, das wir einander spenden können – hoffentlich, lieber Gott, hier in England, inmitten unserer guten und wunderbar aufdringlichen Freunde. Bitte, Alina, wirst du mir, bevor es endgültig albern wird, die Ehre geben, meine Frau zu werden?“
„Sag ihm, du musst einen Augenblick überlegen“, riet Tanner. „Ein wenig länger auf den Knien kann ihm nicht schaden. Ich jedenfalls genieße den Anblick eines unterwürfigen Justin Wilde.“
„Ich nicht!“, sagte Alina mit Nachdruck. Sie nahm den Ring entgegen, steckte ihn sich auf den Finger und ergriff dann Justins Hände, um ihn hochzuziehen. „So, es ist getan, endlich! Wirst du mich nun küssen, Justin? Oder muss ich dich immer erst darum bitten?“
Er schlang einen Arm um sie. „Du hast noch nicht Ja gesagt, Kätzchen.“
Alina verdrehte die Augen.
Wie sehr er das an ihr liebte. Sie hielt nie mit ihren Gefühlen hinterm Berg, war nie gleichgültig und nie unentschlossen.
Nun hob sie sich auf die Fußspitzen, umfing sein Gesicht mit den Händen und küsste ihn glühend und innig. Küsste ihn, bis einer von ihnen – Justin wusste nicht, wer – zu lachen begann und sie den Kuss unterbrachen.
„Du bist ein so wundervoller Dummkopf! Ich habe schon ein Dutzend Mal Ja gesagt“, murmelte Alina, immer noch seine Hände haltend, während sie einander mit Blicken verschlangen.
„Da hast du wohl deine Antwort“, sagte Tanner und klopfte Justin anerkennend auf den Rücken, während die Damen Alina zur Seite nahmen, sie umarmten und den Ring bewunderten. „So schwer du auch in der Klemme sitzt, bist du doch, verdammt noch mal, der glücklichste Kerl, den ich kenne.“
Heute sollte ihr Tag sein, den sie ganz allein genießen wollten, ohne einen Gedanken an die Schatten, die über ihnen hingen.
Alina, die ein von Nicole geborgtes rubinrotes Reitkleid trug, hatte den Ausritt mit Justin ungemein genossen, obwohl die ebenfalls geborgte Stute ihr ein
Weitere Kostenlose Bücher