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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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wurde.
    «Hier», rief der Junge, «hier müssen Sie rein.»
    Toller drehte sich um, um zu sehen, ich welche Richtung der Junge deutete. Dann steuerte er den Wagen nach rechts. Der Weg
     wurde immer enger. Rechts und links schlugen die überhängenden Zweige der Hecken und Obstbäume an die Autofenster. Plötzlich
     kam das Fahrzeug mit einem lauten Krachen zum Stehen. Toller ließ den Motor noch einmal laut aufheulen, aber nichts bewegte
     sich. Sie saßen fest.
    «Verdammter Mist!»
    Sein Kollege sah ihn resigniert an. Der Unterboden des Streifenwagens hatte auf einem großen Grenzstein aufgesetzt.
    Nur mit Mühe kamen die drei aus dem Fahrzeug heraus. Die Stimmung der Polizisten wurde immer gereizter. Ihnen |288| würde nichts anderes übrig bleiben, als den Weg zu Fuß fortzusetzen. Einzig der Junge schien diesen Zwischenfall als eine
     Steigerung seines ungewöhnlichen Abenteuers zu begreifen.
    Drei Minuten später sahen sie etwas oberhalb auf dem Weg einen Mann stehen. Bevor die Beamten ihn aufhalten konnten, lief
     Timo Schneider auf seinen Vater zu. «Papi, Papi, ich habe die Polizei geholt.»
    Schwitzend kamen Toller und Steinwachs am Eingang des Gartens an. «Sie sind Herr Schneider?»
    Schneider grinste. Er ignorierte Tollers ausgestreckte Hand und schaute stattdessen demonstrativ auf seine Armbanduhr.
    «In der Tat, mein Name ist Doktor Schneider. Es wird Zeit, dass Sie kommen. Ich hätte Sie telefonisch angefordert, aber bedauerlicherweise
     habe ich mein Handy zu Hause vergessen. Wie Ihnen mein Sohn ja bereits mitgeteilt haben dürfte, befindet sich in meinem Gartenhaus
     ein fremder Mann. Wenn ich die Herren jetzt bitten dürfte, den Einbrecher festzunehmen.»
    Steinwachs merkte, wie sich Tollers Körper versteifte. Er rechnete jeden Moment mit einem Wutausbruch seines Kollegen. Deshalb
     war er bemüht, ihm zuvorzukommen. «Hören Sie, Herr Doktor Schneider, bleiben Sie jetzt einfach mit Ihrem Sohn hier draußen
     stehen und lassen Sie uns unsere Arbeit tun. Haben Sie verstanden?»
     
    Als Schneider ihnen den Weg freigab und das Tor öffnete, merkten die Polizisten, dass das, was sich dahinter verbarg, weniger
     einem Garten als vielmehr einem parkähnlichen, künstlich angelegten Urwald glich. Das Grundstück hatte mindestens 3000   Quadratmeter und war von einem hohen Zaun umfasst. Das Gelände war mit riesigen, wunderschönen Bäumen bewachsen, zwischen
     denen ein schmaler Bach entlanglief, der am nördlichen Ende zu einem kleinen See gestaut war. Das Ufer des Sees war von Schilf
     umwuchert, und man |289| konnte eine unglaubliche Vielfalt von Libellen, Schmetterlingen und anderen Insekten entdecken. Es sah so aus, als habe der
     Besitzer die gesamte Anlage absichtsvoll verwildern lassen. Und man ahnte, dass es für einen Gärtner weit mehr Arbeit bedeutete,
     die Schönheit dieser Verwilderung zu erhalten, als ein Kartoffelbeet, ein paar Obstbäume und ein Stück englischen Rasen zu
     pflegen.
    Auch das als Gartenhaus bezeichnete Gebäude war weniger eine Laube als vielmehr ein kleines zweistöckiges Fachwerkhaus, das
     sein jetziger Besitzer einem Bauern im Spessart abgekauft hatte. Dort war es abgebaut und hier, am Ortsrand von Frankfurt,
     komplett wieder aufgebaut worden. Steinwachs erinnerte sich, darüber einen Bericht im Lokalteil der Zeitung gelesen zu haben.
    Doch die beiden Schutzpolizisten hatten wenig Sinn für die Schönheiten dieser Anlage. Sie merkten sehr rasch, dass das, was
     sie für einen Routineeinsatz gehalten hatten, keine leichte Aufgabe werden würde. Das Gelände war unübersichtlich, und wenn
     der Einbrecher sie bemerkte, konnte er sich ohne Mühe in dem Haus verschanzen.
    «Was meinst du?», sagte Steinwachs. «Sollten wir nicht lieber Verstärkung anfordern?»
    Toller zögerte einen Moment mit seiner Antwort.
    «Komm», sagte er dann. «Lass uns erst einmal schauen. Außerdem haben wir die Funkgeräte im Auto liegen lassen.»
    Die beiden öffneten ihre Holster und zogen die Dienstpistolen. Während Toller sich von der Seite der Eingangstür des Hauses
     näherte, schlug Steinwachs einen Bogen und nutzte den Schutz einer hohen Staude, um sich an das Fenster heranzuschleichen.
    Die Sonne fiel schräg auf die Glasscheibe, und Steinwachs musste nah an das Fenster heran, um im Innern etwas erkennen zu
     können. Während er mit der Rechten seine Waffe |290| hielt, legte er die linke Hand schützend über seine Augen und näherte sich der Scheibe. Seine Pupillen

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