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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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stehen.
    Er hörte die Stimme seines Kollegen, der Hendrik Plöger aufforderte aufzugeben. Steinwachs lauschte. Er wusste, wenn Toller
     sich entschied, die Treppe hinaufzusteigen, war der entscheidende Moment gekommen.
    Dann hörte er Kinderstimmen, die ein Lied sangen: «Wem Gott will rechte Gunst erweisen.» Die Stimmen kamen von dem nah gelegenen
     Waldspielplatz. Einen Moment lang war er abgelenkt.
    Dieser kurze Moment genügte.
    |293| Plöger sprang ihm direkt auf den Oberkörper. Steinwachs fiel vornüber. Sein Kopf schlug auf eine Bodenplatte. Er merkte noch,
     wie ihm die Pistole entwunden wurde, dann verlor er das Bewusstsein.
    Als der Schutzpolizist Raimund Toller an der Fensteröffnung erschien, sah er gerade noch, wie Plögers Kopf hinter dem hohen
     Gartenzaun verschwand.

|294| Dreiunddreißig
    Als die Nachricht Robert Marthaler erreichte, saß er noch immer mit Sabato in seinem Büro. Sie hatten gerade beschlossen,
     sobald es die Zeit erlaubte, einmal gemeinsam ins Schwimmbad zu gehen, als Elvira das Gespräch durchstellte. Am Telefon war
     der Leiter des 8.   Polizeireviers. Er berichtete, dass zwei seiner Beamten versucht hatten, Hendrik Plöger zu verhaften, und dass bei diesem
     Versuch einer der Polizisten verletzt worden sei.
    «Was heißt verletzt?», fragte Marthaler.
    «Wir wissen es noch nicht. Wahrscheinlich eine schwere Gehirnerschütterung. Er ist in die Klinik gebracht worden. Mehr wissen
     wir erst, wenn die Untersuchungen beendet sind.»
    Marthaler hörte sich den Bericht des Kollegen an. Er war wütend, dass Plöger ihnen entwischt war, aber er wusste, dass er
     niemandem einen Vorwurf machen konnte.
    «Wie lange ist das alles her?», fragte er.
    «Ungefähr zwanzig Minuten, vielleicht eine halbe Stunde. Toller musste sich erst um die ärztliche Versorgung von Steinwachs
     kümmern.»
    «Ich verstehe. Aber das heißt, dass es wahrscheinlich zu spät ist, das Kleingartengelände abzuriegeln. Plöger kann längst
     über alle Berge sein. Immerhin können wir ihn jetzt guten Gewissens zur öffentlichen Fahndung ausschreiben. Schließlich hat
     er einen Polizisten verletzt und eine Dienstwaffe gestohlen. Wir müssen jetzt rasch handeln, um ihn möglichst schnell wieder
     einzufangen. Ich möchte umgehend mit Toller sprechen. Das Beste wäre, er würde sofort hierher kommen.»
    |295| Doch dann überlegte er es sich anders.
    «Oder nein», sagte Marthaler. «Ich werde zu euch kommen. Toller soll sich bereithalten. Ich werde mit ihm in diesen Garten
     fahren. Ich will mir ein Bild machen. Wenn ich es schaffe, bin ich in zirka einer Stunde da.»
    Marthaler stürmte auf den Flur. Bevor er nach Sachsenhausen fuhr, wollte er die Kollegen zu einer kurzen Besprechung ins Sitzungszimmer
     bitten, um die nächsten Aufgaben zu verteilen. Ohne anzuklopfen, öffnete er die Tür zu Kerstin Henschels Büro. Sie und Manfred
     Petersen schauten ihn verwundert an. Marthaler hatte den Eindruck, die beiden überrascht zu haben. Kerstin wurde rot, und
     Petersen schien ein wenig verlegen zu lächeln. Marthaler wusste nicht, was das zu bedeuten hatte, und er wollte es lieber
     nicht wissen. Er wollte nicht behelligt werden mit dem Gefühlsleben seiner Umgebung.
    «Kommt», sagte er. «Wir müssen eine kurze Lagebesprechung machen. Sagt bitte Döring und Liebmann Bescheid. Und wenn Schilling
     da ist, soll er ebenfalls kommen.»
    Auf dem Gang begegneten ihm Herbert Weber und Guido. Marthaler hatte die beiden schon wieder völlig vergessen. Er entschuldigte
     sich und sagte, dass das gemeinsame Mittagessen leider ausfallen müsse.
    «Ist es Ihnen gelungen, ein Phantombild zu erstellen?», fragte er.
    Die beiden nickten, und Weber hielt ihm einen braunen Umschlag hin. «Das sollen wir Ihnen geben.»
    Marthaler öffnete den Umschlag und zog den Computerausdruck des Phantombildes heraus. Verblüfft schaute er das Porträt an.
     «Und das ist die junge Frau, die Sie gesehen haben?»
    «Ja, so sieht sie aus.»
    «Da sind Sie sich sicher?»
    |296| Beide bestätigten es.
    «Meine Güte», sagte Marthaler, der sich normalerweise nicht leicht von Äußerlichkeiten beeindrucken ließ, «das ist in der
     Tat ein ungewöhnlich schönes Mädchen. Wer so aussieht, sollte sich wohl identifizieren lassen.»
    Er bedankte sich bei den beiden für ihre Hilfe und kündigte an, dass sie noch einmal zur Gegenüberstellung gebraucht würden,
     falls denn die junge Frau irgendwann gefunden werde. Dann verabschiedeten sie sich, und

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