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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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kurzen Fahrt schwiegen |397| die drei. Sie kamen vor dem Eingang des Hotels an. Ein Wagen der Spurensicherung stand bereits mit offener Heckklappe auf
     dem Bürgersteig.
    «Wir brauchen Verstärkung», sagte Marthaler. «Bis wir die Lage geklärt haben, soll niemand das Hotel verlassen.»
    «Das werden wir nicht schaffen», sagte Kerstin Henschel. «Weißt du, wie groß dieses Haus ist? Hier gibt es unendlich viele
     Aus- und Eingänge.»
    «Wir müssen es versuchen. Manfred, bitte kümmre dich darum. Und Kerstin, du trommelst bitte alle Leute zusammen, die irgendetwas
     über die Sache wissen. Wer ist das Opfer? Welche der Angestellten kannten den Mann? Seit wann hat er hier gewohnt? Wer hat
     die Leiche gefunden? Sorg bitte dafür, dass man uns einen Raum zur Verfügung stellt.»
    Marthaler eilte zur Rezeption und bat einen der Angestellten, ihn zu dem Zimmer zu führen, in dem der Tote gefunden worden
     war. Sie stiegen in einen Aufzug, fuhren zwei Stockwerke hinauf und folgten einem langen Gang. Als sie um die Ecke bogen,
     sah Marthaler bereits das Absperrungsband und die beiden Alukoffer mit Schillings Werkzeugen. Das Zimmer trug die Nummer 324.   Am Türknauf hing ein Schild mit der Aufschrift: «Bitte nicht stören!» Um keine Spuren zu verwischen, nahm Marthaler einen
     Kugelschreiber und klopfte damit an die angelehnte Tür. Dann schauderte er zurück. Ihm schlug der süßliche Geruch eines verwesenden
     Leichnams entgegen. Im selben Augenblick meldete sich Walter Schillings barsche Stimme. «Was ist? Keiner betritt den Raum!»
    Marthaler hielt sich den Unterarm vor die Nase.
    «Ich bin’s», sagte er. «Kann ich reinkommen?»
    «Keine Chance», erwiderte Schilling. «Das kann noch Stunden dauern. Hier sind schon viel zu viele Leute durchgetrampelt.»
    |398| «Was ist passiert? Kannst du nicht wenigstens mal herkommen?»
    Kurz darauf erschien Schillings bleiches Gesicht in der Türöffnung. Der Chef der Spurensicherung hatte sich einen Atemschutz
     vor Mund und Nase gebunden. Er schaute Marthaler aus geröteten Augen an. Seine Hände steckten in dünnen Kunststoffhandschuhen.
     Er schüttelte den Kopf. «So was sieht man nicht alle Tage. Das Zimmer ist ein einziger Saustall.»
    «Also: Dann erzähl! Wenn du mich schon nicht reinlassen kannst.»
    «Was willst du wissen? Ich bin selbst erst seit zehn Minuten hier. Männliche Leiche. Hat einen Ausweis bei sich auf den Namen
     Georg Lohmann. 35   Jahre. Ist zirka zwei bis vier Tage tot. Genauer kann ich es nicht sagen, da ich nicht weiß, wann und wie lange die Klimaanlage
     eingeschaltet war. Erstochen. Mindestens acht Stiche. Hier drin sieht es aus wie   … Nein, ich erspar uns einen Vergleich. Es ist alles voller Blut. An der Decke im Bad. Schleifspuren auf dem Teppichboden.
     Im Bett eine riesige Lache. Überall an den Wänden Spritzer.»
    «Sonstige Spuren?»
    «Viel zu viele. Überall sind Abdrücke. Wer weiß, wer hier schon alles drin war, bevor man uns gerufen hat. Das wird eine Kärrnerarbeit.»
    «Meinst du, die Sache könnte etwas mit den Morden im Wald zu tun haben?», fragte Marthaler.
    Schilling nickte. «Allerdings. Es ist das gleiche Muster. Und wenn du mich fragst, wurde sogar dieselbe Waffe verwendet.»
    «Die du aber nicht gefunden hast?»
    «Nein. Bislang jedenfalls nicht.»
    Marthaler merkte, wie ihm schwindelig wurde. Für einen Augenblick hatte er Lust aufzugeben. Er stellte sich vor, den Polizeipräsidenten
     anzurufen und ihm mitzuteilen, dass er |399| sich der Sache nicht mehr gewachsen fühle, dass er versagt habe und um Entbindung von seinen Aufgaben bitte. Dann wischte
     er sich über die Augen und schüttelte den Kopf.
    «Was ist mit dir?», fragte Schilling.
    «Schon gut. Ich dachte nur gerade, dass ich dringend Urlaub brauche.»
    «Wem sagst du das?», erwiderte Schilling. «Mein Antrag liegt bereits ausgefüllt auf dem Schreibtisch.»
    «Gibt es sonst noch was?»
    «Ja. Lohmann scheint nicht allein in dem Zimmer gewohnt zu haben. Hier stehen mehrere Taschen und Tüten mit Frauenkleidung
     herum. Das meiste ist nagelneu. Alles ziemlich edle Sachen. Und bevor du mir jetzt auch diese Frage noch stellst: Nein, ich
     weiß nicht, ob sie unserer schönen Phantomfrau gehören. Aber immerhin: Es könnte sein. Die Größe würde jedenfalls passen.
     So. Und jetzt würde ich wirklich gerne in Ruhe weiterarbeiten. Denn irgendwann möchte ich hier auch wieder rauskommen.»
    «Eine Bitte noch», sagte Marthaler. «Behandle alle

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