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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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später in der Maschine
     nach Frankfurt.
    Dies würde eine seiner letzten Reisen als Reporter sein, und er freute sich schon jetzt auf die Rückkehr zu seiner Familie.
     Er war fünfunddreißig Jahre alt, hatte in den letzten fünfzehn Jahren die halbe Welt bereist und war doch nirgendwo so gerne
     wie in seiner norddeutschen Heimat. Er mochte den Wind, das flache Land und den Dialekt seiner Kindheit. Hier verstand er
     die Leute, auch wenn sie wenig oder gar nicht sprachen. Und je älter er wurde, desto kleiner war seine Neugier auf unbekannte
     Gegenden und fremde Menschen geworden. Die vielen beruflichen Reisen hatten ihn im Laufe der Jahre zu einem häuslichen und
     familiären Menschen werden lassen.
    Noch vor der Landung auf dem Frankfurter Rhein-Main-Flughafen begannen die Komplikationen. Der Copilot machte eine Durchsage
     und teilte den Passagieren mit, dass ihre Maschine keine Landeerlaubnis erhalte, da sich die Ankunft des amerikanischen Präsidenten
     verzögert habe und Teile des Flughafens aus Sicherheitsgründen noch immer abgesperrt seien. Als Georg Lohmann neunzig Minuten
     später endlich seinen Koffer abgeholt und drei Sicherheitschecks hinter sich gebracht hatte, musste er feststellen, dass der
     Bahnverkehr |111| zwischen Airport und Innenstadt für die nächste Stunde eingestellt worden war. Mit der Rolltreppe fuhr er hinauf zur Haupthalle,
     verließ das Gebäude und versuchte, ein Taxi zu bekommen. Als er endlich einen freien Wagen erwischt hatte und den Fahrer bat,
     ihn in die Innenstadt zu bringen, teilte der ihm mit, dass er sich auf eine längere Fahrt gefasst machen solle, der Verkehr
     zwischen Flughafen und City sei fast vollständig zum Erliegen gekommen. Lohmann ließ sich auf das Polster der Rückbank fallen,
     öffnete das Fenster und schloss die Augen. Er war müde, schwitzte und sehnte sich nach einer Dusche in seinem Hotelzimmer.
     Nach fünfundvierzig Minuten hatten sie noch immer nicht das Stadtgebiet erreicht. In einer halben Stunde hatte er einen Termin
     mit dem Pressesprecher des Gaststättenverbandes. Auf den Straßen ging nichts mehr. Die Autos bewegten sich nicht einmal im
     Schritttempo. Er nahm sein Mobiltelefon und sagte den Termin ab.
    Eine Weile später zeigte der Taxifahrer auf die gegenüberliegende Seite der Straße.
    «Da», sagte er, «die haben es gut. Die gehen ins Schwimmbad.»
    Georg Lohmann überlegte einen Moment. Dann zog er seine Brieftasche hervor, bezahlte den Fahrer und sagte: «Genau das werde
     ich jetzt auch tun.»
    Er stieg aus, ließ sich seinen Koffer geben, kletterte über die Leitplanken und schlängelte sich zwischen den stehenden Autos
     hindurch. Er deponierte sein Gepäck bei der Kassiererin, lieh sich eine Badehose und ein Handtuch aus und beschloss, das zu
     tun, was jeder Reporter tat, wenn es Schwierigkeiten gab: Er würde diese Schwierigkeiten einfach zum Gegenstand seiner Reportage
     machen.
    Er ging zum Schwimmbecken, legte sein Handtuch auf eine Bank, sprang ins Wasser und schwamm ein paar Bahnen. Dann nahm er
     eine kalte Dusche, trocknete sich ab, kaufte am |112| Kiosk eine Limonade und eine Portion Pommes frites. Als er beides verzehrt hatte, suchte er sich einen Platz auf der Wiese.
    Da fiel ihm das Mädchen auf. Es hatte rote Haare und lag höchstens zwei Meter von ihm entfernt im Schatten einer Linde. Es
     war wirklich sehr hübsch   … Nein   … In Gedanken korrigierte er seine Formulierung sofort: Das Mädchen war nicht hübsch, es war außergewöhnlich schön. Hübsch
     wäre ein zu niedliches Wort gewesen für die Schönheit dieser jungen Frau. Sie schien zu schlafen. Sie lag weder auf einem
     Handtuch noch auf einer Decke. Sie war vollständig bekleidet. Doch hier, zwischen all den Frauen und Mädchen in ihren knappen
     Bikinis und Badeanzügen, war es genau dieser Umstand, der seine Aufmerksamkeit erregte. Er legte sich auf die Seite und schaute
     sie an. Er machte sich gar nicht bewusst, wie lange und wie ungeniert er sie anstarrte. Der Schatten verschob sich. Ihre Füße
     lagen bereits in der Sonne und bald auch ihre Beine. Er machte sich Sorgen, dass sie sich einen Sonnenbrand holen könnte.
     Am liebsten wäre er zu ihr hingegangen und hätte sein Handtuch über sie gebreitet.
    Dann schlug sie unverhofft die Augen auf. Er schaute rasch weg, aber sie hatte schon bemerkt, dass sie beobachtet worden war.
    Er versuchte seine Verlegenheit zu überspielen. Er zeigte in die Sonne und dann auf ihre Beine.
    «Die

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