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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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begrüßte auch ihn. Dann machte er die beiden Zeugen miteinander bekannt und brachte sie zu dem Porträtspezialisten.
     Dieser würde sie zunächst getrennt und später gemeinsam befragen.
    «Ich lasse Sie jetzt allein. Wenn Sie mögen, würde ich Sie beide nachher gern zum Essen einladen», sagte Marthaler.
    Dass es zu dieser Mahlzeit nicht kommen würde, konnte er noch nicht ahnen. Er ging zurück in sein Büro, wo ihn Sabato bereits
     erwartete.

|271| Dreißig
    «Es ist, wie du vermutet hast», sagte der Kriminaltechniker. «Das Blut, das wir an den Kleidungsstücken aus der Villa Brandstätter
     gefunden haben, ist identisch mit dem Fremdblut an der Kleidung Bernd Funkes. Das heißt: Die Einbrecherin und das Mordopfer
     hatten miteinander zu tun – und ich würde sagen, sie hatten auf ziemlich heftige Weise miteinander zu tun. Aber das ist noch
     nicht alles.»
    Sabato machte eine Pause, um Marthalers Spannung zu erhöhen. Doch der wollte ihm diesmal nicht den Gefallen tun, seine Ungeduld
     zu zeigen. Er wartete und schwieg.
    «Wir haben Blut von drei verschiedenen Personen an ihrem Kleid gefunden: erstens von ihr selbst. Zweitens von Bernd Funke.
     Und drittens   … nun rate bitte, von wem noch!»
    Marthaler schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    «Von Jochen Hielscher», sagte er.
    «So ist es», sagte Sabato. «Und wenn die DN A-Analyse nichts anderes ergibt, würde ich behaupten, dass das Mädchen mit beiden Männern Verkehr hatte. Die Spermaspuren, die wir
     gefunden haben, deuten jedenfalls darauf hin. Aber frag mich bitte jetzt nicht, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, ich
     habe nämlich nicht die geringste Ahnung.»
    «Genau diese Frage wollte ich dir aber stellen», sagte Marthaler. «Und genau diese Frage müssen wir beantworten, wenn wir
     weiterkommen wollen.»
    Die beiden Männer sahen sich einen Moment lang schweigend an. Beide scheuten sich davor, Schlussfolgerungen aus dem zu ziehen,
     was Sabato herausgefunden hatte. Sie wollten sich nicht ausmalen, was vier Tage zuvor im Stadtwald geschehen |272| war. Aber ihnen war klar, dass sich das nicht vermeiden ließ. Egal, wie schrecklich es auch war, sie mussten eine Vorstellung
     von den Ereignissen entwickeln, um entscheiden zu können, wie sie weiter vorzugehen hatten.
    Sabato schüttelte den Kopf.
    «Nein, Robert», sagte er, «das kannst du von mir nicht verlangen. Ich bin der, der durch das Mikroskop schaut. Mir ist es
     egal, ob ich einen Tropfen Wasser oder einen Tropfen Blut auf dem Tisch habe. Mich interessiert die Zusammensetzung von Körperflüssigkeiten.
     Der Grund, warum sie geflossen sind, interessiert mich nicht. Ich sage euch, was ich durch das Okular sehe. Das ist alles.
     Der Rest geht mich nichts an. Das ist eure Sache.»
    Marthaler schwieg noch immer.
    «Wenn ich etwas anderes gewollt hätte», fuhr Sabato fort, «wäre ich kein Naturwissenschaftler geworden. Dann wäre ich Sozialarbeiter
     oder Priester oder Fahnder geworden. Das wollte ich nicht. Ob du es glaubst oder nicht: Ich führe genau das Leben, das ich
     immer führen wollte. Ich mache meine Arbeit, gehe abends nach Hause zu meiner Frau, esse gut, schlafe gut und stehe am nächsten
     Morgen erholt wieder auf. Ich will nicht wissen, was die anderen Menschlein miteinander treiben oder was sie einander antun.
     Ich will es mir nicht einmal vorstellen. Also komm du jetzt bitte nicht und zwing mich, deinen Job zu tun.»
    Marthaler hatte den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Als er jetzt das Wort ergriff, sprach er so leise, dass Sabato
     Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    «Du bist ein Lügner», sagte Marthaler. «Alles, was du mir eben erzählt hast, war eine einzige riesengroße Lüge. Was du da
     beschrieben hast, ist ein mickriger, kleiner Spießer. Ein Mensch, der sich für nichts und niemanden interessiert als für sich
     und sein eigenes Wohlergehen. Du bist kein solcher |273| Mensch, auch wenn es dir gefällt, ein solches Bild von dir zu malen. Ein solcher Mensch kannst du auch gar nicht sein. Nicht
     bei deiner Geschichte und schon gar nicht bei der Geschichte deiner Eltern. Du bist niemand, der sich aus allem heraushält.
     Du bist kein Spießer, weil du dann nicht mein Freund sein könntest. Und ich habe dich nicht gebeten, mir zu helfen, weil es
     dein Job ist. Du solltest mir helfen, weil ich mir eingebildet habe, du würdest es als Freund tun.»
    Sabato war sprachlos. Seine Verwunderung war nicht zu übersehen. Er hatte die Arme von sich

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