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Ein Ami in Tirol

Ein Ami in Tirol

Titel: Ein Ami in Tirol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Steingruber
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Schützen ihre Positionen bezogen. Dass man heute einen so wichtigen Gast hatte, machte viele von ihnen nervös.
    Die Stimmung war ziemlich gereizt.
    »Wenn du mir noch einmal auf den Fuß latschst, kriegst eine gepatscht«, sagte der Rainhuber-Ferdl zu seinem Nachbarn, dem dicken Pfandlberger-Jockl.
    »Nicht wahr ist's. Du hast mich getreten mit deinen Bauernpatschen!« setzte sich der Bauernsohn mit krebsrotem Gesicht zur Wehr.
    »Leut, gebt's einen Frieden. Der erst Durchgang beginnt in fünf Minuten.«
    »Schieß bloß nicht daneben«, warnte die schwarze Mali, ihres Zeichens Kellnerin beim Ochsenwirt und seit genau drei Tagen das G'spusi des Pfandiberger-Jockl. »Blamier mich nicht.«
    »Drück dich nicht so her«, zischte er ihr zu. »Es könnt leicht wer sehen.«
    »Das war dir doch bisher egal«, schmollte sie und zog daraufhin einen Flunsch.
    »Sei doch g'scheit«, raunte er bittend und ließ seine kleinen Augen rollen. »Wir treffen uns heut Abend an der Feldscheune. Ich bring dir was Schönes mit.«
    »Was du mir mitbringst, kann ich mir schon denken, du Schlawiner, du ausg'schamter«, meinte sie grinsend und entfernte sich sehr zur Erleichterung des Bauernsohnes, denn seine Mutter, die Pfandlberger-Huberta hieß man keine Gute, und ihre Zunge war auf dem Hof und auch außer Haus sehr gefürchtet.
    James Brown verfolgte das Geschehen mit großem Interesse. Als schließlich der Steigenberger-Fritz den Meisterschuss getan hatte und die schwere Kette umgehängt bekam, trat Mr. Brown auf ihn zu und gratulierte ihm persönlich.
    »Meine Gratulation, junger Freund!«, rief er so laut, dass es beinahe jeder in der Umgebung hören konnte. »Sie haben sich wacker gehalten.«
    Der Fritz bekam ein Gesicht wie ein Zinshahn und wusste kaum wohin mit seinem Stolz. Heftig schnaubte er, und die Schützenkette klirrte bei jedem Atemzug.
    »Hurra!«, hallte es aus vollen Kehlen. »Der Schützenkönig lebe hoch!«
    Dann ließ man die Böller krachen. James Brown lauschte dem Nachhall aus den Bergen wie verzückt, und in seine Augen schien ein strahlender Glanz zu treten.
    »Das gefällt mir«, sagte er zu Alois, der neben ihm stand. »Das gefällt mir sehr gut sogar. Das muss man jede Woche machen.«
    »Aber das machen sie nur einmal im Jahr«, erklärte der Palauer.
    »Wie? Nur einmal im Jahr? Wenn ich nach Amerika zurückkomme, werden wir dort jede Wochen - wie heißt es ...?«
    »Schützenfest«, sagte Alois.
    »Wir werden jede Woche Schützenfest machen«, versicherte der Amerikaner. Dann ging er ein bisschen herum und klopfte diesem oder jenem jovial auf die Schulter. Auch denen, die verloren hatten. Und die fühlten sich nun doch auch sehr geehrt.
    Der ganze Aufzug wanderte zum Schützenzelt. Es wurde, wie war es anders zu erwarten, vom Ochsenwirt betrieben. Eine ganze Menge von Kellnerinnen warteten auf die zahlreichen Gäste, und der Zapfhahn sprudelte bereits eifrig, denn in den Krügen schäumte das Bier.
    »So große Gläser?«, rief James lachend.
    »Das ist eine Mass«, belehrte ihn Alois.
    »Sogar die Frauen trinken das hierzulande?«
    »Freilich!«, rief Linda vergnügt. »Mit einem solchen kleinen Glasl gibt sich kein tirolerisches Madl ab.«
    »Tirolerisches Madl, das muss ich mir merken«, sagte Brown vergnügt lachend. »Es gefällt mir immer besser hier. Ich werde viel Vergnügen haben. Was sagen Sie, Miss Eva? Sie schweigen plötzlich?«
    »Ich red nie viel, Mr. Brown«, entschuldigte sich die Hoferbin.
    »Glauben S' ihr das bloß nicht«, mahnte Linda verschmitzt. »Wenn sie mit mir streitet, geht ihr Schnabel wie geschmiert.«
    »Schnabel? Ich denke,Vögel haben einen Schnabel?«
    »Meine Schwester hat auch einen«, sagte Linda lachend.
    »Du, halt dich ein bissel zurück, Schwesterchen«, warnte Eva und hob den Zeigefinger. »Treib es nicht auf die Spitze.«
    »Also, dann Prost!«, rief Mr. Brown und hob seinen Masskrug.
    »Prost!« schrie es von allen Seiten, denn man ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Ich bin einfach - wie sagt man - ich glaube, überwältigt. Mit einem so herzlichen Welcome habe ich nicht gerechnet«, gab der smarte Mann von sich. Wie blitzten doch seine Augen und seine Zähne. Es war schon jetzt erkennbar, dass so manches Dirndlherz in Beißlwang in hellsten Flammen stand.
    Ja, es zeichnete sich deutlich ab. Jetzt kam Leben ins stille Dorf. Jetzt würde sich etwas ereignen, und man hatte endlich, nach ziemlich langer Zeit, wieder einmal ein ordentliches Gesprächsthema. Brown

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