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Ein Ami in Tirol

Ein Ami in Tirol

Titel: Ein Ami in Tirol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Steingruber
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»Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Unsere Hausmagd, die Emerenz, wird später abräumen. Ich habe viel zu tun.«
    »Sie Arme, Sie hätten ein besseres Leben verdient«, bedauerte der Amerikaner.
    »Ach, ich bin eigentlich ganz zufrieden«, erwiderte Eva darauf und wirbelte hinaus, wobei ihr Dirndlrock um die hübschen gebräunten Waden wehte. Die bewundernden Blicke des Gastes mussten ihr natürlich verborgen bleiben.
    Linda kam erst später. Vergähnt erkundigte sie sich nach dem Gast.
    »Oh«, sagte Eva. »Der ist schon auf dem Weg ins Dorf und macht einen Erkundigungsgang.«
    »Du hättest mich ruhig aufwecken können.«
    »Wozu denn?«
    »Einen guten Morgen hätt' ich ihm schon gern gewünscht«, gab Linda zurück und blickte schwärmerisch zur Decke. Eva aber zuckte die Schultern und ließ das Geschirr ins Spülwasser gleiten.
    Mr. Brown hatte sein Frühstück bis auf das letzte Krümelchen aufgezehrt, wie Eva feststellen konnte. Gottlob hatte er nichts mehr nachverlangt. Für den Mittag hatte Eva einen Schweinebraten im Rohr. Alle angelassen rannte sie zum Herd, um ihn zu überprüfen.
    »Mach bloß die Knödel nicht so hart«, warnte Alois vom Tisch her. »Am End isst nämlich der Mr. Brown bei uns.«
    »Daran denke ich auch, Vater«, entgegnete Eva. »Aber meine Knödel waren noch nie hart.«
    »Einmal ist immer das erste Mal«, orakelte der Palauer. »Und gerade dann passiert es einem, wenn es nicht sein soll.«
    »Mach mich bitte nicht narrisch. Wo steckt denn die Emerenz wieder? Sie sollte doch Salat aus dem Garten holen.«
    Eva ging zur Tür und rief nach der Hausmagd. Die kam kurz darauf geschlurft. Doch wie sah sie aus? Ihre Lippen waren grässlich bemalt, und die blonden Augenbrauen hatte sie sich mit einem schwarzen Stift ungeschickt und entsetzlich schief nachgezogen.
    »Mei, Emerenz, wie schaust du denn aus?«, fragte Eva schier entsetzt.
    »Wieso?« fragte diese gedehnt. »Darf sich unsereins nicht auch einmal ein wengl schön machen? Wo mir doch der Mister so viele Komplemente gemacht hat.«
    »Das heißt Komplimente«, verbesserte Eva nun fast belustigt.
    »Ist ja wurscht«, meinte Emerenz eifrig. »Jedenfalls hat er gesagt, dass ich eine verborgene Schönheit habe und dass man daraus etwas machen könnte. Der hat bestimmt den Lippenstift gemeint!«
    »Na, ich weiß nicht?«, zweifelte Eva. »Aber jetzt geh hinaus in den Garten und hol zwei Stauden Salat. Den wäschst du dann. Aber ganz gründlich. Nicht, dass man eine Schnecke oder sonst welches Ungeziefer findet.«
    »Kommt gewiss der Mr. Brown zum Essen?«
    »Das weiß ich noch nicht genau«, antwortete Eva. »Aber es kann sehr leicht sein.«
    »Dann werd ich jedes Blattl einzeln abwaschen«, versicherte sie mit glühendem Eifer.
    »Das mach, Emerenz«. sagte Eva lächelnd. Auch wenn die Dirn ein sehr einfaches Wesen hatte, besaß sie wohl doch jenes sprichwörtliche Herz aus Gold.
    »Das viele Essen unseres Gastes ist gestern ganz nett ins Geld gegangen«, bemerkte Eva nun vorsichtig und blickte schräg zum Vater hin. »Im Bierzelt hat er dann noch drei Mass getrunken, einen Leberkäs und drei Paar Schweinswürstln gegessen.«
    »Mei«, sagte Palauer seufzend. »Man wird das nicht so eng sehen dürfen. Es ist ja auch eine gewisse Werbung dabei, oder nicht?«
    »Na ja«, zweifelte Eva. »Aber vielleicht hast du ja recht. Einmal ist keinmal, so sagt man doch. Und morgen wird er schon nach Unterwang auf die Sparkasse gehen und seine Dollar umwechseln. Dann hoff ich natürlich auch auf eine Anzahlung.«
    »Ist das denn üblich?«, fragte Alois skeptisch.
    »Die Hainbucherin hat Gäste gehabt und mir erzählt, dass sie immer die Hälfte im voraus kassiert hat.«
    »Aber hoffentlich machst du ihn damit nicht ärgerlich, Eva? Nicht, dass er gleich wieder seine Koffer packt?«
    »Apropos Koffer«, erinnerte sich die junge Hofbäuerin. »Er hat noch immer nichts da und kann doch wohl kaum wochenlang im gleichen Gewand herumlaufen?«
    »Vielleicht kommt sein Zeug ja heute?«, fragte sich der Altbauer.
    »Vielleicht«, sinnierte Eva und krauste dabei die Stirn.
    Plötzlich stand Christian wieder in der Stube. Irgendwie beglückte es Eva, dass er ihr auf einmal wie ein Hündchen nachlief.
    »Bin ich vielleicht jetzt willkommener?«, fragte er mit schiefem Lächeln. »Ich glaub, ich bin doch wohl heut früh ein wengl zu heftig gewesen?«
    »Setz dich«, forderte Eva auf, anstatt ihm eine Antwort zu geben. »Magst einen Kaffee? Es ist noch welcher

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